Windows Phone 7 gibt der Branche Rätsel auf: Verhilft das 2010 veröffentlichte Handy-Betriebssystem Microsoft zu einem Comeback auf dem lukrativen Smartphone-Markt, oder scheitert es und trägt damit erheblich zum Niedergang des Unternehmens bei?
Erste, Mitte Dezember veröffentlichte Verkaufszahlen dämpften allzu hohe Erwartungen: 1,5 Millionen Handys mit dem Windows Phone 7 setzten die verschiedenen Hersteller in den ersten sechs Wochen ab. Das ist ordentlich, aber weit weg von den Wachstumsraten des Konkurrenten Google: Dessen Betriebssystem Android wird nach eigenen Angaben derzeit bei 300.000 Smartphones täglich aktiviert.
Ob sich Handyhersteller für Windows Phone 7, Android oder ein anderes System entscheiden, dürfte existentiell für Microsoft sein. Da beruhigt es kaum, dass ein erster Hardwarepartner nun schwache Verkaufszahlen beklagt: Nach zunächst hohen Erwartungen verlaufe das Geschäft enttäuschend, sagte James Choi, Marketingstratege bei LG Electronics, dem Blog Pocket-lint. "Wir glauben aber fest daran, dass noch großes Potenzial darin steckt, selbst wenn der erste Schub nicht so verlief, wie es jeder erwartet hat", sagte Choi.
Die Erklärung mutet etwas sonderbar an: Das System sei zu simpel. "Für Technik-Freaks wie uns könnte es nach ein, zwei Wochen ein bisschen langweilig werden", gab Choi zu Protokoll. Zudem seien derzeit wegen der hohen Hardware-Voraussetzungen nur Geräte im mittleren und oberen Preissegment auf dem Markt.
Derzeit werde das Marktpotenzial noch sehr skeptisch betrachtet. Doch sobald günstigere Windows-Phone-7-Geräte in den Handel kommen, werde das Geschäft in Schwung kommen. Das Betriebssystem sei "absolut perfekt für ein riesiges Marktsegment".
Diesen Markt zu erobern, dürfte allerdings einen langen Atem benötigen, wie auch Microsoft-Verantwortliche bestätigen. Joe Belfiore, der das Produkt verantwortet, erklärte kürzlich, dass es noch Jahre dauern würde, einen nennenswerten Anteil zu gewinnen. Um das System attraktiver zu machen, soll dieses im ersten Quartal 2011 um bislang fehlende Funktionen wie Multitasking und Copy & Paste ergänzt werden.
Hauptkonkurrent Google
Der Konzern hat mit Windows Phone 7 einen kompletten Neustart in seiner Mobilfunk-Strategie eingeläutet und setzt große Hoffnungen auf die Software.Das Vorgängersystem Windows Mobile hatte in den vergangenen Jahren immer weiter an Marktanteilen verloren. Dies lag unter anderem daran, dass Microsoft den Hardware-Herstellern bei den Systemvoraussetzungen kaum Vorgaben gemacht hatte - viele Windows-Mobile-Smartphones wirkten deshalb unnötig kompliziert.
Ein ähnliches Problem könnte bald Google bekommen: Auch hier haben die Hersteller einen großen Gestaltungsfreiraum, was die Oberfläche des Android-Systems betrifft. Aus diesem Grund können neue Versionen des Betriebssystem nicht sofort heruntergeladen werden, sondern müssen erst vom Hersteller für das entsprechende Gerät modifiziert werden - Nutzer müssen auf Aktualisierungen teilweise Monate warten.
Einer jüngst auf dem US-Technologieblog Techcrunch veröffentlichten Statistik zufolge nutzen deshalb derzeit nur 0,4 Prozent aller Android-Handys die aktuelle Version 2.3, die vor wenigen Wochen auf den Markt kam.
Microsoft will eine solche Fragmentierung der Betriebssystem-Versionen vermeiden - und hat für Windows Phone 7 seinen Hardware-Partnern deshalb klare Vorgaben gemacht.