Microsoft überarbeitet Windows 8:Warum die Wende richtig ist

Microsoft, Windows 8

Microsoft: Kursumkehr bei Windows 8

(Foto: dpa)

Kein Startknopf mehr, sondern nur noch unübersichtliche Kacheln. Windows 8 verwirrte die Nutzer und sorgte für dramatische Einbrüche im PC-Geschäft. Jetzt will Microsoft das Betriebssystem überarbeiten. Das ist eine Kurskorrektur, die für das Unternehmen zwingend nötig ist.

Von Mirjam Hauck und Helmut Martin-Jung

Was haben wir gelacht: "Drücken Sie Start, um zu beenden." Nein, ergonomisch besonders sinnvoll war er noch nie, der Start-Knopf in Microsofts Betriebssystem Windows. Jedoch es passierte, was passieren muss, wenn ein System wie Windows gefühlte Ewigkeiten lang auf fast allen PCs läuft: Die Nutzer haben sich an den offenkundigen Unsinn gewöhnt.

So sehr, dass sie nun vernehmlich herummäkeln an der neuen Windows-Version 8, bei der man nicht bloß auf den Start-Knopf verzichtet hat, sondern die einen mit einer völlig neuen Oberfläche begrüßt. Anstelle der vertrauten Icons erscheinen bunte Kacheln auf dem Bildschirm, die mal mehr, mal weniger Innenleben haben. Auf manchen sind die neuesten Facebook-Einträge oder Mails zu sehen, auf anderen Bilder, Nachrichten. Das ist alles nicht schlecht gemacht, es ist vor allem konsistent auch über Tablets und Smartphones mit Windows-Betriebssystem hinweg.

"Es gibt eine Lernkurve"

Die Frage, die man stellen muss, ist aber schon, ob eine solche Konsistenz überhaupt nötig war. Denn auf einem PC erledigt man in aller Regel die Jobs, die man auf Smartphone oder Tablet nicht oder nicht richtig hinbekommt: Professionelle Bildbearbeitung, Videoschnitt, CAD zum Beispiel. Microsoft wollte konsequent sein, wollte die Nutzer zwingen, neue Bedienschritte zu erlernen. Nun aber muss Marketing-Chefin Tammy Reller zugeben, "dass es tatsächlich eine Lernkurve gibt". Anders ausgedrückt: Die Nutzer kommen einfach nicht zurecht.

Kunden kaufen lieber gleich einen Tablet-PC. So gaben Analysten von IDC Microsoft im April die Schuld für die massiven Verkaufsrückgänge auf dem PC-Markt. Die Auslieferungen von Notebooks und Desktops waren im ersten Quartal 2013 um beinahe 14 Prozent auf weltweit 76,3 Millionen Geräte gefallen. "Es scheint klar, dass die Veröffentlichung von Windows 8 nicht nur dahingehend gescheitert ist, den PC-Markt anzukurbeln", sagte IDC-Analyst Bob O'Donnell. "Es scheint sogar, dass der Markt abgebremst wurde."

Microsoft, der Totengräber des PCs? Eine Firma, die den Markt jahrelang dominiert hat? Zwischen 1998 und 2005 hielt das Unternehmen aus Redmond bei Seattle einen Marktanteil von 96 Prozent bei den weltweiten PC-Verkäufen. Ende 1999, im Windows-2000-Fieber, stand die Aktie mit 119,94 Dollar auf dem bisherigen Höchststand. Das Unternehmen war mit 541 Milliarden Dollar der wertvollste Konzern der Welt.

Einst das mächtigste Unternehmen der Welt

Doch das ist Geschichte. Inzwischen sind Apple und Google die Zugpferde der Informationstechnologie. Mit iPhone, iPad, Macbooks, innovativen Cloudprogrammen und dem mobilen Betriebssystem Android haben sie die Kunden überzeugt. Und mobile Geräte boomen, anders als ihre stationären Brüder. Der Smartphone-Absatz steigerte sich 2012 um mehr als 40 Prozent, Tablets und Smartphones ersetzen zunehmend PCs und Notebooks.

Zu lange hat Microsoft jedoch auf diesem wichtigen Markt gezögert und mit Innovationen gezaudert. 2010 floppten die Handys. Die Geräte mit dem Namen Kin waren lediglich zwei Monate auf dem Markt, und auch das eigene Tablet Surface hat gerade mal einen Marktanteil von 1,8 Prozent. Microsoft hat massiv verloren: Mittlerweile werden nach einer Studie von Goldman Sachs 42 Prozent der privat genutzten Rechner (inklusive Tablets) von Android beherrscht, zu 24 Prozent von Apple und nur noch zu 24 von Windows.

Ein Flop

Windows 8 sollte das ändern und Microsoft wieder hip machen. Nun aber muss der Konzern zugeben, dass das Betriebssystem ein Flop ist. Nicht, dass es keine Warnungen gegeben hätte. Kritik an der Vermengung der beiden Bedienwelten wurde in fast allen Besprechungen zu Windows 8 geübt. Externe Firmen bieten bereits Software an, die den Start-Knopf wieder hervorzaubert.

Microsoft tut also gut daran, die Kritik ihrer Nutzer ernst zu nehmen und zum Beispiel die Kachel-Oberfläche optional zu machen. Und den schlechten alten Start-Knopf wieder zu beleben. Man höre auf die Kunden, sagt der deutsche Pressechef von Microsoft, Thomas Mickeleit, das für dieses Jahr angekündigte Update namens Windows Blue solle die wichtigsten Kritikpunkte vor allem der Firmenkunden adressieren. Noch kann Microsoft mit seiner Marktmacht neue Systeme in den Markt drücken, 100 Millionen Lizenzen, vermelden die Redmonder, seien von Windows 8 bereits verkauft. Doch das Murren der Nutzer hörte nicht auf, weshalb Microsoft nun nachlegen muss.

Eine 180-Grad-Wende ist das zwar nicht, eine wesentliche Kurskorrektur aber schon. Eine, die für das Unternehmen zwingend nötig ist. Wenn sie gelingt, könnte Microsoft noch einmal mit einem blauen Auge davonkommen.

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