Microsoft:Hüter des Herzstücks

Vista kommt später - nach der Verzögerung beim Start des neuen Betriebssystems soll einer der engsten Mitarbeiter von Bill Gates Schlimmeres verhindern.

Thorsten Riedl

Es waren nur wenige Worte, mit denen Jim Allchin eine ganze Branche in Unruhe versetzt hat: "Wir brauchen ein paar Wochen mehr." Nachdem der Chef der Windows-Abteilung bei Microsoft auf diese Weise eine weitere Verzögerung beim Verkaufsstart des wichtigsten Produkts des US-Softwarekonzerns eingeräumt hatte, muss er nun einen Teil seiner Verantwortung abgeben.

Microsoft: Wird nicht so bald von Vista abgelöst, wie gedacht: Das Betriebssystem Windows XP.

Wird nicht so bald von Vista abgelöst, wie gedacht: Das Betriebssystem Windows XP.

(Foto: Foto: AFP)

Für Windows Vista, die Nachfolgeversion des aktuellen Microsoft-Betriebssystems namens Windows XP, zeichnet künftig Steven Sinofsky verantwortlich.

Der spätere Start beim Windows-System hat Schockwellen durch den gesamten Technologiesektor gesandt. Ursprünglich sollte das Betriebssystem, das zum Herzstück eines Computers gehört, bereits vor zwei Jahren auf den Markt kommen.

Weihnachtsgeschäft verpasst

Dann nannte Allchin als Termin den Sommer dieses Jahres. Nun kommt das Microsoft-Programm voraussichtlich erst im November für Geschäftskunden und die Version für den Heimeinsatz sogar erst im Januar 2007 - nach dem Weihnachtsgeschäft.

Die Aktie von Microsoft verlor daraufhin mehr als zwei Prozent. Ein Drittel des Umsatzes kommt bei dem Konzern aus dem Windows-Geschäft - und zusammen mit dem Büroanwendungspaket Office fast der gesamte Gewinn. Papiere von PC-Herstellern und Zulieferern notierten an der Börse ebenfalls im Minus: Marktbeobachter fürchten, dass Kunden auf Vista warten und sich daher bis Weihnachten keinen neuen Rechner zulegen.

Einzig Apple blieb von den Turbulenzen unberührt: Der US-Computerbauer schwört auf sein eigenes Betriebssystem, das schon viele Funktionen enthält, die Microsoft erst mit Vista bringt.

Sinofsky nimmt nun die Zügel bei Microsoft in die Hand und soll dafür sorgen, dass sich der Start von Vista nicht noch mehr verzögert. Der 40-Jährige verantwortet nach einer Umstrukturierung die gesamte Windows-Sparte. Allchin bleibt zwar auch noch zuständig für Vista, gibt jedoch einen Teil der Verantwortung ab an Sinofsky.

Firmen setzen auf Konkurrenz-Produkte

Wenn Allchin, wie angekündigt, nach dem Verkaufsstart von Vista in Rente geht, übernimmt Sinofsky die Verantwortung ganz, auch für künftige Windows-Versionen. Der Manager ist in der Branche dafür bekannt, dass er die Zügel straff hält. Bislang gehörte er dem Führungsteam für die Office-Produkte an.

Schon bei seinem Einstieg in den Konzern 1989 stellte Sinofsky die Weichen für seine Karriere: In seinem ersten Job beriet er als technischer Assistent den Firmengründer Bill Gates.

Nun vertraut Gates seinem engen Mitarbeiter von damals den wichtigsten Bereich von Microsoft an. Bei Arbeitsplatzrechnern sowie tragbaren Computern dominiert das Unternehmen mit dem Windows-Betriebssystem den Markt mit einem Anteil von mehr als 90 Prozent.

Bei Computern für Firmenanwendungen kommen rund 40 Prozent der Systeme von dem US-Konzern. Bei diesen so genannten Server-Versionen von Windows streitet Microsoft im Moment mit der europäischen Wettbewerbsbehörde um den angeblichen Missbrauch seiner Marktstellung. Auch Vista wird vor dem Verkauf von Brüssel auf seine Wettbewerbstauglichkeit geprüft.

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