Microsoft-Chef auf der Build:Nadella und der Underdog der mobilen Welt

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Microsoft-Chef Satya Nadella spricht über den künftigen Kurs des Software-Konzerns während der Build-Konferenz in San Francisco am 2. April 2014. (Foto: AFP)

Auf der Entwicklerkonferenz Build zeigt der neue Microsoft-Chef Satya Nadella, dass er weiß, was dem Konzern fehlt: gute Ideen für die mobile Welt. Für den Neuanfang ist Nadella sogar bereit, die alte Fixierung auf Windows aufzugeben.

Von Helmut Martin-Jung, San Francisco

Die Figur schlank, schwarze Nerdbrille, dunkles T-Shirt - ein größerer Kontrast zwischen Satya Nadella, dem neuen Microsoft-Chef, und seinem massigen Vorgänger Steve Ballmer ist kaum vorstellbar. Ballmer tobte auf der Bühne, und wenn er vor Programmierern sprach, konnte man sicher sein, dass seine Ansprache mit dem legendären Kampfschrei "Developers, Developers, Developers" enden würde - dem Bekenntnis also, dass das Microsoft-Universum nichts sei ohne die Entwickler, die Programme für Windows und andere Microsoft-Produkte schreiben.

Doch diese Welt der Computer ist im Wandel. Die Macht geht nicht mehr von den Rechnern auf dem Schreibtisch aus, sondern von smarten Geräten, die man in der Hand hält: Tablets und Handys. Sich diesem Wandel viel offensiver zu stellen als es Steve Ballmer getan hat, dies ist wohl die wichtigste Erwartung an seinen Nachfolger. Mit Spannung wartete deshalb die Branche auf die Entwickler-Konferenz Build in San Francisco.

Nadella, der am Ende der Ansprachen auftrat, nannte keine Zahlen, doch er versprach: "Wir werden anschieben und Sie werden schnell Fortschritte sehen." Man werde dafür sorgen, dass es sich lohne, Programme für Windows zu schreiben.

Auf hübsch aufbereitete Apps kommt es an

Wie das geht, darüber braucht man Nadella nichts erzählen - und das demonstrierte er auch während seiner etwa 40-minütigen Ansprache. Und es wurde klar: Er weiß genau, wo man ansetzen muss, damit Microsoft weniger Schwierigkeiten als bisher hat, Entwickler zu gewinnen, die bereit sind, für den jetzigen Underdog der mobilen Welt zu liefern.

Denn in der Welt der mobilen Geräte kommt es auf intelligente, hübsch aufbereitete Apps an, die die Möglichkeiten des Internets auf möglichst schlaue Weise nutzen. Auf diesem Gebiet aber hinkt Microsoft bisher der Konkurrenz von Apple und Google hinterher. Bei der Software, den Apps, aber auch bei der Hardware. Ein Beispiel: Von seinem Tablet Surface verkaufte Microsoft im Weihnachtsgeschäft zwar rund zwei Millionen Stück. Doch Apple setzte im selben Zeitraum an die 20 Millionen iPads ab.

Wie will Microsoft das aufholen? "Wir wollen das Tablet anbieten, das am meisten Produktivität bietet", sagte Nadella und legte damit die Messlatte für seine Mitarbeiter hoch. Außerdem könne man eine Vielzahl an Geräten zu unterschiedlichen Preisen anbieten und habe mit den auf der Konferenz vorgestellten neuen Versionen von Windows für Handys und PCs eine gute Grundlage dafür geschaffen.

Das noch von Ballmer eingeführte Schlagwort "One Windows" - gemeint ist: ein Windows für alles - wird aber mehr sein müssen als ein Marketingbegriff, wenn es dem Konzern gelingen soll, den Rückstand aufzuholen. Nadella muss über die bisherigen, bewährten Strategien hinausgehen. Dass seine Mitarbeiter nicht mehr in Silos denken, in abgeschlossenen Geschäftsbereichen also, ist eines seiner Ziele, vermutlich das wichtigste. Die Devise lautet: Alles aus einer Hand. Wie sich künftig Programme mit sehr geringem Aufwand schreiben lassen, die auf Handys, Tablets und PCs gut aussehen, nahm einen Großteil der Präsentation am ersten Tag der Konferenz ein.

Doch nicht nur das. Wenn die Fixierung auf Windows zum Hemmschuh wird, ist Microsoft unter Nadellas Führung auch bereit, sie aufzugeben. Wie er sich das im Groben vorstellt, hat er schon in der vergangenen Woche erkennen lassen, als er das neue Office für Apples iPad präsentierte. Das weitere Vorgehen, sagte er, "muss darauf aufbauen, dass die Welt künftig von allgegenwärtigen kleinen Computern und intelligenten Umgebungen geprägt ist - alles wird digital." Windows sei weiter wichtig für Microsoft, aber die Programme aus dem Konzern sollten sich nicht darauf beschränken, sondern müssten auch woanders laufen.

Am liebsten aber ist es Microsoft natürlich, wenn die eigenen Produkte Erfolg haben. Um das vollkommen klar zu machen, kündigte Windows-Chef Terry Myerson an, dass Windows für Geräte mit einem kleineren Bildschirm als neun Zoll, also 23 Zentimeter, kostenlos abgegeben werden wird - auch das ist eine Neuerung bei Microsoft, das bisher immer Geld für seine Betriebssysteme verlangt hatte.

Nadella will wie Apple Hard- und Software kontrollieren

Schon unter Ballmer hatte der Konzern einen größeren Umbau in Angriff genommen. Nadella nutzte nun außerdem die Chance, zahlreiche Führungspositionen neu zu besetzen. Die für Business-Development respektive Marketing zuständigen Tony Bates und Tami Reller müssen gehen, ebenso wie Antoine Leblond, der unter dem 2012 geschassten Ex-Windows-Chef Steven Sinofsky eine wichtige Rolle spielte.

Der bisherige Nokia-Chef Stephen Elop dagegen, dem wie Bates Chancen auf die Ballmer-Nachfolge eingeräumt worden waren, wird für die Gerätesparte zuständig sein - allem voran für die Eingliederung von Nokias Handy-Sparte. Das ist wichtig für Microsoft, denn in dem schnelllebigen Geschäft der tragbaren Geräte ist es von Vorteil, Hard- und Software zu kontrollieren, so wie Apple das tut. Elop durfte eine Reihe neuer Smartphones von Nokia vorstellen.

Dennoch bleibt Windows für Microsoft ein Geschäftsbereich, den man nicht verloren geben will. Auf der Build-Konferenz wurde ein Update für die derzeit aktuelle Version 8.1 vorgestellt. Es kommt vor allem den Wünschen von Geschäftskunden nach und soll die Software fitter für die Bedienung mit Maus und Tastatur machen. Das war auch nötig, denn Windows 8, das sehr radikal die Fingersteuerung in den Vordergrund stellte, verkauft sich schlechter als Windows 7 und steht im Ruf, unnötig kompliziert zu sein.

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