Macht der Internetkonzerne:Google ist sich nicht geheuer

Google

Was darf Google bestimmen? Und was nicht?

(Foto: dpa)

Weil alte Wirtschaft und Politik den Entwicklungen im Netz um Jahre hinterherhinken, müssen Internetdienste Aufgaben übernehmen, die dem Staat vorbehalten sind. Man sollte sie dabei nicht alleine lassen.

Ein Kommentar von Johannes Boie

Youtube hat in dieser Woche eine Musik-Datenbank freigeschaltet, aus der sich Nutzer bedienen können. Wer ein Video auf Youtube hochladen möchte, und dafür Hintergrundmusik sucht, kann sich auf der Plattform Musik aussuchen. Dort steht auch, ob das gewünschte Lied in allen Ländern der Welt kostenlos verwendet werden kann und ob der Nutzer mit dem Video, für das er die Musik verwendet, Geld auf Youtube verdienen darf. (Der Besitzer der Musik könnte ihm das verbieten.) Die Datenbank ist also ein Service, eine Antwort von Technikern und Juristen auf das Problem von raubkopierter Musik im Netz. Einerseits.

Andererseits schwingt sich Youtube mit diesem Service zu einer Instanz auf, die im Netz Rechte klärt, als Vermittlungsstelle zwischen denen, die Musik besitzen und anbieten, und jenen, die Musik gerne verwenden möchten. Und diese Rolle ist nur ein Beispiel für eine ganze Reihe von Fällen, in denen Internetkonzerne Aufgaben übernehmen, die eigentlich in den öffentlichen Bereich fallen.

Google zum Beispiel muss sich wegen eines Gerichtsurteils gerade auch mit der Frage befassen, was Vergangenheit im Netz ist, und ob die Menschen das Recht haben, über die Spuren ihres eigenen Lebens im Netz zu bestimmen - oder nicht. Diese Frage ist so fundamental, dass sie im Parlament behandelt werden sollte oder auch auf den Straßen und Plätzen des Landes.

Konzerne werden in die Rolle der Entscheider gedrängt

Doch das Internet ist wie ein Kessel, in dem zu viel Druck herrscht. Ständig gibt es Streit, Klagen, Verfahren und Urteile. Dann muss eine Seite reagieren, und weil die alte Wirtschaft und die Politik den Entwicklungen im Netz um Jahre hinterherhinken, werden die Internetkonzerne, allen voran Google, in die Rolle der Entscheider gedrängt.

Man kann den Kaliforniern viel vorwerfen, aber diesen Job machen sie anständig. Der Google-Löschbeirat etwa, der sich mit der Vergangenheit befasst, sucht in vielen Ländern bei Juristen, Verbraucherschützern und Politikern Rat. Doch ein Grundproblem bleibt bestehen: Die, die im Netz Gewinne erzielen wollen, bestimmen immer öfter auch dessen Regeln. Weil sie die Einzigen sind, die derzeit überhaupt Gesetze schaffen können.

So wächst die Macht der Konzerne über die wirtschaftliche Dimension hinaus. Bislang gründet diese Macht darauf, dass sie Produkte herstellen, die unser Leben verändern, dass sie Daten über uns sammeln und dass sie mit diesem Geschäft sehr reich geworden sind. All das kann man, beispielsweise als deutscher Sozialdemokrat, schlimm finden. Aber dass sie nun auch öffentliche Aufgaben übernehmen, ist den Konzernen selbst nicht geheuer. Google-Chef Eric Schmidt jedenfalls bittet Politik und Gesellschaft um Hilfe, so oft er nur kann. Es wäre für alle gut, wenn er sie bekommen würde.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: