Loveparade: Befürchtungen im Netz:"Ich seh schon Tote"

Im Netz war Duisburg vorgewarnt: Zahlreiche Ortskundige hatten schon vor der Loveparade ihren Befürchtungen in Blogs und Foren Ausdruck verliehen. Fast schon prophetisch beschrieben sie das Szenario, bei dem am Samstag 19 Menschen ums Leben kamen.

Im Netz hatten Nutzer Wochen und Tage vor einer möglichen Katastrophe bei der Duisburger Loveparade gewarnt - teils auffallend detailliert. Auf lokalen Seiten wurden sowohl ein zu kleines Partygelände als auch der potenziell gefährliche Zugang über die von Brücken überspannte Straße kritisiert.

Twitter Blogs CHats Foren Loveparade

Einige Nutzer von Twitter, Blogs und Foren ahnten die Katastrophe.

(Foto: online.sdedigital)

Besonders klar geht das aus der Nachricht eines Nutzers namens klotsche hervor, der sich in einem Kommentar auf der Seite DerWesten.de äußerte. Am 7. Juni schreibt er mit Blick auf das Partykonzept (Originalzitat):

"sehe ich das richtig, dass die versuchen 1 million menschen über die 1-spurige! TUNNELSTRAßE! Karl-Lehr-Straße mit zwischendurch 2 kleinen trampelpfaden hoch zum veranstaltungsgelände zu führen? also in meinen augen is das ne falle. das kann doch nie und nimmer gut gehen. [...] ich seh schon tote wenn nach der abschlußkundgebung alle auf einmal über diese mickrige straße das gelände verlassen wollen."

Im Nachhinein hat klotsche genau das Szenario vom Sonnabend beschrieben, als Tausende Menschen von Mauern eingekeilt waren und weder vor noch zurück konnten. 19 Menschen starben im Gedränge, etwa 340 wurden teils schwer verletzt. Die drangvolle, ausweglose Enge in der Sommerhitze ist auf zahlreichen, mit Handy-Kameras innerhalb und außerhalb des Tunnels gedrehten Filmen zu sehen - in allen Details.

Zwar war das Funknetz total überlastet, dennoch verbreitete sich mit den Bildern nach und nach der Schrecken - gleichfalls via Internet. Zu sehen ist etwa, wie Menschen Böschungen hochklettern, bluten, weinen, schreien, Gitter überklettern, einander helfen. Schnell griffen viele Fernsehsender und Internetseiten auf das Material zurück.

Ebenfalls auf der Website DerWesten.de und ebenfalls bereits am Donnerstag schrieb Nutzer Lover _P.: "Ich bin kein Nörgler, eigentlich, aber was sich Veranstalter und Stadt hier erlauben ist eine gefährliche Frechheit. Eine Örtlichkeit zur Verfügung zu stellen, die maximal 350.000 Leute aufnehmen kann obwohl man ahnt, dass ca. 800.000 Leute kommen werden, wird die Stimmung kippen lassen. [...] Ich tippe auf eine krasse Eskalation mit gesperrten Gleisen, Menschen auf der Autobahn, verwüstete Gärten und Häuser etc. [...] Am Sonntag wissen wir mehr und ich hoffe, die Besucher kommen mit einem "blauen Auge" davon. Die kleinste Panik und der Mob eskaliert. Wetten?"

"Man hätte auf klotsche hören sollen"

Besonders der frühe Kommentar von klotsche hat sich im Netz inzwischen weit verbreitet. Manche Daheimgebliebene danken ihm, andere sehen darin ein Menetekel, viele leiten daraus Vorwürfe an die Stadt Duisburg ab, andere verbreiteten den Link kommentarlos an ihre Freunde. Twitter-Nutzer masamedia schreibt: "klotsche, Duisburger, Vasa49, Lover_P - man hätte auf Euch hören sollen."

Besonders wütende, nicht zitierfähige Reaktionen löste Duisburgs Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) aus, als er das Sicherheitskonzept "stichhaltig" nannte und sagte, "wahrscheinlich" seien "individuelle Schwächen" Auslöser der Katastrophe gewesen. Die Marketinggesellschaft der Stadt Duisburg hatte vor dem Unglück einen Film über den Zustand des Geländes am 8. Mai bei Youtube eingestellt. Der Streifen zeigt Mitarbeiter bei der Vermessung des vollkommen verwildert und aufgelassen erscheinenden ehemaligen Güterbahnhofes voller Bauschutt und Trümmer.

Die Homepage der Veranstalters zeigt seit Samstagabend drei Zeilen des Mitleids auf schwarzem Hintergrund, unter anderem: "Unser aufrichtiges Beileid gilt allen Angehörigen und unsere Gedanken sind bei denjenigen, die derzeit noch versorgt werden müssen.

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