Smart City Hamburg:"Vielleicht testen wir irgendwann fliegende Autos"

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HAMBURG 08 04 2015 Stau an der Baustelle Wallringtunnel 08 04 2015 Hamburg

Stau in Hamburg: Die Hansestadt hat im Vergleich zu anderen Großstädten ein doppeltes Problem: Hier verpesten nicht nur Autos die Luft, sondern auch Schiffe. Kreuzfahrt- und Containerschiffe stoßen tonnenweise Schadstoff aus.

(Foto: Lars Berg/Imago)

Hamburg entwirft ein neues Mobilitäts-Konzept - für Autos, Busse und den Schiffsverkehr. Ausgerechnet der Volkswagen-Konzern berät die Stadt dabei.

Von Angelika Slavik

Zwischen der Stadt Hamburg und dem VW-Konzern kann, wer danach sucht, erstaunliche Parallelen entdecken. Beide eint, dass sie nach eigenem Selbstverständnis für den Lauf der Welt von herausgehobener Bedeutung sind. Und beide hatten zuletzt das, was man freundlich eine schlechte Phase nennen könnte: Hamburg, das Tor zur Welt, kosmopolitisch, tolerant, elegant, schlägt sich rum mit Milliardenverlusten aus faulen Schiffskrediten, mit peinlichem Schimmelbefall in der sündteuren Elbphilharmonie und dem Imagedesaster, das das Chaos beim G20-Gipfel dieser Stadt beschert hat. Volkswagen, der Weltkonzern, der Inbegriff deutscher Ingenieurskunst, wurschtelt sich nur mühsam aus dem Diesel-Desaster, immer noch verstört von seinem neuen Status als nationaler Problemfall.

Bald aber sollen bessere Zeiten anbrechen: für Hamburg, für Volkswagen und deshalb irgendwie für alle. Der Konzern und die Stadt haben sich im vergangenen Jahr auf eine "Mobilitätspartnerschaft" geeinigt - und wie es sich für Kooperationen aller Art gehört, begann auch diese mit ambitioniert inszenierten Fotos. Vor dem Rathaus posierten also der Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz, SPD, und VW-Vorstandschef Matthias Müller mit einem Elektro-Auto.

Ein großer Moment für Fahrer und Beifahrer

Natürlich setzten sie sich dann auch hinein. Müller überließ Scholz den Platz am Steuer, was sehr höflich ist und außerdem die einzig akzeptable Sitzverteilung für einen Politiker - schließlich muss der sich sonst im nächsten Wahlkampf anhören, wo's lang ginge, bestimme ja ohnehin nur die Industrie. So aber war es unzweifelhaft ein großer Moment für Fahrer und Beifahrer.

Drei Jahre soll die Partnerschaft laufen, und nach den schönen Fotos soll sie nicht weniger als die Ära der modernen, nachhaltigen Mobilität in der Großstadt einläuten. Tatsächlich hat die Stadt einen Entwicklungsschub in Sachen Verkehrsmanagement nötig. Wie in den meisten Großstädten gibt es auch in Hamburg, vor allem in der Innenstadt, viel zu wenig Parkplätze und der Verkehr fließt zäh.

In Hamburg kommen dazu aber noch die besonders schlechte Luftqualität. In der Hansestadt verpesten nicht nur die Autos die Luft, sondern auch die Schiffe. Hamburg liebt seinen Hafen und vermarktet die Seefahrer-Romantik mit Verve, aber von den unzähligen Tonnen Schadstoffen, die Kreuzfahrt- und Containerschiffe, Yachten und Bulker hier mitten in der Stadt ausstoßen, spricht man weniger gern.

Veränderung ist also angesagt und als eines der ersten Projekte soll in Hamburg von 2018 an ein elektrischer Shuttle-Service angeboten werden. Dazu kooperiert die VW-Tochter Moia, die der Konzern eigens zur Entwicklung neuer Mobilitätskonzepte gegründet hat, mit der Hamburger Hochbahn, dem Betreiber der öffentlichen Verkehrsmittel in der Stadt. Für den Shuttle-Service werden dann 200 Fahrzeuge mit E-Antrieb eingesetzt, in denen bis zu sechs Menschen mit ähnlichen Fahrzielen mitfahren können.

Bestellt werden die Autos via Smartphone-App, in der Standort und Ziel angegeben werden müssen. Abgeholt werden die Fahrgäste an "virtuellen Haltestellen", also festgelegten Sammelpunkten, die fußläufig, aber leicht erreichbar sein sollen. Eine Art urbanes Sammeltaxi also, das eine zusätzliche Option neben Bus und Bahn, Taxi, Carsharing und eigenem Auto darstellen soll. Den Shuttlebus für diesen Service muss Volkswagen allerdings erst entwickeln, dennoch soll es in der zweiten Jahreshälfte 2018 losgehen. Was der Dienst für Fahrgäste kosten wird, steht noch nicht fest. Das schmälert den Hamburger Stolz allerdings nicht: Die Stadt werde die weltweit erste sein, die "ein emissionsfreies E-Shuttle on demand" anbiete, heißt es - das sei doch eine attraktive Alternative zum eigenen Auto.

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