Künstliche Intelligenz bei Google:"Irgendwann macht es Klick"

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Künstliche Intelligenz bei Google: Mensch oder Replikant? Die Frage, wie sie der Science-Fiction-Film Blade Runner aufwirft, wird sich so schnell noch nicht stellen, glaubt Googles Forschungschef für Europa, Emmanuel Mogenet.

Mensch oder Replikant? Die Frage, wie sie der Science-Fiction-Film Blade Runner aufwirft, wird sich so schnell noch nicht stellen, glaubt Googles Forschungschef für Europa, Emmanuel Mogenet.

(Foto: Warner Brothers)

Emmanuel Mogenet leitet Googles europäisches Forschungszentrum in Zürich. Ein Gespräch über Fisch-Bilder und Computer, die längst schlauer sind als der Mensch.

Interview von Charlotte Theile

Mit mehr als 1800 Angestellten ist das Google-Zentrum Zürich der größte Entwicklungsstandort der Firma außerhalb Amerikas. Emmanuel Mogenet leitet hier Google Research Europa, eine neu gegründete Spezialabteilung, die sich auf künstliche Intelligenz fokussiert. Um zu demonstrieren, was seine Leute leisten, holt Mogenet als Erstes sein Smartphone heraus.

SZ: Was machen Sie da gerade? Emmanuel Mogenet: Ich zeige Ihnen, wie maschinelles Lernen funktioniert. Zu seinem Handy: "O. k. Google. Zeig mir Bilder, auf denen ich fische!" Hier sehen Sie: Meine Mutter, mein Sohn, das Meer. Ha, hier! Super Fang!

Ja, Sie fischen auf diesen Bildern.

... und ich musste Google das nie erklären. Das ging ganz automatisch. Immer wenn ich ein Bild gemacht habe, wurde es analysiert. Dieses Feature ist absolut nicht einfach, wir haben sicher zwei bis drei Jahre gebraucht.

Zwei bis drei Jahre? Um einen Fisch auf einem Foto zu erkennen?

Dahinter steht eine unendlich große Rechenleistung. Wissen Sie, wie viele Menschen jeden Tag Fisch-Bilder bei Google hochladen?

Keine Ahnung.

Sehr viele. Und während ein Mensch vielleicht fünf Bilder braucht, um einen Fisch zu erkennen, braucht der Computer eine ziemlich lange Trainingsphase, in der ihm Bilder gezeigt werden. Dazu immer die Information: Hier ist ein Fisch, hier nicht. Das wiederholt man eine Milliarde Mal. Irgendwann macht es Klick.

Der Computer hat das Konzept Fisch verstanden.

Genau. Das ist die Magie. Du zeigst ihm ein Bild, was er nie zuvor gesehen hat. Und er erkennt den Fisch.

Für jemand mit einem menschlichen Gehirn klingt das nicht sehr beeindruckend.

Wir Menschen sind erstaunlich fähige Kreaturen. Vieles von dem, was wir automatisch können, ist für Computer unendlich harte Arbeit. Nicht nur Bild-Erkennung, sondern auch Sprache. Um wie ein Mensch sprechen zu können, braucht der Computer ein semantisches Verständnis der Welt. Er muss verstehen, welche Vorgänge und welche Wörter zusammengehören.

Ihr Chatdienst "Allo" geht in diese Richtung. Wenn man dort ein Bild von einer Mahlzeit geschickt bekommt, schlägt das Programm als Antwort "lecker!" vor.

Genau. Sprache ist aber immer noch ziemlich schwierig - das sehen Sie etwa am Google-Übersetzer. Doch auch hier verändert sich vieles und wir werden bald mit deutlich verbesserten Produkten auf den Markt kommen. Das liegt vor allem daran, dass wir Computer heute ganz anders programmieren als wir das früher konnten.

Was hat sich verändert?

Früher hat man dem Computer jede Regel einzeln beigebracht: Wenn A, dann B, wenn B, dann C. Ich vergleiche das immer mit einem sehr kleinen Kind, dem du ein Rezept erklären willst, aber ganz von vorne anfangen musst: Das ist ein Herd, das ist ein Löffel, das Flüssige da in der Flasche ist Öl. Und so weiter. Heute füttern wir den Computer mit großen Datenmengen und er lernt selbständig daraus.

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