Kryptografie:So funktioniert die Blockchain

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Ein Techniker inspiziert eine Anlage zum Schürfen von Bitcoins. Diese Krypto-Währung basiert auf der Blockchain-Technologie. (Foto: AFP)
  • Die Blockchain-Technologie soll ein sicheres Verfahren zum Speichern und Prüfen von Informationen bieten und so viele Probleme lösen.
  • Ganz so unfehlbar, wie einige sagen, ist diese Technik allerdings nicht.
  • Es gibt zahlreiche Einsatzgebiete, wo die Blockchain sehr sinnvoll eingesetzt werden kann.

Von Christian Gschwendtner

Es war eine überfällige Nachricht, auf die eigentlich alle gewartet haben. In die Welt gesetzt haben sie der Unternehmer Matt Liston und der Künstler Avery Singer im vergangenen Juni in New York. Auf einer Konferenz zogen sich die beiden Flammenschuhe an, druckten Geldschein-Motive auf ihre Kleidung, dann gaben sie die Gründung einer neuen Kirche bekannt: der "ersten Blockchain-Kirche".

Von der Kirche hat man ziemlich schnell nichts mehr gehört, aber die Botschaft kam auch so an: Der Glaube an eine Technik namens Blockchain ist jetzt endgültig zur Religion geworden.

Auf der ganzen Welt wird gerade mehr Geld denn je in die neue Technologie investiert, allein in den ersten fünf Monaten dieses Jahres 1,1 Milliarden Euro von privaten Geldgebern. Entsprechend groß sind die Erwartungen. Die Blockchain soll nicht weniger als das Vertrauensproblem der gesamten Menschheit lösen.

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Immer weniger Menschen wollen sich auf das Siegel zentraler Institutionen verlassen. Seien es Banken, Plattformen wie Facebook und Amazon oder eben ganze Regierungen. Abgelöst werden sollen die ungeliebten Zentralorgane von einer Technik, die es allen Teilnehmern erlaubt, alle Vorgänge selbst zu überwachen und zu managen. Am eigenen Computer und nahezu in Echtzeit - mithilfe der Blockchain.

Menschen müssen sich dafür nicht wie beim Gebrauchtwagenkauf vertrauen; es reicht, wenn alle die mathematischen Regeln befolgen. "Trustless trust", heißt das Zauberwort, "Vertrauen ohne Vertrauen", wie der Linkedin-Gründer Reid Hoffmann die Blockchain nennt.

Um das zu verstehen, muss man in die Vergangenheit schauen. Genau genommen auf die Insel Yap im Südpazifik. Der amerikanische Anthropologe William Henry Furness III verbrachte dort Anfang des 20. Jahrhunderts einige Monate. Was er auf der Insel erlebte, überraschte ihn doch sehr. Für die Einwohner von Yap bemaß sich der Besitz nicht nach Geldmünzen, sondern nach Steinen. Riesengroße Steine mit einem Loch in der Mitte, und teils schwerer als ein Auto.

Einen solchen Stein zu bewegen, glich einem Albtraum. Unter den Insulanern hatte das aber ohnehin niemand vor. Man beließ die Steine immer am selben Fleck - etwa vor der Kirche oder vor einem Haus. Für den Fall, dass ein Stein den Besitzer wechselte, wurden alle Bewohner informiert. Jeder Bewohner von Yap hatte so zu jedem Zeitpunkt einen genauen Überblick über die aktuellen Besitzverhältnisse auf der Insel. Ein ausgeklügeltes System. Wenn jemand falsche Angaben zu seinem Steinvermögen gemacht hätte, wäre es sofort aufgeflogen. Die anderen Einwohner hätten es einfach nicht akzeptiert.

Auf der überschaubaren Insel Yap funktioniert so eine dezentrale Lösung natürlich gut. Schwieriger wird es, wenn damit der Güterverkehr einer modernen, globalisierten Gemeinschaft gelenkt werden soll. Kein Mensch kann sich im Kopf merken, wem zu welchem Zeitpunkt was gehört. Auch Absprachen untereinander sind fast unmöglich. Es braucht schon ein "Gott-Protokoll", wie es dem Cyberpunk und Blockchain-Vordenker Nick Szabo bereits in den Neunzigerjahren vorschwebte.

Gemeint ist eine für alle offenliegende Datenbank, die sich jeder Nutzer auf den Computer herunterladen kann. Die sich laufend von alleine aktualisiert, und in der die einzelnen Transaktionen zu Blöcken zusammengefasst und gespeichert werden, sofern jeder Teilnehmer die mathematische Richtigkeit der einzelnen Blöcke - direkt oder indirekt - bestätigt. Klingt unmöglich?

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(Foto: N/A)

Eine Blockchain ist nichts anderes als eine digitale Datei, in der dieselbe Information von allen Teilnehmern auf dem eigenen Computer abgespeichert wird. Das ist dann sicherer, als würde nur ein Einziger Buch führen. Zumal die Datei nach bestimmten Zeitblöcken aktualisiert wird. Vorstellen kann man sich das wie den Umbau einer Wohnung. Jeder weiß, was aktuell in einem Zimmer steht. Aber auch, wie es dort früher aussah. Dafür muss man nur ein paar Zeitblöcke zurückschauen. Denn so eine Blockchain vergisst nichts.

Das Gott-Protokoll gibt es nun tatsächlich. Und zwar nicht mehr nur in einer Variante, sondern in der Form vieler verschiedener Blockchains. Entworfen haben sie besonders begabte Programmierer. Und da fangen die Probleme an.

Entweder tüfteln sie als kaum wahrnehmbares Kollektiv in irgendwelchen Kellern vor sich hin. Oder sie sind gänzlich unbekannt, wie der Bitcoin-Erfinder, den man nur unter seinem Pseudonym Satoshi Nakamoto kennt. Nicht viel besser sieht es bei Vitalik Buterin aus. Er ist der Kopf hinter der nach Bitcoin bekanntesten Blockchain Ethereum, einer Art App-Store für Blockchain-Anwendungen, und aktuell das wohl berühmteste Gesicht der Krypto-Welt. Die allermeiste Zeit scheint aber auch Vitalik Buterin der normalen Welt enthoben zu sein. Als Siebenjähriger konnte er dreistellige Zahlen mit der Geschwindigkeit eines Taschenrechners multiplizieren, heute programmiert er am liebsten 16 Stunden am Tag. Auf Stickern wird er gerne mit Heiligenschein abgebildet.

Wer künftig in einer Welt leben will, in der Vertrauen durch Mathematik ersetzt wird, der muss also zunächst einmal auf das Geschick solcher Programmierer vertrauen. Sich selbst von der Richtigkeit zu überzeugen, ist keine Option. Dafür ist die Materie dann doch zu kompliziert.

In Wahrheit ist die Welt längst dabei, sich Leuten wie Vitalik Buterin und Satoshi Nakamoto auszuliefern. Nur will sich das die Mehrheit noch nicht so richtig eingestehen. Vielleicht weil sie weiß, dass selbst den Mathe-Genies Fehler unterlaufen, mögen sie noch so genial sein. In einigen Fällen entpuppte sich der vermeintliche Gott-Code ziemlich schnell als weltliches Produkt.

Trotzdem glauben die allermeisten Anhänger, dass es das tatsächlich geben kann: ein fehlerfreies Regelkorsett aus Quellcode, mit dem sich alle Dinge regeln lassen. Das ist der Grund, warum die Blockchain-Technologie sich in immer mehr Bereiche vorwagt. Das Technik-Magazin Wired veröffentlichte jüngst eine Liste mit 187 Problemen, die sich mit der Blockchain ein für alle Mal lösen ließen. Darunter: die Wasserversorgung, das Rentensystem, der Schutz von Gesundheitsdaten - aber auch die ganz großen Probleme der Menschheit: Krebs, Armut, Aids.

Passwort verloren? Alles verloren!

Ganz falsch ist das prinzipiell nicht. Der Grundgedanke der Blockchain - Daten manipulationssicher und dezentral zu speichern - lässt sich auf fast alles anwenden. Die niederländische Firma Legal Things ist dafür ein gutes Beispiel. Im April gab sie bekannt, künftig die Zustimmung aller Beteiligten vor einem Geschlechtsakt per App einholen zu wollen. Um sie dann auf einer Blockchain zu speichern.

Angenommen, so eine fehlerfreie, völlig demokratische Datenbank in den Händen der Masse würde tatsächlich funktionieren. Was folgt daraus?

Nun ja, der größte Vorteil ist gleichzeitig auch der größte Nachteil. Denn wenn es niemanden mehr braucht, der das System am Laufen hält, ist auch niemand mehr da, der einem bei kleineren Missgeschicken helfen kann. Es reicht schon, das Passwort zu vergessen. Ein neues lässt sich nämlich nicht mehr herstellen, weil die dafür nötige Instanz fehlt. Ohne Passwort kann man allerdings nicht mehr seinen Besitz nachweisen, im schlimmsten Fall ist dann das Haus weg. Da kann der Blockchain-Gott ziemlich gnadenlos sein.

In England gräbt der Informatiker James Howells deshalb eine Müllhalde um. Vor ein paar Jahren hat er in Bitcoin investiert, dann aber dummerweise seine Festplatte mitsamt Passwort weggeworfen. Jetzt ist das schöne Krypto-Geld weg. Egal wie mächtig die Blockchain wird, ganz abschaffen kann sie das Vertrauen sowieso nicht. Schon allein, weil es fest zur menschlichen Natur gehört. Man muss sich dafür nur an den Stoff Oxytocin erinnern, besser bekannt als "Kuschelhormon". Er entsteht in der Hirnanhangdrüse und wird automatisch ausgeschüttet, wenn sich zwei Menschen näher kommen, als es unser Sicherheitsabstand erlaubt. Das sorgt dann für Vertrauen. Und daran wird die Blockchain auch nichts ändern.

Lesen Sie hier sechs Beispiele, wie die Blockchain tatsächlich Probleme lösen könnte - klicken Sie dazu einfach durch die Galerie:

Keine Bakterien im Salat

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(Foto: Stefan Dimitrov)

Sechs Tage, 18 Stunden und 16 Minuten können verdammt lange sein, wenn es auf jede Minute ankommt. So viel Zeit braucht der US-Handelskonzern Walmart aktuell, um den Weg einer Mango zurückzuverfolgen. Vom Feld in Mexiko bis ins Supermarktregal nach Amerika. Kritisch ist das, wenn eine vergiftete Mango schnellstmöglich aus dem Verkehr gezogen werden muss. Bei Walmart merkte man das erst wieder im vergangenen April. Dieses Mal ging es zwar nicht um Mangofrüchte (wie im durchgerechneten Testfall), sondern um mit gefährlichen E-Coli-Bakterien verseuchten Römersalat. Das Problem: Walmart wusste, aus welcher Region der Salat stammt, aber nicht durch welche Hände er gegangen war. Also tat das Unternehmen, was es in solchen Fällen immer tut: den ganzen Römersalat wegschmeißen. In Zukunft soll das nicht mehr passieren. Bereits für das nächste Jahr hat Walmart eine sogenannte "Food-Blockchain" angekündigt. Jeder Zwischenhändler soll dann automatisch an eine Datenbank melden, wann er ein Lebensmittel erhält, und wann er es an wen weitergibt. Das Ziel ist, jeden Schritt der Lieferkette mit einem Zeitstempel zu versehen. Walmart könnte dann innerhalb von Sekunden den Weg einer Frucht nachvollziehen. Kritiker streiten sich noch, ob es sich dabei wirklich um eine Blockchain handelt. Mitmachen darf nur, wer von Walmart auch die Erlaubnis erhält - was dem ursprünglichen Grundgedanken doch sehr widerspricht. Andere Firmen denken da radikaler. Sie wollen, dass künftig jeder Restaurantbesucher weiß: Der Fisch auf dem Teller ist frisch.

Endlich auf alles wetten

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(Foto: Stefan Dimitrov)

Wird Donald Trump bis zum Ende seiner ersten Amtszeit den Friedensnobelpreis erhalten? Laut "Augur" stehen die Chancen dafür bei zehn Prozent. Auf der Blockchain-basierten Plattform kann man Wetten auf praktisch jedes Ereignis abschließen. Die meisten davon sind harmlos, etwa: Wird Manchester City gegen Manchester United gewinnen (65 Prozent sagen ja)? Hat Ariana Grande bald mehr als 60 Millionen Twitter-Follower (38 Prozent)? Aber auch: Marschiert Russland im nächsten halben Jahr in ein fremdes Land ein (4 Prozent)? Teilnehmer setzen ihren Einsatz in einer Kryptowährung und bekommen den Gewinn dann automatisch ausgezahlt. Der Prozess ist weitgehend automatisiert, doch ganz ohne menschliche Entscheider geht es nicht: Vertrauenswürdige Mitglieder der Plattform, sogenannte "Reporter", sollen entscheiden, wie ein Ereignis ausgegangen ist. Bei ihnen liegt wohl einer der Schwachpunkte: Falls sie sich gegen die Wettenden verschwören, könnten sie den Ausgang eines Ereignisses manipulieren - also Donald Trump fälschlicherweise den Nobelpreis zuerkennen - um selbst vom Ausgang der Wette zu profitieren. Die rechtliche Situation von solchen Prognosemärkten ist heikel, in den USA sind sie nicht erlaubt, weil die Grenzen zum Glücksspiel fließend sind. Die Urheber von "Augur" argumentieren, sie lieferten nur die Software. Was die Nutzer damit anstellten, sei ihre Sache. Kritik gibt es auch an "Todeswetten", bei denen man auf das Ableben von Prominenten setzen kann. Am populärsten sind aber bislang Prognosen über den Kursverlauf von Kryptowährungen.

Vom Stromsünder zum Retter

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(Foto: Stefan Dimitrov)

Was Energie betrifft, scheint die Blockchain selbst ein Problem zu haben statt eins zu lösen: Das Bitcoin-Netzwerk, die rechenintensivste Blockchain, verschlingt mit 60 Terawattstunden pro Jahr derzeit so viel Strom wie ganz Tschechien. Energieprobleme lösen könnte die Blockchain-Technik hingegen durch den Ausbau der erneuerbaren Quellen. Dank des Zuwachses an Photovoltaik und Windrädern liefert bald nicht mehr nur ein Kraftwerk den Strom für alle, sondern viele kleine Einheiten steuern je ein paar Kilowattstunden bei. Damit die Netzspannung gleich bleibt, müssen sich die Akteure aber besser absprechen. Man könnte sie daher zu einer Blockchain zusammenschließen und den Stromfluss darüber steuern. Umgekehrt würden die Lieferanten über die Blockchain für ihren Beitrag in Echtzeit entlohnt. Auch Verkäufer und Abnehmer ließen sich direkt miteinander koppeln. Wer Solarstrom auf seinem Dach produziert, könnte ihn gleich an seinen Nachbarn verkaufen, der damit sein Elektroauto betankt - ohne dass die Stromkonzerne beteiligt sind. Aber auch die wollen die neue Technologie natürlich auf keinen Fall verschlafen. 45 europäische Firmen, darunter RWE, Eon, EnBW und Vattenfall, sind an dem Projekt "Enerchain" beteiligt. Gearbeitet wird dort an einer Blockchain für den dezentralen Großhandel mit Strom und Gas. Erste "Trades" sind angeblich bereits zu Testzwecken ausgeführt worden. Demnächst soll der Livebetrieb starten. Andere Start-ups haben ähnliche Pläne. Im Vergleich zu Bitcoin wollen sie auf neuere Software setzen. Der Stromverbrauch soll dann nicht mehr ganz so hoch sein.

Einen Ausweis für Milliarden

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(Foto: Stefan Dimitrov)

Es klingt wie ein Scherz, ist aber doch ziemlich ernst gemeint. Und zur Sicherheit stellte die Firma Civic im Mai noch einmal klar: Nein, wir haben nicht vor ins Biergeschäft einzusteigen. Notwendig waren die deutlichen Worte, weil das Start-up aus Südafrika der erstaunten Weltöffentlichkeit gerade den ersten Bier-Blockchainautomaten präsentiert hatte. Das Prinzip ist einfach: Der Bierautomat erkennt automatisch, ob die vor ihm stehende Person auch wirklich die notwendige Altersgrenze erreicht hat. Dafür gleicht er den Bierkäufer mit den auf einer dezentralen Datenbank hinterlegten Profilen ab. Wie lustig - und trotzdem erst der Anfang. Eine Identitäts-Blochchain kann nämlich ziemlich schnell eine ziemliche ernste Angelegenheit werden. Nämlich dann, wenn ein Mensch durch sie zum ersten Mal einen Identitätsnachweis bekommt. Zum Beispiel weil ihm oder ihr ein offizielles Ausweisdokument von einem Staat hartnäckig verweigert wird. Laut UN-Angaben leben weltweit ungefähr eine Milliarde Menschen ohne einen offiziellen Pass. Das soll sich ändern. Firmen wie Accenture und Microsoft arbeiten bereits daran, ihnen zu einer neuen digitalen Identität zu verhelfen. Einen Vorgeschmack auf die Zukunft bekommt man bereits im Flüchtlingslager Saadri im Norden Jordaniens. Untergebracht sind dort 80 000 Syrer, von denen viele ihre Dokumente auf der Flucht verloren haben. In Saadri ist das nicht ganz so schlimm. An der Supermarktkasse können sich die Flüchtlinge mit einem Iris-Scan ausweisen - und dann die Lebensmittel mitnehmen. Das klingt nach Science-Fiction-Film, ist aber längst Realität.

Ansturm der Banken

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(Foto: Stefan Dimitrov)

Am meisten von Blockchains profitieren könnten ausgerechnet jene, die ursprünglich mal durch die Technik abgeschafft werden sollten: Banken. So gab die Weltbank dieses Jahr in Australien die erste Anleihe heraus, die auf einer Blockchain verwaltet wird. 110 Millionen australische Dollar wurden dafür eingesammelt, damit unterstützen Investoren Projekte der Weltbank und erhalten dafür Zinsen. Solche Finanzinstrumente gehen normalerweise durch die Hände vieler Mittelsmänner, was die Gebühren in die Höhe treibt. Indem die Weltbank die Anleihe digital auf der Blockchain speichert, will sie die Kosten für Anleger senken. Auch Österreich nutzte kürzlich bei der Vergabe von Bundesanleihen die Ethereum-Blockchain. Die Ergebnisse der Auktion wurden dann auf der Blockchain hinterlegt, um "die Unverfälschtheit der Daten" zu protokollieren. Einige Notenbanken forschen auch an eigenen "Zentralbank-Digitalwährungen" (CBDC). In einem Paper diskutiert die Bank of England, ob solche Kryptowährungen für den Zahlungsverkehr zwischen Zentralbank und Geschäftsbanken verwendet werden könnten - oder ob man das Modell sogar auf die gesamte Wirtschaft ausweitet. Die Schwedische Reichsbank untersucht die Möglichkeit, eine "E-Krone" als staatliche Digitalwährung auszugeben. Beide Banken betonen, dass es sich bislang nur um Forschungsprojekte handelt. Russland hat indes angekündigt, bald einen "Kryptorubel" einzuführen. Kritiker halten die Aktion jedoch für eine Nebelkerze, um von wirtschaftlichen Schwierigkeiten abzulenken und sich als technologischer Vorreiter zu gerieren.

Mein Haus gehört mir

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(Foto: Stefan Dimitrov)

In Ghana ist es manchmal schwieriger, ein Haus zu behalten als ein neues zu finden. Ein Grundbuch gibt es in dem afrikanischem Land nicht, zumindest keines das den Namen auch verdient. Über dreiviertel des Landbesitzes wird in keinem amtlichen Dokument ein Nachweis geführt. Das heißt, viele Häuser könnten schnell von jemand anders reklamiert werden. Für die wahren Eigentümer keine besonders angenehme Situation. Sie versuchen sich deshalb mit einem kleinen Trick zu behelfen. Das sieht man an den immer gleichen Schildern in ghanaischen Vorgärten. Darauf steht: "Dieses Haus ist nicht zum Verkauf". Gegen korrupte Regierungsbeamte ist das nur ein schwacher Schutz. Helfen könnte es, wenn der Landbesitz stattdessen per Blockchain erfasst wird - als fälschungssicheres digitales Grundbuch. Wem welches Haus gehört, wäre dann auf vielen Computern gespeichert, und nicht mehr nur in einem zentralen Register. Das bedeutet, es wäre deutlich schwieriger, sich fremdes Eigentum unter den Nagel zu reißen. Die Weltbank glaubt, so ein Blockchain-Grundbuch könnte Milliarden Menschen in ein neues Zeitalter katapultieren. Wie damals die Umstellung vom Festnetztelefon aufs Handy. Ganz utopisch ist der Gedanke nicht, auf der ganzen Welt gibt es bereits Länder, die mit einer solchen Neuordnung der Verhältnisse experimentieren. Honduras zählt dazu. Aber auch das bisherige Vorbildland Schweden, wo so gut wie niemand dem Grundbuchamt misstraut. Anfang Juni wechselte dort zum ersten Mal ein Haus über die Blockchain den Besitzer. Dabei soll es nicht bleiben. Das haben die Beteiligten schnell klar gemacht.

© SZ vom 06.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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