In fehlenden Hilfen und Korrekturen sieht Boris Feodoroff von der Deutschen Sporthochschule in Köln auch eine Gefahr des Konsolensports: "Die Konsole bietet kaum Kontrolle über das Bewegungsverhalten der Nutzer". Sie misst etwa beim Tennis allein die Flugrichtung des virtuellen Balles, nicht aber, mit welcher Stärke und Technik er in Schwung gesetzt wird. Damit steige das Risiko für wiederholte unnatürliche und ungesunde Bewegungen. Der Trainingseffekt dagegen bleibe weit unter dem des realen Sports. Für wirklich gefährlich hält aber auch der Sportwissenschaftler die modernen Spiele nicht.
Wie erklärt sich dann die große Verbreitung der Fallberichte? Bergen sie nicht im Kern ein Stück Technikangst? Stehen die lädierten Sehnen, Häute und Nägel, der wegbleibende Atem vielleicht symptomatisch für das Unbehagen gegenüber einer Übermacht an Technik und einer immer größeren Entfremdung von der realen Welt? Michael Zwick, Techniksoziologe an der Universität Stuttgart, hält nichts von dieser Deutung. Ausgeprägte Ressentiments gegen neue Technologien hat er in Deutschland allenfalls "im Bereich externer Groß- und Risikotechnik" beobachtet, deren Folgen die Menschen ausgesetzt sind, ohne selbst Kontrolle darüber zu haben.
Dazu gehören Umweltgifte oder nukleare Risiken. Anders verhalte es sich bei modernen Freizeitgeräten: "Es steht in der freien Kontrolle jedes Einzelnen, so lange zu SMSen, bis der Daumen Arthrose hat, oder dies eben sein zu lassen." Für den Soziologen stecken hinter "Nintendinitis" und Co. eher "mangelnde Kompetenzen in der Freizeitgestaltung" - und die sei kein Technikphänomen.
Das bestätigt ein Blick in die medizinische Fachliteratur: 50 Jahre vor dem Facebook-Asthma wurde das "Hula-Hoop Syndrom" beschrieben. Auch das haltlose Drehen an Rubiks Zauberwürfel bereitete Experten einst Sorge. Beide Phänomene sind heute allenfalls von nostalgischem Interesse. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass viele ihrer modernen Verwandten das gleiche Schicksal haben werden.