Süddeutsche Zeitung

Konkurrenz für Google:Warum die Facebook-Suche eine Chance ist

Mit seiner neuen Suchfunktion will Facebook mehr sein als ein Treffpunkt im Netz: Mark Zuckerberg will dem mächtigen Rivalen Google Paroli bieten. Das ist gut für den Nutzer und vielleicht fällt auch etwas für den Datenschutz ab.

Ein Kommentar von Varinia Bernau

Im Silicon Valley ist es wie auf dem Schulhof: Es gibt nichts Schlimmeres, als uncool zu sein. Wer es an der Küste Kaliforniens zu etwas bringen will, braucht ein gutes Gespür für das, was morgen technologisch möglich ist und übermorgen Millionen von Menschen faszinieren wird. So wie Bill Hewlett und David Packard, die einst in einer Garage von Palo Alto ihren Tonfrequenzgenerator zusammenschraubten. Und so wie fast 70 Jahre später Mark Zuckerberg, der sich daranmachte, die ganze Welt zu vernetzen. Wer sich ausruht, der verliert das richtige Gespür. Wer sich ausruht, der findet keine klugen, keine kreativen Mitstreiter. Wer sich ausruht, der wird uncool.

Deshalb muss sich Facebook neu erfinden, obwohl die Firma noch nicht einmal zehn Jahre alt ist. Nun also will das soziale Netzwerk für seine eine Milliarde Mitglieder nicht mehr nur ein Treffpunkt sein, sondern auch eine Suchmaschine. Für Facebook ist das der richtige Schritt. Aber auch für all die Menschen, die Informationen und Inspirationen aus dem Internet schöpfen.

Wenn jemand in einer fremden Stadt ein gutes Restaurant sucht, wen sollte er dann wohl fragen: eine anonyme Maschine - oder seine Facebook-Freunde, die wissen, was ihm schmeckt? Mit dieser Frage begegnete Sheryl Sandberg bereits vor einem guten Jahr den Zweiflern, die nicht glauben wollten, dass es Facebook mit dem übermächtigen Rivalen Google aufnehmen könnte.

Googles Lücken

Die Managerin hat lange bei Google gearbeitet. Heute verantwortet sie bei Facebook das Tagesgeschäft. Wie sie haben auch viele die Seite gewechselt, die nun Facebooks neue Suchfunktion entwickelt haben. Sie wissen ganz genau, was Google so mächtig macht, aber ebenso, wo Googles Lücken liegen.

Facebook kennt seine Mitglieder besser als Google all jene, die etwas in die gleichnamige Suchmaschine tippen. Facebook verraten die Leute, welchen Kaffee sie mögen, welche Partei sie wählen, mit wem sie wohin in den Urlaub reisen. Goog-le ist nur das Kondensat diffus durchs Netz schwirrender Informationen.

Natürlich geht es Facebook nicht nur darum, den Leuten das Leben zu erleichtern. Ebenso wenig übrigens wie Google. Facebook, so betont Mark Zuckerberg, geht es darum, die Leute zu vernetzen. Nun will er den Menschen als Kompass dienen, der sie durch eine immer komplexere Welt führt. So sichert sich Facebook Aufmerksamkeit. Nichts ist im Internet wichtiger: Wer viele Menschen auf seine Seite lockt und dafür sorgt, dass sie auch noch lange verweilen, der kann mehr Geld für die dort platzierten Annoncen verlangen.

Gerade in einer Zeit, in der die Anzeigenpreise sinken, weil immer mehr Menschen auf den kleinen Bildschirmen ihrer Smartphones im Netz surfen, ist die Frage nach diesen Werbeerlösen für Facebook entscheidend. Wenn das Netzwerk nun aber auch unterwegs mit dem richtigen Restauranttipp aufwarten kann, ist es Google einen entscheidenden Schritt voraus.

Es ist gefährlich, wenn nur Google den Strom der durchs Netz sausenden Informationen steuert. Eli Pariser hat diese Gefahr in seinem Buch "Filter Bubble - Wie wir im Internet entmündigt werden" anhand zahlreicher Beispiele beschrieben. Die Suchmaschine Google, so argumentiert der Amerikaner, aber auch die Art, wie Facebook die Nachrichten auf den Seiten seiner Mitglieder platziert, wirke wie Scheuklappen. Es erscheint nicht mehr das oben, was wichtig ist, sondern das, was dem persönlichen Profil entspricht. Diese Gleichförmigkeit mache aus aufmerksamen Bürgern eine Horde von Dummköpfen. Schon deshalb sollte niemand nur einer Suchmaschine vertrauen.

Werbung und Daten

Für jeden, der im Netz nach etwas sucht, stellt sich aber nicht nur die Frage, wo er die besseren Antworten findet. Es stellt sich auch die Frage, was er im Gegenzug von sich preisgibt. Jeder sollte sich eines bewusst machen: Solange ein Produkt umsonst ist, ist er selbst das Produkt. Solange Google und Facebook ihr Geld mit Werbung verdienen, werden sie die gesammelten Daten so nutzen, dass sie viel Geld mit Werbung verdienen.

Mark Zuckerberg hat bereits bei der Vorstellung der neuen Suchfunktion betont, wie wichtig ihm der Datenschutz sei. Verlassen sollte sich auf solche Versprechen niemand. Aber es gibt Hoffnung: Aus einem intensiven Wettstreit geht der Verbraucher zumeist als Sieger hervor. In Deutschland wenden sich neun von zehn Leuten, die etwas im Netz suchen, an Google. Wenn nun jemand mit neuen Ideen gegen diese Macht antritt, fällt vielleicht auch etwas für den Datenschutz ab.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1574839
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 17.01.2013/mri
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.