Kinderporno-Seiten:Streit unter Ministerinnen

Trotz eines hohen verfassungsrechtlichen Risikos will Bundesfamilienministerin von der Leyen Kinderporno-Seiten im Internet sperren lassen.

Die beste Lösung zur Sperrung von Kinderporno-Seiten im Internet bleibt zwischen den Bundesministerien für Familie und Justiz umstritten. Nach Ansicht von Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) ist eine wirksame Zugangsblockade ohne klare gesetzliche Grundlage nicht machbar. Dagegen setzt Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) auf eine Vertragslösung zwischen Bundeskriminalamt und Internet-Anbietern.

Kinderporno-Seiten: Kinderporno-Inhalte im Netz sollen nicht mehr zugänglich sein, wenn es nach der Familienministerin geht.

Kinderporno-Inhalte im Netz sollen nicht mehr zugänglich sein, wenn es nach der Familienministerin geht.

(Foto: Foto: dpa)

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach sich indirekt für eine Sperre aus. "Einfach nur mit der Freiheit des Internets zu argumentieren, wird uns letztlich auch nicht weiterhelfen", sagte Merkel am Sonntag im Deutschlandfunk im Zusammenhang mit Gewaltvideos und Kinderpornos. "Ich gehöre, ehrlich gesagt, zu denen, die immer wieder überlegen: Kann man nicht doch etwas tun?"

Zypries schrieb von der Leyen, deren bisher bekannte Pläne für Sperrverträge zwischen Internet-Providern und dem Bundeskriminalamt könne sie nicht mittragen. In einem fünfseitigen Schreiben aus der vorigen Woche, das dpa vorliegt, machte sie vor allem verfassungsrechtliche Bedenken geltend. Sie betonte gleichzeitig: "Auch mir ist es ein besonderes Anliegen, wirksame Schritte gegen Kinderpornografie zu unternehmen."

Von der Leyen will nach dem Vorbild Norwegens Seiten, die sexuelle Straftaten an Kindern zeigen, blockieren lassen. Beim Anklicken soll ein Stoppschild erscheinen. Damit könnten täglich 300.000 bis 400.000 Zugriffe auf solche Internet-Seiten verhindert werden. Auch Branchen- Experten haben in den vergangenen Monaten die rechtliche und technische Machbarkeit solcher Maßnahmen bezweifelt.

Das Ministerium verhandele derzeit mit acht großen Zugangsanbietern, sagte von der Leyen der in Hannover erscheinenden Neuen Presse. In den kommenden Wochen sollen die Vereinbarungen nach ihren Worten offiziell geschlossen werden. Mitte Februar hatte die Ministerin noch damit gerechnet, dass die verbindlichen Abmachungen schon vor Mitte März unterschrieben wären.

Zypries schrieb, nach ihrer Kenntnis werde gegen kinderpornografische Seiten auf deutschen Servern bereits heute erfolgreich vorgegangen. Von der Leyens Pläne zielten wohl auf Angebote aus dem Ausland ab.

Der Vorsitzende der Deutschen Kinderhilfe, Georg Ehrmann, forderte die beiden Ministerinnen auf, "sich unverzüglich an einen Tisch zu setzen, um die in anderen Ländern bewährte Praxis der Sperrung von Internetseiten endlich zeitnah umzusetzen". Bei einer Bundestagsanhörung hatten Experten der Internet-Wirtschaft Mitte Februar von der Leyens Vorhaben als weitgehend wirkungslos beurteilt.

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