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Kickstarter-Großspender Eric Mersmann:Einmal Ork sein für 10.000 Dollar

Mit halbrasiertem Schädel und spitzen Eckzähnen erscheint ein Anwalt aus Chicago im Computerspiel "Shadowrun Returns". Eric Mersman ist einer von mehr als 36.000 Unterstützern der Kickstarter-Kampagne. Im Interview erklärt der 34-Jährige, wieso er viel Geld für das Privileg bezahlt hat, im Spiel als Ork aufzutreten.

Von Daniel Wüllner

Trolle mit automatischen Waffen, Orks mit Hightech-Prothesen und Elfen als Hacker: All das gehört zum Pen-and-Paper-Rollenspiel Shadowrun. Erstmals 1989 vom Verlag FASA Corperation veröffentlicht, zog die futuristische Welt, die Cyberpunk und Fantasy verbindet, eine Reihe von Video- und Computerspieladaptionen nach sich. Die letzte vorlagentreue Umsetzung liegt aber bereits 17 Jahre zurück.

Deshalb haben die Harebrained Schemes Studios im April 2012 ein Kickstarter-Projekt gestartet, um das Computerspiel Shadowrun Returns zu finanzieren. 36.3276 Menschen stellten dem Studio innerhalb eines Monats 1,8 Millionen Dollar zur Verfügung - anstatt der angepeilten 400.000 Dollar. Eric Mersmann, ein 34-jähriger Anwalt aus Chicago, war besonders großzügig. Er hat 10.000 Dollar in das Kickstarter-Projekt investiert.

Süddeutsche.de: Herr Mersmann, Sie haben das Computerspiel Shadowrun Returns mit 10.000 Dollar unterstützt. Was hat eigentlich Ihre Familie dazu gesagt?

Eric Mersmann: Ich habe mit meiner Frau lange darüber diskutiert. Aber am Ende haben wir uns gemeinsam dazu entschieden, das Projekt mit dieser Summe zu unterstützen.

Sind Sie denn auch ein Fan des klassischen Rollenspiels?

Natürlich! Schon seit den frühen Neunzigern. Ich spiele es auch heute noch mit Freunden. Und ich habe Shadowrun auf den den alten 16-Bit-Konsolen, dem Sega Mega Drive und dem Super Nintendo, gespielt. Ich mag einfach das ganze Universum. Deshalb wollte ich unbedingt einen möglichst großen Beitrag zu seiner Rückkehr leisten.

Was reizt Sie am Crowdfunding?

Es fühlt sich sehr gut an, am Erfolg eines solchen Projektes mitzuwirken. Manchmal verleiten auch bestimmte Belohnungen die Unterstützer dazu, sich mit mehr Geld zu beteiligen. Aber letztlich kommt es auf das Projekt selbst an - und wie sehr ich mir wünsche, dass es erfolgreich ist.

Und dieser Wunsch war so groß, dass Sie 10.000 Dollar bezahlt haben?

Ich habe das allergrößte Vertrauen in das Team, das sich für Shadowrun Returns zusammengefunden hat, vor allem in Mitch Gitelman, Mike Mulvihill und Jordan Weisman. Und sie haben sich für ihre Crowdfunding-Kampagne wirklich viele tolle Belohnungen ausgedacht - mit die besten, die ich je bei einem Kickstarter-Projekt gesehen habe.

Auf welche Belohnung freuen Sie sich am meisten?

Auf jeden Fall auf den Abend mit Mike Mulvihill (Co-Autor des Original-Rollenspiels). Ehrlich gesagt war das einer der Hauptgründe, warum ich 10.000 Dollar zahlen wollte. Ich hoffe, dass ich einige meiner alten High-School-Freunde zusammentrommeln kann, und wir einen fantastischen Shadowrun-Abend haben werden. Und dann sind ja meine Frau und ich auch noch mit unseren eigenen Figuren im Spiel enthalten. Die Charakterdesigns sind wirklich großartig geworden.

Hat man zu einem Crowdfunding-Spiel eine besondere Beziehung - eine andere als zu einem normalen Produkt?

Crowdfunding erzeugt bei den Unterstützern eine gewisse Erwartungshaltung: Sie wollen immer auf dem Laufenden gehalten werden, wie die Arbeit an dem Spiel vorangeht. Dieses Versprechen haben die Entwickler erfüllt. Sie haben in Foren schnell auf unsere Fragen geantwortet und uns Gameplay-Videos und Screenshots aus dem Spiel gezeigt. Dadurch haben sie einerseits den Hype angefeuert, andererseits die Erwartungen auch realistisch gehalten.

Konnten sich die Unterstützer auch aktiv an der Entwicklung des Spiels beteiligen?

Ja. Harebrained Schemes hat die Fans ermutigt, ihre Meinung kundzutun, sich untereinander auszutauschen. Sie durften sich sogar Namen für Spielfiguren ausdenken. Und es war eine tolle Idee, ausgewählten Unterstützern schon früh den Level-Editor zur Verfügung zu stellen, den die Entwickler selbst benutzen und der mit dem fertigen Spiel veröffentlicht wird. So gaben Sie den Fans die Möglichkeit, ihre eigenen Geschichten zu erzählen und ganz direkt zum Erfolg des Projekts beizutragen. Ich denke, mehr kann man wirklich nicht erwarten.

Sie fühlen sich also auch verantwortlich für Shadowrun Returns?

Ein bisschen schon. Das liegt natürlich auch daran, dass ich und die anderen beiden, die 10.000 Dollar gezahlt haben, in die Harebrained Schemes Studios eingeladen wurden. Wir haben selbst gesehen, wie hart all diese Menschen daran gearbeitet haben, Shadowrun Returns zum Leben zu erwecken. Und sie gaben uns das Gefühl, dass das ohne uns nicht möglich gewesen wäre.

Aber Sie hätten die 10.000 Dollar doch auch beispielsweise in ein Start-up investieren können.

Das hätte ich tun können. Aber ich glaube, das Verhältnis von einem Entwickler zu einem Unterstützer ist ein ganz anders als zu einem Investor. Außerdem habe ich sehr viel mehr Erfahrung darin, Kunde und Fan zu sein, als Investor oder Spiele-Verleger. Ich glaube an dieses Projekt und bin seit fast 20 Jahren Shadowrun-Fan. Ich wollte unbedingt, dass dieses Spiel verwirklicht wird - und jetzt bin ich froh, meinen Anteil daran geleistet zu haben.

Shadowrun Returns ist vom 25. Juli an auf der Download-Plattform Steam erhältlich.

Linktipp: Der Produzent Mitchel Gitelmann berichtet von den Vor- und Nachteilen der Crowdfunding-Finanzierung von Computerspielen.

Game Designer Jordan Weisman spricht im Interview mit chud.com über Shadowrun Returns.

NFL-Profi Chris Kluwe im Interview - auch er taucht als Troll-Türsteher in Shadowrun Returns auf.

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