Süddeutsche Zeitung

Jahresbericht des BfDI:Kelber sieht "Zeitenwende im Datenschutz" durch die DSGVO

  • Der neue Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Ulrich Kelber (SPD) hat den Tätigkeitsbericht seiner Behörde für 2017 und 2018 vorgestellt.
  • Die neue Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), die seit Mai 2018 gilt, sorgte demnach für deutlich mehr Fragen und Beschwerden als üblich.
  • Kelber zieht dennoch ein positives Fazit des ersten Jahres mit der DSGVO. Er warnte aber vor Grundrechtseingriffen durch die Sicherheitsbehörden.

Von Julian Erbersdobler, Berlin

Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI), Ulrich Kelber (SPD) hat am Mittwoch den Jahresbericht seiner Behörde für das 2018 vorgestellt. Kelber ist erst seit vier Monaten im Amt, er hat den Tätigkeitsbericht also gar nicht selbst zu verantworten. Interessant ist der Jahresbericht des BfDI in diesem Jahr auch, weil er eine erste Bilanz der umstrittenen neuen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) enthält.

Die fällt nach Kelber insgesamt positiv aus. "Mit der DSGVO gilt erstmals ein in der gesamten EU unmittelbar anwendbares Datenschutzrecht", sagte er. Und es zeige sich bereits, dass sich die DSGVO weit über Europa hinaus zu einem Standard entwickle, an dem sich auch Staaten in Asien, Nord- und Südamerika orientieren. Zur Erinnerung: Die Datenschutzgrundverordnung der EU gilt seit dem 25. Mai 2018 auch in Deutschland. Mit der Reform des europäischen Datenschutzes hat heute jeder das Recht zu erfahren, welche Daten Unternehmen über ihn gespeichert haben. Das umfassende Regelwerk sorgte aber auch für Verwirrung und Verunsicherung.

Das spürte auch Kelbers Behörde. Seit dem 25. Mai 2018 kamen dort 6 507 allgemeine Anfragen an, dazu 3 108 Beschwerden. Das sind mehr als doppelt so viele wie im gesamten Jahr 2017 - innerhalb von nur sieben Monaten. Kelber drückt es so aus: Die umfangreiche öffentliche Debatte über das neue Datenschutzrecht habe sich "erwartungsgemäß" ausgewirkt. "Natürlich ist nicht alles perfekt in der DSGVO", sagte er. Dennoch spricht Kelber von einer "Zeitenwende im Datenschutz."

Kelber sieht auch Nachbesserungsbedarf bei der DSGVO

Nachbesserungsbedarf gebe es vor allem bei den Informations- und Dokumentationspflichten, die Privatpersonen, Vereine und kleine Unternehmen übermäßig belasten würden. Als Beispiel nannte Kelber Foren oder Webseiten, die von den Betreibern vorsichtshalber eingestellt wurden, aus Angst, den neuen Bestimmungen nicht gerecht zu werden. Viele hätten aber zu früh aufgegeben, betonte der SPD-Politiker. "Wir wollen einfache Hilfestellung geben, dass auch solche Angebote weiter bestehen bleiben."

Dass die Skepsis in der deutschen Bevölkerung immer noch vorhanden ist, zeigen Daten des Meinungsforschungsinstituts "YouGov" vom Februar dieses Jahres. Über die Hälfte der Befragten war demnach der Meinung, dass die DSGVO keinen Einfluss auf die Sicherheit ihrer Daten im Internet habe. Nur 13 Prozent waren der Auffassung, dass die neuen Richtlinien die Sicherheit der eigenen Daten im Internet verbessert habe. Fast jeder Dritte war der Ansicht, dass die DSGVO die Benutzerfreundlichkeit des Internets insgesamt verschlechtert habe.

Neben der neuen Datenschutzverordnung äußerte sich Ulrich Kelber auch zu den Befugnissen von Sicherheitsbehörden. "Bevor weitergehende Möglichkeiten für Grundrechtseingriffe geschaffen werden, sollten die Sicherheitsbehörden besser erst einmal bereits bestehende Kompetenzen komplett ausschöpfen."

Als mahnendes Beispiel nannte der Bundesbeauftragte das Pilotprojekt am Berliner Bahnhof Südkreuz. Dort kamen Kameras mit spezieller Technik zum Einsatz. Rund 300 Testpersonen hatten sich freiwillig zur Verfügung gestellt und ihre Gesichter einscannen lassen. Verschiedene Computerprogramme sollten dann die Personen beim Vorbeigehen wiedererkennen. "Nach dem Testbetrieb habe ich Zweifel, ob das Sinn macht", sagte Kelber. Die Fehlerquote der Software sei einfach zu hoch.

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