Kampf gegen Kinderpornographie:Sperrstunde im Internet

Ein neues Gesetz soll den Zugang zu Kinderpornographie im Netz erschweren - die Hürden sind aber leicht zu umgehen. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

Felix Berth

Der Bundestag soll an diesem Donnerstag ein Gesetz zur Sperrung von Kinderpornographie im Internet beschließen. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick:

Kampf gegen Kinderpornographie: Wer eine gesperrte Seite anklickt, sieht das Stopp-Schild.

Wer eine gesperrte Seite anklickt, sieht das Stopp-Schild.

(Foto: Foto: dpa)

Welche Seiten werden gesperrt, welche werden gelöscht?

Die große Koalition hat sich auf den Grundsatz "Löschen vor Sperren" verständigt. Doch die Kompetenzen nationaler Sicherheitsbehörden enden an den Staatsgrenzen - deutsche Behörden können keine Internet-Sperrungen anordnen, wenn Seiten aus dem Ausland gespeist werden. In diesen Fällen - den Standardfällen bei Kinderpornographie im Netz - sollen Behörden bei ausländischen Providern eine Löschung fordern. Scheitert dies, soll die Sperrung kinderpornographischer Seiten möglich sein.

Was sieht ein deutscher Internet-Nutzer, wenn er eine gesperrte Seite anklickt? Hat das juristische Konsequenzen für ihn?

Er sieht ein Stopp-Schild wie das abgebildete. Strafrechtlich bleibt dies nach dem Beschluss der Koalition folgenlos. Ursprünglich war geplant, dass deutsche Internet-Provider (zum Beispiel T-Online) deren Daten an das Bundeskriminalamt weitergeben sollten.

Welche Behörde ordnet die Sperrungen an?

Welche Behörde ordnet die Sperrungen an? Wer kontrolliert diese Behörde?

Die Liste der gesperrten Seiten wird vom Bundeskriminalamt (BKA) geführt. Ein fünfköpfiges Gremium beim Bundesdatenschutzbeauftragten soll die Sperrliste kontrollieren.

Werden die gesperrten Seiten einzeln von Mitarbeitern der Polizei angesehen?

Ja, die Sperrung erfolgt nicht durch ein computerisiertes Verfahren. Das Bundeskriminalamt recherchiert selbst und ist auf Hinweise der Landeskriminalämter und anderer Institutionen angewiesen. "Das BKA muss selbst Kriterien festlegen, was als kinderpornographisch einzustufen ist", sagt Klaus Jansen vom Bund Deutscher Kriminalbeamter.

Können versehentlich andere Seiten gesperrt werden? Ist das in anderen Ländern schon geschehen?

Solche Fehler sind wahrscheinlich. Vor einigen Jahren waren Webseiten der Schweizer Hochschulen nicht erreichbar, weil deren Rechner eine Internet-Adress-Nummer erhielten, die vorher ein rechtsextremes Portal gehabt hatte. Weil die Sperrlisten nicht aktuell genug waren, wurden die Hochschulseiten zeitweise gesperrt.

Wie aufwendig ist es, die Sperren zu umgehen?

Wer haftet in diesem Fall für den entstandenen Schaden?

Die Haftung der Provider ist im Gesetzentwurf eingeschränkt: Sie haften nur, wenn sie die Sperrung "nicht ordnungsgemäß umsetzen". Dass der Staat einen eventuellen Schaden übernehmen würde, steht nicht explizit im Entwurf.

Ist die Liste des BKA geheim?

Ja. Allerdings ist in Australien bereits eine Sperrliste publik gemacht worden - vermutlich durch einen Hacker.

Wie aufwendig ist es, die Sperren zu umgehen?

Nicht nur die Internet-Community hält dies für einfach; selbst der wissenschaftliche Dienst des Bundestages stellte in einem Gutachten fest, dass alle Sperrtechniken "mit einem vergleichsweise geringen Aufwand umgangen werden" können. Die Tricks unterscheiden sich je nach Sperrtechnik, sind aber von Computerkundigen zum Teil in wenigen Minuten zu erledigen.

Können die Sperren ausgedehnt werden?

Welche Teile des Internets bleiben von den Sperren ausgenommen?

Newsrooms und Chatrooms werden nicht erfasst. Kritiker erwarten, dass das Geschäft mit der Kinderpornographie, das sich schon heute großenteils in diesen Bereichen abspielt, noch stärker dorthin abwandert.

Können die Sperren auf andere Bereiche - zum Beispiel illegales Glücksspiel - ausgedehnt werden?

Technisch ist dies möglich. Um zu signalisieren, dass dies politisch nicht erwünscht ist, will die Koalition das bestehende Telemediengesetz nicht antasten, weil es für die ganze Branche gilt. Stattdessen sollen die neuen Regeln in einem "Zugangserschwerungsgesetz" stehen.

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