US-Senator Josh Hawley:Fundi gegen Facebook

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"Vielleicht wären wir besser dran, wenn Facebook einfach verschwände", sagt der republikanische Senator Josh Hawley aus Missouri. (Foto: AFP)

Der erzkonservative US-Senator Josh Hawley bringt sich für die Zeit nach Trump in Stellung und tritt auf wie die Kennedys. Mit Facebook und Google hat er ein ähnlich großes Problem wie mit Sex vor der Ehe.

Von Claus Hulverscheidt, New York

Wenn man unter den Chefs der großen US-Tech-Konzerne eine Umfrage in Auftrag gäbe, welche politische Partei sie gerade besonders nervt, wäre das Ergebnis wohl eindeutig: Mit Elizabeth Warren und Bernie Sanders gibt es bei den Demokraten gleich zwei bedeutende Bewerber um das US-Präsidentenamt, die angekündigt haben, im Fall ihrer Wahl eine Zerschlagung von Google, Facebook und Amazon zu prüfen.

Als viel größeres Schreckgespenst könnte sich jedoch auf Dauer ein junger Mann erweisen, den viele noch gar nicht auf der Rechnung haben: Joshua Hawley, Republikaner und mit 39 Jahren jüngster aller 100 US-Senatoren. In gerade einmal elf Amtsmonaten hat der Jurist aus Missouri mehr Gesetze auf den Weg gebracht als manch altgedienter Kollege im Lauf der ganzen sechsjährigen Legislaturperiode - und fast alle sind ein Frontalangriff auf die Geschäftsmodelle der Westküsten-Riesen. "Er will Big Tech nicht einfach nur zügeln", schrieb der US-Nachrichtendienst Vox vor einigen Wochen. "Ihm wäre offenbar eine Welt lieber, in der es gar nicht existiert."

Hawley, den alle nur Josh rufen und der vom Auftreten her so ein bisschen an die Kennedy-Brüder der Sechzigerjahre erinnert, ist ein Republikaner neuen Typs: modern, tech-affin und flexibel genug, um da, wo es passt, mit den Demokraten zu kooperieren, zugleich ultra-konservativ, gläubig und so geschmeidig, dass er problemlos Präsident Donald Trump nach dem Mund reden kann. Er lehnt Sex vor der Ehe sowie Abtreibungen ab und bezeichnete den internationalen Menschenhandel einmal als das Ergebnis der sexuellen Revolution.

Vor allem aber arbeitet sich der verheiratete Vater zweier kleiner Söhne an der Tech-Industrie ab, der er vorhält, Gesetze zu brechen, Kinder und Jugendliche für Werbezwecke auszubeuten, ihre Daten zu missbrauchen und sie mit grausamen und sexuell anstößigen Videos zu malträtieren. Das soziale Netzwerk Facebook etwa kanzelte er als "Parasiten" und Verteiler "digitaler Drogen" ab. "Vielleicht", so sagte er jüngst, "wären wir besser dran, wenn Facebook einfach verschwände." Dem Suchmaschinenkonzern Google und dessen Tochter Youtube warf Hawley vor, die Menschen "zu hintergehen, sie in die Irre zu führen und manchmal regelrecht zu belügen".

Schon in seiner kurzen Zeit als Generalstaatsanwalt von Missouri ging der einstige Anwalt gegen Google und Facebook vor. Seit er im Januar sein Senatorenamt antrat, hat er die Schlagzahl noch einmal erhöht. So brachte er etwa ein Gesetz ein, das es Tech-Firmen verbieten würde, ohne die Zustimmung der Eltern die Daten von Kindern zu sammeln. Den Vertrieb von Videospielen mit Bezahlinhalten an Jugendliche will er stark einschränken, und er unterstützt einen Gesetzentwurf der Demokraten, der es Social-Media-Nutzern ermöglichen würde, alle ihre Daten bei einem Anbieterwechsel komplett mitzunehmen. Dabei merkt man Hawley an, dass er Social Media aus eigenem Erleben kennt: Anders als viele seiner Senatorenkollegen kann er Zahlen, Fakten und Hintergründe aus dem Kopf herunterbeten, er verhaspelt sich auch nicht, wenn er einen der Tech-Bosse in einer Ausschussanhörung befragt.

Sollte Trump kommendes Jahr wiedergewählt werden, könnte Hawley einer sein, der 2024 bereitsteht, um zu übernehmen. Noch ist von Präsidentschaftsambitionen keine Rede, doch der junge Mann aus dem Mittleren Westen wird die Chance kaum ausschlagen, sollte sie sich bieten. Als er 2017 zur Wahl für den Posten des Generalstaatsanwalts von Missouri antrat, sprach er voller Verachtung über Nachwuchspolitiker, die öffentliche Ämter nur als Sprungbrett für die weitere Karriere betrachten. Keine zehn Monate nach dem Wahlsieg kündigte er seine Kandidatur für den US-Senat an.

© SZ vom 26.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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