Jahresrückblick 2009: Internet:Wenn Netz und Leben kollidieren

Wir alle sind drin: Noch nie war das Internet so sehr mit der Realität verwoben wie 2009 - ob bei Demonstrationen oder Katastrophen. Ein Rückblick in Bildern

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Jahresrückblick 2009: Internet:20. Januar: Der Internet-Präsident tritt an

Obama-Vereidigung, AP

Quelle: SZ

Das Ereignis: Barack Obama wird als Präsident der Vereinigten Staaten vereidigt - und beweist damit, dass die Macht des Internets nicht zu unterschätzen ist, hatte er doch im Wahlkampf maßgeblich darauf gesetzt. Seine Anhänger feiern auf den Straßen und im Netz. Was sie nicht wissen: Obama hat noch nie getwittert, wie er später zugibt.

Die Folgen: Die Obama-Internetkampagne wird auch im deutschen Wahlkampf kopiert, ohne dass die Verantwortlichen hierzulande sie kapiert hätten. Dennoch reift auch hierzulande die Erkenntnis, dass Politiker die Möglichkeiten des Internets nicht unterschätzen dürfen.

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Jahresrückblick 2009: Internet:11. März: Ein Amoklauf und seine Folgen

Gedenken in Winnenden

Quelle: SZ

Das Ereignis: Der 17-jährige Tim K. erschießt bei einem Amoklauf im baden-württembergischen Winnenden 15 Menschen. Während seiner Flucht vor der Polizei wird das Web zum Ort der Echtzeit-Gerüchte und der Tatmotiv-Suche. Der Erkenntnisgewinn daraus bleibt allerdings minimal. Auch die Ermittlungsbehörden zeigen, dass sie der digitalen Welt nicht gewachsen sind: Innenminister Recht (CDU) trägt eine angebliche Tatankündigung des Schützen aus dem Internet vor, dieNutzer eines Internetforums erfunden hatten.

Die Folgen: Es wird keine Katastrophe mehr geben, die nicht von einer Welle von Echtzeit-Nachrichten begleitet werden wird. Die Unterscheidung zwischen Augenzeugenberichten, Gerüchten und absichtlichen Falschmeldungen wird künftig zu einer der großen Herausforderungen - für Behörden, Medien und den einzelnen Internetnutzer.

Foto: dpa

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Jahresrückblick 2009: Internet:8. Mai: Das Web wehrt sich

Vorstellung des Stopp-Schilds

Quelle: SZ

Das Ereignis: Bereits wenige Tage nach Veröffentlichung trägt sich Unterzeichner Nummer 50.000 in die Online-Petition gegen die Indizierung und Sperrung von Internetseiten ein. Das Stoppschild, das Internet-Provider einem Gesetz zufolge vor Seiten mit kinderpornographischen Inhalten anbringen müssen, ist in den Augen der deutschen Webgemeinde und vieler Experten wirkungslos, schafft aber gleichzeitig eine Infrastruktur, die Kritikern zufolge Zensur ermöglichen würde.

Die Folgen: Die Anti-Sperrgesetz-Bewegung politisiert die Netzgemeinde, die daraus erwachsende Graswurzelbewegung kann am Ende einen Teilerfolg verbuchen: Das Gesetz ist inzwischen zumindest für ein Jahr auf Eis gelegt und wird vom Bundespräsidenten nicht unterschrieben.

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Jahresrückblick 2009: Internet:13. Mai: Beim dritten Mal ist Schluss

Gesperrter Computer

Quelle: SZ

Das Ereignis: Der französische Senat billigt das Hadopi-Gesetz, wonach Internetnutzern ihr Zugang gekappt werden kann, falls sie drei Mal beim Herunterladen von illegalem Material erwischt werden. Das Gesetz sieht anfänglich vor, dass eine solche Entscheidung von einer Behörde getroffen werden kann, doch im Oktober legt das französische Verfassungsgericht fest, dass nur ein Richter die Sperre aussprechen kann.

Die Folgen: In anderen europäischen Ländern werden ähnliche Gesetze diskutiert. Bürgerrechtler befürchten, dass sich die Politik mit solchen Regelungen zum Handlanger der Musik- und Filmindustrie macht - und dass das Sperren des Internetzugangs künftig aus ganz anderen Gründen erfolgen könnte.

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Jahresrückblick 2009: Internet:7. Juni: Pirat im Parlament

Christian Engström

Quelle: SZ

Das Ereignis: Die schwedische Piratenpartei erreicht bei den Europawahlen 7,1 Prozent und schickt mit Christian Engström erstmals einen Abgeordneten nach Brüssel. Bei der Bundestagswahl im September erreichen die deutschen Piraten auf Anhieb zwei Prozent, fast 850.000 Wähler geben ihnen ihre Stimme, obwohl sich die Partei in ihrem Programm fast komplett auf Internetfragen beschränkt.

Die Folgen: Die etablierten Parteien werden mit einer neuen Bewegung konfrontiert, die sich die Debatte um den künftigen Umgang mit dem Internet und dessen Infrastruktur auf die Fahnen geschrieben hat und sich äußerst professionell über das Netz organisiert. Ob die Piraten wachsen oder ihre Ideen von den größeren Parteien absorbiert werden, steht in den Sternen. Fest steht hingegen, dass Internetpolitik immer mehr Aufmerksamkeit erhalten wird.

Foto: Reuters

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Jahresrückblick 2009: Internet:Juni: Das Medium der Bewegung

Twitpic-Screenshot

Quelle: SZ

Das Ereignis: Als Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschads mit erstaunlich großer Mehrheit wiedergewählt wird, zieht die Opposition auf die Straße. Auch viele Studenten nehmen teil - und sind maßgeblich dafür verantwortlich, dass die Welt trotz Zensurmaßnahmen über Twitter, Blogs, YouTube oder Flickr Informationen über die Proteste erhält.

Die Folgen: Der Umsturz bleibt aus, die Regierung lässt zahlreiche Demonstranten verhaften. Doch Ahmadinedschad ist seither angeschlagen, die Proteste haben einen inneren Machtkampf ausgelöst. Autokratische Regimes sind indes gewarnt -und werden weiter alles tun, um den freien Zugang zum Internet zu kontrollieren.

Foto: AFP

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Jahresrückblick 2009: Internet:6. August: Ein Dino will es wissen

Rupert Murdoch

Quelle: SZ

Das Ereignis: Rupert Murdoch, Chef des Medienkonzerns News Corp., verkündet eine neue Internetstrategie: Die Webseiten seiner Zeitungen sollen spätestens Juli 2010 nur noch gegen Bezahlung abgerufen werden können.

Die Folgen: "Paid Content" wird bei Medienhäusern zum Symbol für einen neuen Umgang mit dem Internet. Nutzer sollen künftig für journalistische Informationen Geld zahlen. Sollte das funktionieren, wird der 78-jährige als Medienvisionär mit Rückgrat in die Geschichte eingehen. Scheitert er, setzt er die wirtschaftliche Basis seiner Zeitungen aufs Spiel.

Foto: Reuters

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Jahresrückblick 2009: Internet:9. September: Zurück im Job

Steve Jobs

Quelle: SZ

Das Ereignis: Viele Gerüchte hatte es um den Gesundheitszustand von Apple-Chef Steve Jobs gegeben. Bei einer Apple-Veranstaltung meldet er sich nach einer Lebertransplantation und einer halbjährigen Pause zurück - die Apple-Aktien schießen sofort in die Höhe.

Die Folgen: Kein Unternehmen steht und fällt so mit seinem Chef wie Apple. Mit Jobs an Bord wird dem Computerriesen in der Branche und bei den Konsumenten einiges zugetraut - bis die nächsten Spekulationen zu seinem Gesundheitszustand im Netz die Runde machen.

Foto: Reuters

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Jahresrückblick 2009: Internet:16. Oktober: Der Blogger und das Datenleck

Screenshot SchülerVZ

Quelle: SZ

Das Ereignis: Der Blogger Markus Beckedahl ("netzpolitik.org") bekommt einen Satz von einer Million Daten zugespielt, die ein Hacker aus dem Teenager-Netzwerk SchülerVZ ausgelesen hat. Nachdem das Portal die Sicherheitslücke herunterspielt, legt Beckedahl mit neuen Informationen nach . Später veröffentlicht er auch Informationen über Datenpannen beim Online-Buchhändler Libri und dem Sparkassen-Versand.

Die Folgen: Datenschutz und Datensicherheit sind in Deutschland wieder ein Thema - ob es aber zu einer wirklichen Verbesserung der Situation kommt, bleibt abzuwarten. Der nächste Datenskandal kommt bestimmt.

Screenshot: schuelervz.de

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Jahresrückblick 2009: Internet:7. Dezember: Alles ist durchsuchbar

Google Goggles

Quelle: SZ

Das Ereignis: Google kündigt eine Echtzeit-Suche für Facebook und Twitter an, dazu soll Google Goggles die Handykamera in eine Bildersuchmaschine verwandeln: Erscheint ein Objekt im Sucher des Handys, identifiziert es Google und liefert Informationen dazu.

Die Folgen: Die Internetsuche kommt in der Gegenwart an, gerade bei großen Ereignissen werden es die Äußerungen von Augenzeugen sein, die nun auch bei Google mehr Gewicht erhalten. Zugleich zeigen die Fortschritte bei der Bildersuche, dass auch die Welt jenseits des Schirms bald komplett mit Daten hinterlegt sein wird. Doch wie sollen die Menschen mit einem Unternehmen umgehen, das die ganze Welt durchsuchbar macht? Die Debatte über die wachsende Macht Googles wird weitergehen.

Foto: Reuters Text: Johannes Kuhn / sueddeutsche.de

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