Italien:Google-Mitarbeiter wegen Gewaltvideo verurteilt

Hat Google ein YouTube-Misshandlungsvideo nicht schnell genug gelöscht? Ein italienisches Gericht hat nun drei ranghohe Mitarbeiter des Konzerns verurteilt.

Weil sie die Veröffentlichung eines Schlägervideos auf YouTube nicht verhindert haben, hat ein Gericht in Italien drei Google-Mitarbeiter zu sechs Monaten Haft auf Bewährung verurteilt.

Die Staatsanwaltschaft machte geltend, die Aufnahmen hätten auf einer Liste der meistgesehenen Filme gestanden und daher bemerkt werden müssen. Richter Oscar Magi sprach die drei deswegen der Verletzung der Privatsphäre des autistischen Opfers schuldig. Vom Vorwurf der Beleidigung wurden sie freigesprochen, ein vierter Google-Vertreter wurde komplett freigesprochen.

Das in Kalifornien ansässige Unternehmen betrachtete das Verfahren nach eigenen Angaben als Angriff auf die Freiheiten des Internets, weil es den Seitenbetreibern eine unmögliche Aufgabe aufbürden würde: Sie müssten jeden Tag den gesamten hochgeladenen Inhalt auf Seiten wie YouTube überprüfen.

Diskussion über Umgang mit dem Netz

Die Staatsanwaltschaft argumentierte dagegen, die Meinungsfreiheit müsse gegen die Rechte Einzelner abgewogen werden. Auf dem Video aus dem Jahr 2006 war zu sehen, wie Jugendliche in Turin einen autistischen Schüler misshandeln.

Beobachtet wurde der Prozess in Mailand vor allem von Befürwortern des Internets als einer offenen und sich selbst regulierenden Plattform. Bislang können Nutzer bei YouTube Videos hochladen, ohne dass deren Inhalt kontrolliert wird. Anstößiges Material wird erst von Usern selbst gemeldet.

In der italienischen Politik gibt es bereits länger eine Diskussion über den Umgang mit dem Internet. Im vergangenen Jahr hatte ein christdemokratischer Senator ein Gesetz ins Gespräch gebracht, wonach italienische Internetanbieter innerhalb von 24 Stunden allen Nutzern im Land den Zugang zu Seiten wie Facebook sperren müssten, sollten dort kriminelle Aktivitäten verharmlost werden. Damals hatte eine Facebook-Gruppe dem Mafiapaten Bernardo Provenzano gehuldigt.

Vor einigen Tagen hatte sich die Kotroverse verschärft, als eine Facebook-Gruppe, in der Kinder mit Down-Syndrom verunglimpft wurden, etwa 1700 Mitglieder fand. Die Polizei ermittelt gegen den Gründer der Gruppe.

Wie schnell hat Google reagiert?

Das Verfahren gegen die vier Google-Mitarbeiter fand in deren Abwesenheit und hinter verschlossenen Türen statt. Die Staatsanwaltschaft hatte für zwei von ihnen ein Jahr Gefängnis gefordert, für die beiden anderen sechs Monate Haft.

Angestrengt wurde der Prozess von der Organisation Vivi Down, die sich für Menschen mit dem Down-Syndrom einsetzt. Vivi Down hatte die Staatsanwaltschaft eingeschaltet, nachdem das Schlägervideo veröffentlicht wurde - kurz bevor Google YouTube übernommen hatte.

Google Italien nahm die Aufnahmen schließlich aus dem Netz; strittig ist allerdings, wie schnell das Unternehmen auf Beschwerden reagiert hat, da das Video zwei Monate in der Kategorie "lustigste Videos" gelistet war und 5500 Aufrufe erzielte. Dank der Aufnahmen und der Kooperation Googles konnten die vier Jugendlichen, die den Schüler misshandelt hatten, schließlich identifiziert und verurteilt werden.

Der Konzern hatte bereits im Vorfeld erklärt, eine Verurteilung seiner Mitarbeiter nicht zu akzeptieren und notfalls vor den Europäischen Gerichtshof zu ziehen. Zu den Verurteilten gehören Google-Chefjurist David Drummond und der frühere Finanzchef George Reyes.

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