Süddeutsche Zeitung

Computerspiele:Iranische League-of-Legends-Fans verzweifeln an US-Sanktionen

  • US-amerikanischen Unternehmen können Strafzahlungen drohen, wenn sie mit Iran handeln. Das könnte auch Spielehersteller treffen, selbst wenn es in ihren Games nur um Mikrotransaktionen im Centbereich geht
  • Da Syrien ein verbündeter Irans ist, ist das Strategiespiel auch dort gesperrt.

Von Jacqueline Lang

Die virtuellen Waffen schweigen, und die Verzweiflung ist groß. "Ich bin heute Morgen aufgewacht und kann nicht mehr spielen", schrieb ein iranischer Zocker am Samstag in ein Forum. Er sei schockiert. Andere Gamer gingen so weit zu erklären, ihr Leben habe keinen Sinn mehr ohne dieses Spiel. Donald Trump hat es vermutlich nicht auf Computerspieler abgesehen, doch die US-Sanktionen verursachen Kollateralschäden. Sie treffen auch Irans Gamer-Szene. Genauer: Menschen, die League of Legends (LoL) spielen.

Das kostenlose Actionstrategiespiel hat monatlich bis zu 100 Millionen aktive User und ist damit eines der beliebtesten Spiele der Welt. Mindestens zwei Teams kämpfen in Echtzeit mit ihren Helden-Einheiten gegeneinander. Ziel ist es, die gegnerische Festung, genannt Nexus, zu zerstören. Wer den Gegner tötet, erhält Erfahrungspunkte, so verbessert man seine Einheiten. Spieler aus Iran sind derzeit aber ausgesperrt. Auch Syrien als Verbündeter Irans steht auf der schwarzen Liste.

Die US-Sanktionen untersagen heimischen Unternehmen den Handel mit Iran. Ob darunter auch Spiele wie League of Legends fallen, ist Interpretationssache. Spieler bezahlen für die Spiel-Währung und andere Extras Geld, wenn auch teilweise Beträge im einstelligen Centbereich. Nach der strengen Auffassung sind solche sogenannten Mikrotransaktionen auch eine Form von Handel - und der ist eben verboten. Halten sich die Unternehmen nicht daran, drohen Strafzahlungen. "Unsere Interpretation der US-Sanktionen ist, dass jeder Zugang zu unserem Spiel als Verstoß gegen diese gewertet werden kann, unabhängig davon, ob eine monetäre Transaktion stattgefunden hat oder nicht", erklärt Hersteller Riot Games auf Nachfrage. Gängige Praxis sei das für Iran und Syrien, und schon länger für Nordkorea, die Krim und Kuba.

Die Sperrung Ende vergangener Woche sei allerdings keine direkt Reaktion auf die erneuten Spannungen zwischen den Ländern, in deren Verlauf Trump einen Militärschlag anordnete und die Armee dann doch wieder zurückpfiff. Zufällig sei zu diesem Zeitpunkt eine "technische Lösung" für die Sperre fertig geworden, heißt es von Riot Games.

Viele iranische Gamer verstehen nicht, warum sie betroffen sind

Nun ist die Welt von LoL für viele weit mehr als ein Spiel, wie einige der Posts in den Internetforen deutlich machen. "Danke, dass ihr mein trostloses Leben noch trostloser gemacht habt", schreibt ein verbitterter User. In vielen Foreneinträgen stellen sich Gamer die Frage, warum Zivilisten wie sie zu Opfern der Streitigkeiten zwischen den USA und Iran werden: "Warum sind iranische Spieler gesperrt? Das ist ein Kampf zwischen den Regierungen, nicht zwischen den Menschen." Einige wollen ihr Geld zurück , weil sie die damit gekauften Gegenstände ohne Zugang zu ihren Accounts nicht mehr nutzen können.

Irans League-of-Legends-Fans sind nicht die erste Gamer-Community im Land, die es trifft: Der Hersteller Epic Games, der unter anderem das ebenfalls beliebte Shooter-Spiel Fortnite verantwortlich ist, bietet seine Spiele laut Website ebenfalls nicht in Iran an.

Allerdings gibt es für manche politischen Probleme technische Lösungen. Jeder einigermaßen informierte Gamer weiß, wie er das Verbot umgehen kann: mit einem VPN-Tunnel, über den er sich mit einer IP-Adresse einloggen kann, die auf ein anderes Land verweist. Dann greifen auch keine Sanktionen. Das Problem an diesem Umweg: Die Verbindung ist mit einem schlecht eingestellten VPN langsam, der Kampf gegen einen Spieler, der keinen Tunnel nutzt, kaum zu gewinnen. Da hilft es wenig, dass Riot Games versichert, man freue sich, alle iranischen Spieler dann wieder begrüßen zu dürfen, wenn die Sanktionen aufgehoben werden. Niemand kann zum jetzigen Zeitpunkt absehen, wann und ob es dazu kommt.

Ein Gamer hat deshalb noch eine bessere Idee: Man solle die amerikanischen und iranischen Machthaber in einen Raum sperren und sie das mit Computerspielen regeln lassen: "Hauptsache die nerven die Welt nicht mehr mit ihren Drohungen und Konflikten."

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