iPhone-Ortungsdaten:Schwaches Jobs-Dementi bringt Apple unter Druck

Apple-Gründer Steve Jobs streitet in einer E-Mail an einen Kunden ab, dass das Unternehmen die Standortdaten seiner Nutzer ausspionieren will. Doch neue Tests bringen sein Unternehmen tiefer in Bedrängnis.

Fünf Tage nach Beginn der "Geodaten-Affäre" meldet sich nun Steve Jobs persönlich zu Wort - wenn auch nur mit wenigen Worten: In einer E-Mail an einen Kunden dementiert er internationale Vorwürfe, der Konzern würde seine Nutzer ausspionieren. "Wir überwachen niemanden", erklärte er in einer nicht verifizierten E-Mail, die das Apple-Portal MacRumors veröffentlichte. Die Informationen, die derzeit im Umlauf sind, seien schlichtweg falsch, schrieb Jobs einem wütenden iPhone-Nutzer.

File photo of Apple Inc. CEO Steve Jobs during an Apple event in San Francisco

Ein E-Mail-Dementi dürfte nicht genug sein: Apple-Gründer Steve Jobs.

(Foto: REUTERS)

Apple wurde international kritisiert, nachdem die zwei IT-Experten Alasdair Allan und Pete Warden auf einer Fachkonferenz publik gemacht hatten, dass mobile Apple-Geräte ab Betriebsversion iOS 4 die Ortungsdaten ihrer Nutzer abspeichern und sie dann in einer versteckten Datei auf dem Computer ablegen.

Obwohl die Daten nicht an Apple versendet werden, sind Datenschützer darüber beunruhigt, dass die Daten unbegrenzt und in einem unverschlüsselten Format abgespeichert werden. Somit könnten die Ortungsdaten mit einer entsprechenden Software ausgewertet werden.

Doch das ist offenbar nicht das einzige Problem: Bei einem Test des Wall Street Journals stellte sich heraus, dass das iPhone auch Daten speichert, wenn entsprechende Lokalisierungsfunktionen wie GPS und Wlan-Ortsmarkierung abgeschaltet sind.

Dies würde letztlich die These der IT-Experten bestätigen, dass das Gerät die Koordinaten über die Position der Mobilfunkmasten feststellt. Im Umkehrschluss allerdings bedeutet das auch: Über die Abschaltung der Ortungsfunktionen haben iPhone-Besitzer keine Möglichkeit, die Speicherung der Ortsdaten zu verhindern.

Jobs: Angriff auf Google

Statt detailliert auf solche Datenschutz-Fragen einzugehen, erhob Apple-Gründer Jobs in seiner E-Mail-Antwort den Vorwurf gegen Google, mit seinem Betriebssystem Android ebenfalls Standortdaten zu sammeln. Der zitierte Kunde hatte erwogen, auf das Google-Betriebssystem Android umzusteigen, weil dieses "mich nicht überwacht". Jobs' Antwort: "Doch, sie tun es."

Dem widerspricht Google: Android-Handys speicherten Ortsdaten nur, wenn der Nutzer hierfür vorher die Einwilligung gegeben hätten, erklärte das Unternehmen. Zudem sichere das System einzig die letzten 50 Mobilfunkmasten und 200 WiFi-Netzwerke, die das Handy anpeilt. Die Daten würden anonym an die Firmenserver gesendet und seien keinem Handynutzer zuordenbar. Auch Smartphones mit dem Microsoft-Betriebssystem Windows Phone 7 speichern nach einem Bericht des Branchendienstes Cnet Standortdaten, allerdings laut Angabe des Unternehmens nicht direkt auf dem Gerät.

Apple wird sich deshalb deutlich mehr als einen Zweizeiler ihres Firmenchefs einfallen lassen müssen, zumal Datenschützer weltweit Aufklärung verlangen und rechtliche Schritte ins Auge fassen. In den USA haben nach einem Bericht der US-Nachrichtenagentur Bloomberg bereits zwei Nutzer Sammelklage gegen Apple eingereicht.

Offen für Interpretationen

Die Plattform MacRumors kritisiert den Unternehmensgründer folgerichtig für das knappe Statement. "Wie man es von Jobs gewöhnt ist, bieten seine Kommentare wenige Details oder Informationen, um seine Angaben zu untermauern. Seine Vagheit lässt die Dinge offen für Interpretationen", heißt es auf dem Apple-Portal.

Das PR-Desaster trifft Apple hart, nachdem der Konzern Mitte vergangener Woche noch auf einer Erfolgswelle ritt: Apple veröffentlichte Unternehmensergebnisse, nach denen der Elektronikhersteller den Absatz seines iPhones im vergangenen Quartal mehr als verdoppeln konnte. Der Gewinn lag mit knapp sechs Milliarden Dollar deutlich über den Markterwartungen.

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