Süddeutsche Zeitung

iPhone 6s, Galaxy S7, Huawei P9:Handys: Das können die neuen Spitzengeräte

Zwei Linsen, Zusatz-Module, Wechsel-Akku: Wie sich die teuersten Smartphones von Apple, Samsung und Huawei unterscheiden.

Von Helmut Martin-Jung

Wie schnell das doch gehen kann: Als vor neun Jahren das erste iPhone auf den Markt kam, waren die teuren Handys designed in California ein echtes Statussymbol. Heute ist es schon eher eine Frage der Gewohnheit, ob man lieber ein Smartphone von Apple oder eines der vielen Konkurrenten nutzt, die nahezu ausschließlich auf Googles Android-System setzen. Die Unterschiede sind nur noch gering - sowohl unter den aktuellen Spitzenmodellen wie auch zu deren jeweiligen Vorgängermodellen. Das zeigen auch die Verkaufszahlen: Der Markt wird Prognosen des Beratungsunternehmens Gartner zufolge 2016 nur um sieben Prozent wachsen. 2010 waren es noch 73 Prozent.

Als sich im Februar in Barcelona die Mobilfunkbranche zu ihrem wichtigsten Treffen versammelte, dem Mobile World Congress, erregten vor allem zwei Firmen Aufsehen: Samsung überraschte mit der Kooperation mit Facebook, zeigte im Galaxy S 7 aber ein eher evolutionär verändertes Spitzenmodell. LG dagegen, wie Samsung aus Südkorea, hatte eine kleine Sensation im Gepäck: Ihr G5 ist zwar kein völlig modulares Smartphone, aber immerhin erlaubt es über eine Schnittstelle, nicht nur den Akku zu wechseln, sondern auch verschiedene Zusatzmodule anzukoppeln, so etwa eines mit einem hochwertigen Kopfhörerverstärker. Huawei, ein mittlerweile auch in Europa gut vertretener Hersteller aus China, versucht mit einer besonderen Kamera aus zwei Linsen und zwei Sensoren zu punkten, für die man sogar den Namen Leica eingekauft hat.

Qualität des Gesamtpakets

Doch was bringt der Aufwand in der Praxis? Zunächst einmal einen höheren empfohlenen Verkaufspreis. Ein richtiges Schnäppchen macht man daher nicht, wenn man sich die neuen Handys kurz nach dem Erscheinen zulegt. Erfahrungsgemäß können vor allem die Hersteller der Android-Geräte den Preis nicht allzu lange hoch halten. Besonders gilt das für solche, die keinen großen Namen haben.

Da viele Smartphone-Nutzer großen Wert auf eine gute Kamera legen, mag es sich aus Herstellersicht schon lohnen, die Fähigkeiten des eigenen Gerätes besonders herauszustellen. Am Ende aber zählt, was an Bildern herauskommt. Und da zeigen alle Tests das gleiche Ergebnis: Am besten schneiden die Kameras von Samsung und Apple ab. Entscheidend sind eben nicht technische Spielereien oder gar Protzerei mit hohen Megapixel-Zahlen, sondern die Qualität des Gesamtpaketes aus Optik, Sensor und Software. Wobei die Software von Android-Geräten meist mehr Einstell-Möglichkeiten bietet als die doch sehr spartanische von Apple. Diese allerdings liefert in vielen Fällen gute Bilder.

Apropos Software: Würden alle Hersteller Android so nehmen, wie sie es von Google bekommen, hätten sie noch weniger Möglichkeiten, sich zu differenzieren als ohnehin schon. Sie legen daher fast alle eine eigene Oberfläche über das ursprüngliche Android. Manche Hersteller - zum Beispiel Huawei - greifen sogar sehr tief ins System ein.

Auch hier lässt sich wieder fragen: Was bringt's? Leider in vielen Fällen nichts - und wenn es dabei bleibt, hat man sogar noch Glück. Denn manche der Eingriffe sind auch einfach nur missraten, unnötig verschnörkelt oder liefern ein weiteres Mal, was Android ohnehin schon bietet.

In jedem Fall bewirkt es eines: Bis diese tief greifenden Änderungen in neue Android-Versionen eingearbeitet sind, dauert es lange. Daher erhalten Kunden von Hersteller, die stark in Android eingreifen, meist sehr spät und nur eine vergleichsweise kurze Zeit lang Updates für ihr Gerät. Und das, obwohl mit den Android-Updates nicht selten gravierende Sicherheitslöcher beseitigt werden oder wichtige neue Funktionen nachgereicht werden. Das führt dann dazu, dass neue Handys mit veralteten Android-Versionen auf den Markt kommen. Besonders betroffen sind davon aber weniger die Spitzenmodelle als vielmehr die Einsteiger- und die Mittelklasse.

Wo aber liegen eigentlich die Unterschiede zwischen Handys, die 300 bis 400 Euro kosten, und solchen, für die 600 oder sogar 1000 Euro fällig werden? Es ist wie überall: Geht es ans Ende des Leistungsspektrums, steigt der Aufwand immer mehr an, mit dem sich noch eine Steigerung erzielen lässt. So arg viel besser als ein 300-Euro-Gerät ist also eines der Spitzenklasse gar nicht. Unterschiede gibt es in der Regel beim Bildschirm (Helligkeit, Schärfe), bei Hauptprozessor und Speicher, bei der Grafikeinheit und - besonders auffallend - bei der Kamera.

Das Modell vom Vorjahr

Wer seine Kompaktknipse also zu Hause lassen, aber trotzdem gute Fotos machen möchte, sollte doch lieber zu einem der teuren Geräte greifen. Vor allem gilt das, wenn auch bei wenig Licht noch ansehnliche Bilder entstehen sollen. Mit nur wenigen Abstrichen, aber erheblich geringer strapazierten Budget kommt davon, wer sich für ein Vorjahresmodell entscheidet. Das iPhone 6 fotografiert auch extrem gut, auch die Kamera von Samsungs Galaxy S 6 ist hervorragend.

Wer partout aufs Beste aus ist, was derzeit zu haben ist, wird mit großer Wahrscheinlichkeit bei Samsungs S7 oder Apples iPhone 6s landen. Wer besonders auf ein gutes Preis-Leistungsverhältnis guckt, wird eher bei Herstellern wie Huawei fündig. Ein krasser Missgriff aber kann einem heute kaum noch passieren, wenn man um die 300 bis 400 Euro ausgibt. Solide Mittelklasse gibt es dafür allemal - oder eben das Super-Handy vom vergangenen Jahr.

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Quelle:
SZ vom 08.06.2016/mri
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