Internetrecht-Serie, Teil 1:Stolperfallen im Netz

E-Mails, Surfen, die eigene Homepage: Wer viel im Internet unterwegs ist, kann in einige juristische Fallen geraten. Wir geben Tipps, wie das nicht passiert.

Mirjam Hauck

Private E-Mails vom Firmenkonto

Die Einladung zum Fondueessen an Silvester oder die kurze Nachfrage zum Gesundheitszustand des Freundes: Viele Arbeitnehmer schreiben vom beruflichen E-Mail-Konto private Nachrichten. Sie gehen davon aus, dass, wenn der Arbeitgeber das nicht grundsätzlich verbiete, dies auch erlaubt sei. Und im Prinzip haben sie recht, dabei handelt es sich um die sogenannte stillschweigende Duldung oder eine betriebliche Übung. Akzeptiert der Arbeitgeber die private Nutzung des Firmen-Accounts leitet sich daraus ein arbeitsvertraglich gewährtes Recht der Arbeitnehmer ab.

Verbietet eine Firma das Schreiben privater Mails in einer Betriebsvereinbarung, darf sie dies stichprobenartig kontrollieren. Unterlässt sie es jedoch, wird dieses Vorgehen so eingestuft, als würde es keine Verbotsregelung geben.

Anders sieht es allerdings mit dem exzessiven Schreiben privater Mails aus. Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen hat beispielsweise die fristlose Kündigung eines langjährigen Mitarbeiters bestätigt. Dieser hatte über einen Zeitraum von mehr als sieben Wochen täglich mehrere Stunden mit dem Beantworten privater E-Mails verbracht (Az.: 12 Sa 875/09).

Surfen am Arbeitsplatz

Surfen am Arbeitsplatz

Mal eben den Kontostand abfragen, die Auktion bei Ebay verfolgen oder mit Freunden bei Facebook chatten: In einigen Büros gilt die private Internetnutzung als normal. Doch die private Nutzung des Internets am Arbeitsplatz ist grundsätzlich verboten. Etwas anderes gelte nur, wenn sie ausdrücklich erlaubt oder offensichtlich geduldet werde, so die Rechtslage.

Aber selbst wenn die private Internetnutzung gestattet ist, heißt das keinesfalls, dass man während der Arbeit surfen kann. Laut Bundesarbeitsgericht verletzt der Arbeitnehmer bei einer privaten Internetnutzung während der Arbeitszeit seine Leistungspflicht: Der Arbeitnehmer hat sich durch seinen Arbeitsvertrag verpflichtet, während der Arbeitszeit zu arbeiten und keine privaten Dinge zu erledigen (Az.: 2 AZR 386/05).

Aber nicht jede private Internetnutzung führt automatisch zur Kündigung, der Arbeitgeber muss zunächst abmahnen. Dies gilt nach einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichtes Rheinland-Pfalz sogar, wenn der Mitarbeiter zuvor eine Erklärung unterschrieben hat, die jegliche private Internetnutzung unterbindet (Az.: 6 Sa 682/09). Bei schweren Verstößen kann allerdings fristlos gekündigt werden, etwa beim Herunterladen oder Versenden von pornographischem Material.

Entscheidend ist, wozu das Internet genutzt wird: Bei der einmaligen Abfrage des Kontostandes wird man davon ausgehen, dass dies von der Duldung des Arbeitgebers erfasst ist. Beim Chatten und Shoppen ist dies nicht der Fall.

E-Mail-Disclaimer

E-Mail-Disclaimer

Unter E-Mails findet sich häufig folgende Rechtsbelehrung:

"Diese E-Mail enthält vertrauliche Informationen. Wenn Sie nicht der richtige Adressat sind oder diese E-Mail irrtümlich erhalten haben, informieren Sie bitte sofort den Absender und vernichten Sie diese Mail. Das unerlaubte Kopieren sowie die Weitergabe dieser Mail ist nicht gestattet."

Wie den täglichen Spam, sollte man auch solche Disclaimer einfach ignorieren. Denn wer eine fehlgeleitete E-Mail erhält und in keinerlei vertraglicher Beziehung zum Empfänger steht, ist nicht verpflichtet, die Mail zu löschen oder gar den Absender zu informieren.

Der Disclaimer suggeriert die Geltung des Briefgeheimnisses, allerdings greift es bei herkömmlichen, unverschlüsselten E-Mails nicht: Paragraph 202 des Strafgesetzbuches verbietet es nur, verschlossene Briefe oder Schriftstücke zu öffnen oder zu lesen, die nicht für einen bestimmt sind. Für versendete Daten gilt dies nicht.

Auch wenn es eine allgemeine Verschwiegenheitspflicht nicht gibt: Vertrauliche E-Mails einfach weiterzuleiten oder im Internet zu veröffentlichen, ist dennoch nicht ratsam. Dies dürfte in den meisten Fällen die Persönlichkeitsrechte des Verfassers verletzen.

Link-Disclaimer

Link-Disclaimer

Meist steht es so oder ähnlich auf der Website:

"Mit dem Urteil vom 12. Mai 1998 hat das Landgericht Hamburg entschieden, dass man durch die Anbringung eines Links die Inhalte der gelinkten Seiten gegebenenfalls mit zu verantworten hat. Dies kann nur dadurch verhindert werden, dass man sich ausdrücklich von diesem Inhalt distanziert. Für alle Links auf dieser Homepage gilt: Ich distanziere mich hiermit ausdrücklich von allen Inhalten aller verlinkten Seitenadressen auf meiner Homepage und mache mir diese Inhalte nicht zu eigen."

Mit dem sogenannten Link-Disclaimer wollen sich viele Homepagebetreiber absichern, dass sie für Links nicht haftbar gemacht werden können. Doch das funktioniert mit diesem Disclaimer auf keinen Fall. In dem vielzitierten Urteil des Hamburger Landgerichts ist nämlich genau das Gegenteil nachzulesen, eine Distanzierung von fremden Inhalten, im Urteil "Haftungsfreizeichnungsklausel", reicht eben nicht aus, um sich nicht strafbar zu machen.

Im Urteil von 1998 heißt es: "Der Beklagte hat dadurch, daß er einen sog. Link auf die Webpage - Anl. JS 2 - in seiner Homepage aufgenommen hat, die auf der Anl. JS 2 befindlichen ehrverletzenden sowie beleidigenden Tatsachenbehauptungen als auch Meinungsäußerungen zu seinen eigenen gemacht. (...) Hinsichtlich des klagweise weiterverfolgten Schadensersatzanspruchs ist auszuführen, daß entgegen der Auffassung des Beklagten die Aufnahme des Link weder von der 'Haftungsfreizeichnungsklausel' - so sie denn am 17.2. 1998 überhaupt aufgenommen gewesen ist - noch von dem ohnehin erst im nachhinein erstellten sog. 'Markt der Meinungen' gerechtfertigt wird."

Das zitierte Urteil wurde allerdings sowieso nie rechtskräftig, da sich in der nächsthöheren Instanz - vor dem Oberlandesgericht Hamburg - die Gegner auf einen Vergleich einigten.

Für das Problem der Linkhaftung gilt deshalb das Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahre 2004 (Az: I ZR 317/01): Der Betreiber einer Website muss demnach für bewusst verlinkte, fremde Inhalte einstehen wie für die eigenen Inhalte seiner Webseite.

Wer also beispielsweise auf herunterladbares urheberrechtlich geschütztes Material verlinkt, um anderen den Download zu ermöglichen, muss mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen.

Fotos auf der Firmen-Homepage

Fotos auf der Firmen-Homepage

Mittlerweile haben die meisten Unternehmen eine Homepage und gerne garnieren sie diese mit Fotos der eigenen Mitarbeiter. Doch ist das immer zulässig? Ist der Mitarbeiter einer Firma dagegen, ist die Sache eindeutig: Er hat das gesetzlich geregelte "Recht am eigenen Bild". Möchte ein Mitarbeiter nicht, dass sein Foto auf der Firmenwebsite gezeigt wird, darf es nicht veröffentlicht werden.

Anders liegt der Fall, wenn ein Mitarbeiter zwar einmal der Veröffentlichung seiner Fotos im Internet zugestimmt hat, aber mittlerweile nicht mehr im Unternehmen tätig ist. So verklagte ein Mann seinen ehemaligen Arbeitgeber auf Schadensersatz, weil dieser auch nach dessen Weggang Fotos des Arbeitnehmers auf der Website zeigte. Das Landesarbeitsgericht in Köln (Az: 7 Ta 126/09) wies die Klage ab, da er ja bereits einmal die Einwilligung zur Veröffentlichung erteilt habe.

Wer also nach seinem Ausscheiden nicht mehr auf der Homepage seines Ex-Arbeitgebers auftauchen will, sollte - wenn er auf der sicheren Seite sein will - der Veröffentlichung seiner Fotos gar nicht erst zustimmen.

Anmerkung der Redaktion: Bei den Tipps handelt es sich nicht um rechtsverbindliche Auskünfte.

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