Süddeutsche Zeitung

Internet unterwegs:So finden Sie in Deutschland kostenloses Wlan

Digitales Entwicklungsland Deutschland: An öffentlichen Plätzen kostenlos ins Internet zu kommen, ist hier verdammt schwierig. Kann man dagegen wirklich nichts tun?

Von Varinia Bernau und Helmut Martin-Jung

Dass Deutschland in manchen Dingen eher ein Entwicklungsland ist, merkt man, wenn ausländische Touristen ratlos auf ihrem Smartphone wischen und einen schließlich fragen, wie sie bitteschön ins Internet kommen. Dann steht man also vor der Aufgabe, ihnen das sonderbare deutsche Wort "Störerhaftung" beizubringen - und die ebenso sonderbare Rechtslage, die sich dahinter verbirgt (siehe Artikel zur Störerhaftung).

Die Regelung gilt als wesentlicher Grund dafür, dass in Deutschland noch immer die Ausnahme ist, was in vielen Ländern Alltag ist: Hierzulande gibt es nur wenige frei zugängliche Wlans, um per Smartphone, Tablet oder Laptop ins Netz zu gehen. Rein statistisch stehen in Deutschland 10 000 Einwohnern gerade mal zwei Hotspots zur Verfügung. In Frankreich sind es fünf, in Schweden fast zehn, in Großbritannien sogar 28. So hat es der Verband der deutschen Internetwirtschaft Ende vergangenen Jahres errechnet.

Immerhin: Es tut sich etwas. So bauen beispielsweise mehr und mehr Kommunen öffentliche Wlans auf. Bremen beispielsweise nutzt das Geld, das im Zuge der im Frühjahr versteigerten Frequenzauktion auch an die Länder geflossen ist, um an 20 öffentlichen Orten einen kostenlosen Zugang ins Netz einzurichten. Berlin hat solch ein Angebot für Herbst nächsten Jahres versprochen. Und in München kann man bereits an 15 öffentlichen Plätzen kostenlos im Netz surfen.

Netzbetreiber bieten Hotspots an - allerdings nicht kostenlos

Mitunter ist das allerdings eine ziemlich wackelige Angelegenheit: Ähnlich wie auch bei den Mobilfunknetzen, die das Smartphone nutzen, um online zu gehen, steht und fällt die Qualität eines Wlans mit der Frage, wie viele Leute dort gerade unterwegs sind - und was sie in dem Netz treiben. Je mehr Menschen darauf zugreifen und je mehr Daten sie dort hin- und herschicken, desto eher gerät bei jedem einzelnen das Youtube-Video ins Stocken.

Neben den Kommunen oder Hotels, die ihren Gästen den Zugang zum Netz mit dem Zimmerschlüssel reichen, sind es vor allem die Netzbetreiber, die solche Hotspots eingerichtet haben. So betreibt beispielsweise die Deutsche Telekom 20 000 solcher Hotspots an öffentlichen Plätzen oder in Einkaufszentren - sowie an Flughäfen, zu denen die kleineren Konkurrenten keinen Zugang haben. Wer bei dem Bonner Konzern einen Mobilfunkvertrag hat, kann auf diese Wlans zumeist kostenlos zugreifen. Alle anderen müssen sich einen Tages-, Wochen- oder Monatspass kaufen.

Ähnlich handhabt es auch Vodafone mit etwa 4000 öffentlichen Hotspots: Den Weg zu den Funkstation weist eine App. 30 Minuten lang kann man dort kostenlos surfen und für mehr Zeit eine Flatrate buchen. In Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen, dem Revier des Kabelnetzbetreibers Unitymedia, bietet dieser in Fußgängerzonen oder öffentlichen Einrichtungen kostenlose Wlan-Stationen.

Außerdem werben sowohl die Telekom als auch Vodafone dafür, dass jeder seinen Internetanschluss zu Hause auch denen zur Verfügung stellt, die in der Nähe in einem Straßencafé sitzen und mit ihrem Laptop ins Netz gehen wollen. Wer sein Netz für andere zur Verfügung stellt, darf im Gegenzug, wenn er selbst einmal anderswo mit dem Laptop im Straßencafé sitzt, bei anderen mitsurfen - ohne dafür extra zu zahlen.

Bei der Telekom, die ihren Dienst "Wlan to go" nennt, hat man hierzulande Zugriff auf 800 000 solcher Anschlüsse, weltweit auf etwa 17,5 Millionen. Bei Vodafone, wo der Dienst Homespot heißt, sind es fast eine Million verfügbare Hotspots - allerdings nur in den 13 Bundesländern, über die der von Vodafone geschluckte Kabelnetzbetreiber Kabel Deutschland anstatt Unitymedia herrscht. Der Datenverkehr der mitsurfenden Gäste wird übrigens von dem eigenen technisch getrennt. So versprechen die Anbieter, dass die eigene Surfgeschwindigkeit nicht ins Stocken gerät - und man auch nicht für das haftet, was jemand anderes da im Netz treibt.

50 Millionen iPass-Hotspots weltweit

Vorsicht ist dennoch geboten: Weniger gegenüber denen, die ihren Internetanschluss zur Verfügung stellen - als bei jenen, die sozusagen im Gästebereich unterwegs sind. Dort, so warnen Sicherheitsexperten, sollte man so sorgsam mit sensiblen Daten umgehen wie auch in allen anderen öffentlichen Netzen. Die Erledigung von Bankgeschäften beispielsweise ist dort tabu. Außerdem sollte man sichergehen, dass man seinen Laptop, aber auch sein Smartphone mit einem Virenschutz für Angreifer gut abschirmt.

Und wer ohnehin viel unterwegs ist, für den knüpfen Anbieter wie der weltweit operierende Service iPass oder der europäische Konkurrent The Cloud ein stetig wachsendes, virtuelles Netz aus Zugangspunkten, die jeweils mit ein und denselben Zugangsdaten genutzt werden können. iPass brüstet sich mit einem Netz aus 50 Millionen Hotspots weltweit, The Cloud bringt es nach eigenen Angaben auf mehr als 45 000 Hotspots in gut 30 Ländern. Diese Anbieter betreiben die Zugangspunkte nicht selbst, sondern schließen Abkommen mit den Betreibern, wie etwa der Deutschen Telekom oder den Kabelnetzfirmen. Die Kunden der Dienste können dann gegen eine Nutzungsgebühr an allen diesen Hotspots online gehen.

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SZ vom 21.10.2015/mahu
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