Internet-Forschung in Berlin:Google-Institut nimmt Formen an

Zehn Mitarbeiter werden künftig am Berliner Internet-Institut die Auswirkungen der modernen Technologien auf die Gesellschaft erforschen. Finanziell wird das Projekt dabei mit einem Millionenbetrag von Google unterstützt. Auf die Forschung soll das aber keinen Einfluss haben.

Ab Herbst soll das "Institut für Internet und Gesellschaft" das weltweite Netz und seine Folgen erforschen. Die Humboldt-Universität (HU), die Universität der Künste und das Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) erklärten nun Details des Projekts, das mit 4,5 Millionen Euro vom Suchmaschinengiganten Google finanziert wird.

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An der Berliner Humboldt-Universität wird das "Institut für Internet und Gesellschaft" eingerichtet.

(Foto: ddp)

Zunächst auf drei Jahre begrenzt, doch werde sich der US-Konzern auch darüber hinaus engagieren, wenn es die wirtschaftliche Lage zulasse, sagte Google-Lobbyist Max Senges. In dieser Zeit wolle man aber auch weitere Förderer aquirieren.

Trotz dieser finanziellen Unterstützung soll die neue Einrichtung organisatorisch und inhaltlich autonom arbeiten, betonten die Forscher. Das soll die Aufteilung in eine Forschungs- und eine Fördergesellschaft gewährleisten.

Der Vorstandsvorsitzende von Google, Eric Schmidt, sagte in einer Videobotschaft: "Das Institut soll einen Beitrag leisten, um die Veränderungen zu beschreiben, die mit der Entwicklung dieser bahnbrechenden Technologie verbunden sind." Konkrete Wünsche äußerte er in der knappen Aufzeichnung jedoch nicht.

Los geht es im Oktober mit einer Fachtagung zu den Herausforderungen des Internets. Das neue Institut werde vor allem "die vom Internet ausgelösten und verstärkten Veränderungen der Gesellschaft besser verstehen" und "allen Gruppen die Mitgestaltung der digitalen vernetzten Zukunft" ermöglichen.

Politische Spielregeln für das Internet

Vier Themengebiete sollen erforscht werden: Internet-basierte Innovationen, Regulierung, die Wirkung des Internets auf Recht und Verfassung sowie Medienpolitik. Das Institut wird an der juristischen Fakultät der HU sitzen und anfangs etwa zehn Mitarbeiter beschäftigen. Einen Zugriff auf die Datenbanken von Google hätten die Forscher allerdings nicht, wie es hieß.

Konkret schwebt den Forschern vor, die Plattform "Regulation-Watch" zu starten, um die politischen Spielregeln für das Internet einem internationalen Vergleich zu unterziehen. Auch die Folgen, die eine Zensur in Ländern wie China für die jeweiligen Angebote habe, werde erforscht. Google hat selbst Probleme, mit seinen Angeboten in den chinesischen Markt vorzustoßen. Der Konzern wehrt sich gegen Zensur.

Googles Interessen

Schmidt hatte das Institut im Frühjahr bei einem Besuch der HU selbst angekündigt. Google-Vertreter Max Senges bezeichnete den Forschungsstandort Berlin bei der Präsentation als "Spitzenklasse". Doch welche Ziele verfolgt der US-Konzern mit seiner großzügigen Förderung?

Google foerdert neues Berliner Institut mit 4,5 Millionen Euro

Google-Chef Eric Schmidt äußerte sich in einer Videobotschaft zur Gründung des Internet-Instituts.

(Foto: dapd)

"Das Interesse von Google ist, möglichst viel über die Konsequenzen dieser weltweiten Vernetzung der Information herauszufinden", sagte HU-Präsident Jan-Hendrik Olbertz. Es gehe darum, die Möglichkeiten auszuloten, "wie wir das Internet verantwortungsvoll nutzen können". Dabei werde über die Grenzen der üblichen Fachbereiche hinweg gearbeitet.

Informatiker, Soziologen, Wirtschaftswissenschaftler und auch Juristen würden Theorien und Modelle gemeinsam erarbeiten. Auf diesen "Dialog der Wissenschaften" werde "großen Wert" gelegt. Die Beteiligten beteuerten, dass Google seiner millionenschweren Förderung zum Trotz keinen Einfluss auf die wissenschaftliche Arbeit nehmen werde.

"Google stellt für seine 1,5 Millionen Euro pro Jahr keinerlei Bedingungen", sagte WZB-Präsidentin Jutta Allmendinger. Olbertz betonte: "Es wäre ein Missverständnis, wenn jemand annähme, dass Google damit ein Forschungsinstitut bekommt." Google fördere die Einrichtung allein, habe aber keinen Zugriff.

Keine Produktschmiede

Google war in Deutschland in den vergangenen Jahren wiederholt in die Kritik geraten. Die Kamerafahrten für seinen interaktiven Atlas "Street View" durch deutsche Städte rief mehrfach Datenschützer auf den Plan. Auch die Personalisierung der Werbung, mit der Google im Wesentlichen sein Geld verdient, beschäftigt immer wieder Kritiker.

Google-Vertreter Senges sagte dazu: "Dieses Institut wird sich kritisch-konstruktiv mit diesen Fragen auseinandersetzen." Dies könne letztlich durchaus dabei helfen, auch die eigenen Produkte zu verbessern. Das Institut folge allerdings "einem humanistischen Ansatz" und sei keine Produktschmiede für seinen Geldgeber.

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