Internet:Der Routerzwang endet - was Internetnutzer jetzt wissen müssen

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Aus der Wand kommt das Internet per DSL-Kabel in den Wlan-Router, mit dem sich Endgeräte drahtlos verbinden.

(Foto: Frank Rumpenhorst/dpa)
  • Nutzer können vom 1. August an ihren Router für den Festnetz-Internetanschluss frei wählen. Internetanbieter müssen ihren Kunden die Zugangsdaten mitteilen.
  • Bisher haben manche Internetanbieter ihren Kunden bestimmte Router vorgeschrieben. Das dürfen sie jetzt nicht mehr: Wer einen neuen Vertrag abschließt, muss einen eigenen Router verwenden können.
  • Für Kunden mit bestehenden Verträge ist die Regelung aber nicht eindeutig.

Von Jessica Binsch

Kommenden Montag ist Unabhängigkeitstag für Internetnutzer. Wer zu Hause Internet hat, kann vom 1. August an frei entscheiden, welchen Router er für die Einwahl ins Netz verwendet. Bisher konnten Internetanbieter das ihren Kunden vorschreiben. Über den Router läuft der gesamte Internetverkehr eines Anschlusses: Wlan, IP-Telefonie oder TV-Streaming.

Was ändert sich für Internetnutzer?

Sie können nun einen Router kaufen, der ihren Vorstellungen entspricht. Besonders Kabelanbieter legten oft den Einsatz ihrer eigenen Geräte fest. Das sei technisch notwendig, hieß es zur Begründung. Die Anbieter könnten nur so sicherstellen, dass die Router korrekt ans Netz angebunden werden, Kunden die gebuchten Leistungen auch zugewiesen bekommen. Für die Wartung müssen Anbieter bei einheitlichen Routern weniger Fragen klären, als wenn bei jedem Kunden ein anderes Gerät zu Hause blinkt.

Doch solange Router die technischen Voraussetzungen für die Netze erfüllen, können Kunden nun auch eigene Geräte einsetzen. Zugangsdaten, also Nutzername und Passwort, erhalten die Kunden künftig vom Anbieter und tragen sie beim Einrichten des Routers über ihren Computer ein. Bei einigen Anbietern müssen sie die Seriennummer und MAC-Adresse ihres Routers telefonisch durchgeben, um ihn freizuschalten.

Warum soll das besser sein?

Die Änderung soll zu mehr Wahlfreiheit und Wettbewerb unter den Herstellern führen. "Verbraucher sind nicht mehr darauf angewiesen, ein Gerät zur Verfügung gestellt zu bekommen", sagt Carola Elbrecht vom Bundesverband der Verbraucherzentralen.

Denn nicht alle Nutzer waren mit den vorgegebenen Routern zufrieden. "Es waren oft Geräte, die technisch schlecht umgesetzt waren und kaum Sicherheitsfunktionen hatten", sagt Max Mehl von der Free Software Foundation Europe, der sich für ein Ende des Routerzwangs eingesetzt hat.

Internetanbieter hätten Sicherheits-Updates der Hersteller oft nicht sofort eingespielt. Und nicht alle Router erfüllten alle Funktionen, die Kunden gerne hätten. "Gewisse Telefone oder Fernseher konnten nicht an die vorgegebenen Router angeschlossen werden, weil diese bestimmte Funktionen nicht hatten." Nun haben Nutzer laut Mehl mehr Kontrolle über das eigene Netzwerk.

Wer von Vertragsbeginn an einen eigenen Router verwendet, muss außerdem keine laufenden Mietkosten für ein Leihgerät zahlen, wie es heute bei einigen Verträgen der Fall ist.

Wie sieht es bei Kunden aus, die schon einen Vertrag haben?

Im Gesetz ist das nicht eindeutig geregelt. Dort heißt es, dass die Internetanbieter ihren Kunden die nötigen Zugangsdaten "unaufgefordert und kostenfrei bei Vertragsschluss zur Verfügung zu stellen" haben. Eine Regel für bestehende Verträge steht dort nicht ausdrücklich.

Es sieht aber so aus, als ob auch Kunden mit bestehendem Vertrag ihren eigenen Router anschließen können, wenn sie das wollen. Sie müssen allerdings die Zugangsdaten selbst beim Anbieter erfragen. "Wir gehen davon aus, dass auch Bestandskunden die Zugangsdaten zur Verfügung gestellt bekommen", sagt Verbraucherschützerin Elbrecht.

Die Bundesnetzagentur erwartet ebenfalls, dass die Wahlmöglichkeit in der Praxis für alle Kunden umgesetzt wird. Die zuständige Behörde erklärt, sie "geht im Sinne einer verbraucherfreundlichen Umsetzung durch die Unternehmen davon aus, dass durch die Neuregelung Bestands- gegenüber Neukunden nicht benachteiligt werden."

Gibt es einen Unterschied zwischen Kabel- und DSL-Anbietern?

Bei vielen Internetanbietern können Kunden schon jetzt ihre eigenen Router benutzen. Gerade Kabelanbieter stellten sich allerdings lange quer. Sie argumentierten, dass die Geräte im Kabelnetz vom Anbieter direkt verwaltet werden. "Anders als im DSL-Netz werden die Endgeräte von uns zentral angesteuert und gewartet", sagt ein Sprecher des Kabelanbieters Unitymedia. Das sei einfacher, wenn die Router vom Internetanbieter zur Verfügung gestellt werden.

Andererseits basiert das Kabelnetz auf einem bestimmten Standard, den die Geräte erfüllen müssen. Solange der gegeben ist, sollten sie ohne Probleme am Netz laufen. Die Kabelbetreiber wollen bald genaue Spezifikationen veröffentlichen, damit Router-Hersteller ihre Geräte auf die Netze der einzelnen Anbieter abstimmen können.

Nach der jetzigen Regelung können alle Unitymedia-Kunden mit Verträgen seit 2013 ihre eigenen Geräte anschließen. Wie sie dabei vorgehen müssen, erklärt das Unternehmen auf seiner Webseite. Kabelanbieter Vodafone hat nach eigenen Angaben bereits begonnen, Neukunden die Zugangsdaten für den Router zur Verfügung zu stellen. Altkunden erhalten die Daten auf Anfrage, sagt ein Vodafone-Sprecher.

Worauf muss man achten, wenn man einen eigenen Router kauft?

Beim Kauf sollten Nutzer prüfen, ob das Gerät zu ihrem Internetanschluss passt. Der Router muss je nach Bedarf einen Kabel- oder DSL-Anschluss unterstützen. "In der Umbruchszeit sollte man sich bei Kabelanschlüssen informieren, ob ein Routermodell für einen Kabelanbieter funktioniert", sagt Aktivist Mehl. Er sammelt Erfahrungsberichte von Nutzern zu möglichen Schwierigkeiten bei der Umstellung.

Weil die Kunden für einen eigenen Router auch selbst verantwortlich sind, sollten sie auf Sicherheits-Updates der Hersteller achten oder diese automatisch einspielen lassen.

Verbraucherschützerin Elbrecht rät, beim Kauf herauszufinden, was passiert, wenn das Gerät kaputtgeht: "Verbraucher sollten vorab klären, ob der Verkäufer im Falle eines Defekts ein Leihgerät zur Verfügung stellt."

Wer bereits einen Vertrag hat und einen eigenen Router verwenden will, muss möglicherweise weiter die Mietgebühren für das bisherige Gerät bezahlen. SPD-Netzpolitiker Lars Klingbeil rät: "Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte mit dem Routerwechsel bis zum Vertragsende warten."

Was ist, wenn der Anbieter die Zugangsdaten nicht rausrücken will?

Kunden können sich dann bei der Bundesnetzagentur oder den Verbraucherzentralen beschweren.

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