Instagram-Gründer Systrom und Krieger:Karriere aus dem Bilderbuch des Silicon Valley

Kevin Systrom und Mike Krieger machten aus Instagram innerhalb von zwei Jahren ein Millionen-Unternehmen. Die Facebook-Übernahme kommt zwar plötzlich, doch nicht unbedingt überraschend: Bereits 2004 hatte Mark Zuckerberg einem der beiden Gründer einen Job angeboten.

Nikolaus Piper, New York

Märchen werden manchmal doch wahr, zumindest im Silicon Valley. Das zeigt der Aufstieg zweier junger Internet-Geschäftsmänner. Im September 2010 gründen Kevin Systrom und Mike Krieger, Absolventen der Stanford- Universität, ihre Firma Instagram in San Francisco.

Ihr Produkt: eine Anwendung, mittels derer sich Fotos auf dem iPhone aufnehmen, bearbeiten und verschicken lassen. Anderthalb Jahre nach dem Firmenstart, kauft Mark Zuckerberg, Gründer und Chef von Facebook, dieses Gebilde Instagram für eine Milliarde Dollar in Bargeld und Aktien - die bisher größte Erwerbung des sozialen Netzwerks. Eine Karriere wie im Bilderbuch.

Die Summe klingt unglaublich. Vor allem angesichts der Tatsache, dass Instagram bisher noch keinen Cent Umsatz erwirtschaftet hat. Die Firma hat zwar 30 Millionen Nutzer, aber nur 13 Mitarbeiter. Ein Modell, wie man via Instagram Geld verdienen könnte, ist bisher nicht bekannt.

Der Kaufpreis ist auch deshalb erstaunlich, weil erst vorige Woche eine Gruppe von Wagniskapitalgebern die Firma mit 500 Millionen Dollar bewertet hatten, was auch schon ein stolzer Preis war. Was hat Zuckerberg dazu bewegt, diesen Preis einfach zu verdoppeln? Erkennt er neue Geschäftsmöglichkeiten? Ist er nur an den Nutzerdaten von Instagram interessiert? Hat er Angst, beim Zug des Internet auf die Mobil-Telefone den Anschluss zu verpassen? Oder ist das Ganze eine gigantische Blase?

Zuckerberg bemerkte ihn bereits 2004

Gewinner sind auf jeden Fall die Firmengründer. Der Chef von Instagram und Motor des Unternehmens, der 28-jährige Kevin Systrom, hält nach Informationen des Magazins Wired40 Prozent der Firma; er bekommt also 400 Millionen Dollar. Mike Krieger hält einen Anteil von zehn Prozent und wird entsprechend bezahlt. Weitere zehn Prozent des Verkaufserlöses sollen die Mitarbeiter bekommen. Gewinner sind schließlich auch jene Investoren, die Instagram im vorigen Jahr sieben Millionen Dollar gaben: Benchmark Capital (18 Prozent), Andreesen Horowitz und Baseline Ventures (jeweils zehn Prozent).

Die neuen Facebook-Freunde Kevin Systrom und Mike Krieger muss man sich als klassische Silicon-Valley-Leute vorstellen. Systrom galt schon während seines Studiums als Computer-Freak und Bastler. In Stanford entwickelte er 2004 einen Dienst namens Photobox, der es erleichterte, große Fotodateien zu versenden.

Bereits damals, so schreibt Internet-Journalist Austin Carr, begann sich Zuckerberg für Systrom zu interessieren und bot ihm einen Job an. Dieser wolte jedoch sein Studium abschließen. Er graduierte 2006 in den Fächern Betriebswirtschaft und Ingenieurwesen und besuchte einen Neun-Monats-Kurs der Universität für angehende Unternehmer.

Danach arbeitete Systrom kurz bei Nextstop, einem Internet-Reisedienst, der bald von Google übernommen werden sollte. Danach nahm er einen Job in der Entwicklungsabteilung von Google an; diese beschäftigt sich mit Firmen, die sich als Übernahmeobjekte eignen.

Kein Interesse an einem Job bei Google

Letztlich interessierte ihn Google aber nicht. Der Mann wollte seine eigene Firma gründen. Systrom erfand Burbn, eine Smartphone-Anwendung, die Kommunikation mit Freunden und Bekannten erleichtern sollte. Doch Burbn erwies sich als Flop.

In dieser schweren Zeit tat sich Systrom mit Mike Krieger zusammen, der damals bei Meebo arbeitete, einem Sozialen Netzwerk aus Mountain View in Kalifornien. Das Duo mietete sich Ende 2009 in einem Gründerzentrum am Hafen von San Francisco ein und befasste sich mit Fotos. Es gab damals schon viele Fotoanwendungen für Smartphones, aber die waren, so fanden die Zwei, nicht interaktiv genug. Hier sollte ihre Marktlücke liegen.

Am 20. September 2010 startete Instagram. Bereits am ersten Tag fanden sich 30.000 Nutzer, die ihre Fotos bearbeiten, mit Gags versehen und an ihre Freunde schicken wollten. Die beiden Gründer arbeiteten bis um 6 Uhr am anderen Morgen durch, um den Ansturm zu bewältigen. Nach drei Monaten waren es eine Million Nutzer. Instagram hatte Glück: Just zu dieser Zeit lancierte Apple sein iPhone4 mit verbesserter Kamera.

Eines Tages schloss sich der Teenie-Sänger Justin Bieber den Instagram-Nutzern an, was sofort einen Ansturm Tausender junger Mädchen auf die Anwendung führte. Wie die Bloggerin Kim-Mai Cutler auf der Website Techcrunch schreibt, verlangten die Agenten Biebers bald ein Honorar dafür, dass er Instagram nutzte.

Ehrengast von Michelle Obama

Systrom lehnte ab, und Bieber zog sich wieder zurück. Dafür wurden die Firmengründer selbst berühmt. Als Präsident Barack Obama am 24. Januar im Kongress seine Rede zur Lage der Nation hielt, saß Mike Krieger in der Loge der Ehrengäste von Michelle Obama. Der geborene Brasilianer war 2004 nach Kalifornien gezogen und hatte nach der Universität zunächst mit einem Studentenvisum gearbeitet. Für die First Lady ist er der Prototyp des hochqualifizierten Einwanderers, auf den die USA dringend angewiesen sind.

Im vorigen Jahr konnte Instagram einen neuen Kapitalgeber gewinnen, Benchmark Capital. Und der Finanzinvestor schickte den jungen Matt Kohler in den Verwaltungsrat der Firma, einen Kenner der Szenerie, der zuvor im Produktmanagement von Facebook gearbeitet hatte.

Kohler hat offenbar eine führende Rolle dabei gespielt haben, den Milliardendeal mit Zuckerberg vorzubereiten. Vorige Woche stellte Instagram eine neue Anwendung für Android-Smartphones vor (zuvor funktionierte das System nur auf iPhones). Und am Montag darauf wurde das Milliardengeschäft mit Facebook bekanntgegeben.

Geld verdienen wird schwer

Soweit also die Tellerwäscher-Millionärs-Saga zweier manisch getriebener Tekkies. Aber lohnt sich das Ganze auch für Facebook? Geld verdienen mit Instagram wird schwer; für aufwendige Werbung ist der Bildschirm eines iPhones einfach zu klein.

Manche Analysten sagen: Nach dem Börsengang wird Facebook 100 Milliarden Dollar wert sein, da kommt es auf ein Wagnis von einer Milliarde nicht an. Tatsächlich ist das hochtechnisierte Spiel mit Fotos derzeit ein wichtiger Treiber bei den Social Networks. Hier drohte Facebook den Anschluss zu verlieren. Das dürfte die Logik hinter diesem Deal sein.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: