Süddeutsche Zeitung

Instagram-Gründer und Facebook:"Es ist kein Verbrechen, groß zu sein"

  • Auf der Technologie-Konferenz South by Southwest wehren sich die Instagram-Gründer Kevin Systrom und Mike Krieger gegen die Idee, Facebook und Instagram vom Staat wieder trennen zu lassen.
  • Facebook hatte Instagram 2012 für eine Milliarde Dollar gekauft - Systrom und Krieger wurden dabei reich.

Von Jannis Brühl, Austin

2012 kaufte Facebook die Foto-App Instagram für eine Milliarde Dollar. Heute haben beide Apps zusammen mehrere Milliarden Nutzer. Sollten Amerikas Marktwächter das Zeitalter der Tech-Monopolisten tatsächlich beenden, wäre es wohl eine der ersten Fusionen, die rückgängig gemacht werden würden. Auf der Technologie-Konferenz South by Southwest im texanischen Austin wehrten sich die Instagram-Gründer am Montag gegen die Idee, dass der Deal ihres Lebens schlecht für andere sei: "Es ist kein Verbrechen, groß zu sein", sagte Kevin Systrom auf der Bühne. Er und sein Co-Gründer Mike Krieger hatten im September den Facebook-Konzern und Instagram verlassen. In Austin traten sie zum ersten Mal wieder gemeinsam öffentlich auf.

Die wohl wichtigste Konferenz der digitalen Kultur war am Wochenende von der Debatte um mögliche Zerschlagungen dominiert. Ausgelöst hatte das die demokratische Präsidentschaftskandidatin Elizabeth Warren. Sie will die größten Tech-Deals der vergangenen Jahre ungeschehen machen. Warrens Vorstoß hatte heftige Reaktionen ausgelöst, da die Behörden in den USA die großen IT-Unternehmen des Silicon Valley bislang weitgehend in Ruhe gelassen hatten - anders als Europa.

Selbst wenn es nach dem Kauf auf dem Gesamtmarkt der sozialen Netzwerke weniger Wettbewerb gab, hätte es intern viel Wettbewerb zwischen den Entwicklern der Netzwerke gegeben, argumentierte Systrom nun. Und das habe den Nutzer etwas gebracht - etwa bessere Features. Schaden habe kein Verbraucher genommen.

Das ist die klassische Sichtweise auf Wettbewerbsrecht in den USA: Solange der Verbraucher keinen Nachteil hat - und die App ist ja umsonst und leicht zu bedienen - kann es auch keinen Verstoß geben. Dass Konkurrenten keine Chance mehr haben und einzelne Konzerne unlauter Profit aus ihrer dominanten Stellung schlagen können, kommt in dieser Vorstellung nicht vor. Warren will mit diesem Denken brechen. Mehr wollte Systrom dann auch nicht dazu sagen: "Ich bin kein Experte für Wettbewerbsrecht, also fragen Sie besser Ihren lokalen Anwalt", beendete er das Thema knapp.

Die Wut der Bürger auf die Tech-Branche habe sich "verzehnfacht"

Ihm sei es zu wenig "nuanciert", wenn gefordert werde, alle Tech-Firmen zu zerschlagen. Das war allerdings ein Strohmann-Argument, denn die Zerschlagung "aller" Tech-Unternehmen hat auch Warren nicht gefordert. Sie bezog sich explizit auf die größten Käufe, darunter die Verkehrs-App Waze durch Google, die Lebensmittel-Kette Whole Foods durch Amazon - und eben Facebooks Übernahmen von Instagram und Whatsapp.

Die Wut der Bürger auf die Tech-Branche habe sich "verzehnfacht", sagte Systrom. "Alle Tech-Firmen zu zerschlagen, das spielt nur mit dieser Wut." Da brandete Applaus durch den Saal.

Viele hier, das zeigte sich auch in den Kommentaren über den Auftritt, bewundern vor allem Systrom als eine Art Wunder-Unternehmer. Instagram war binnen zwei Jahren extrem schnell gewachsen. Facebook-Chef Mark Zuckerberg hatte das Unternehmen gekauft und damit viele überrascht. Erst mehrere Jahre später wurde deutlich, dass Instagram - auch mit Facebooks Hilfe - zu einem weiteren Mega-Netzwerk neben Facebooks "blauer" Haupt-App werden würde.

Kein Wort zu den Gründen des Ausstiegs bei Facebook

Der Kauf im Jahr 2012 bescherte Firmenchef Systrom 400 Millionen Dollar, seinem Technikchef Krieger 100 Millionen. Auf ihr Vermögen hätte eine Zerschlagung keinen Einfluss mehr.

Dass sie ihre Autonomie im großen Facebook-Konstrukt aufgegeben hätten, sei ganz natürlich bei so einer Übernahme, sagte Krieger: "In keinem solchen Vertrag steht, dass man frei und autonom handeln kann. Das macht ja auch keinen Sinn." Die Whatsapp-Gründer sollen sich dagegen nach dem Kauf mit dem Facebook-Konzern überworfen haben, weil sie ihre ursprüngliche Vision einer Chat-App mit gutem Datenschutz und ohne Werbung nicht nach ihren Vorstellungen weiterverfolgen konnten. Auch sie verließen den Konzern 2018.

Über die Gründe für ihren Ausstieg bei Facebook sprachen die Instagram-Gründer auf der Bühne dann auch nicht. "Das ist nichts, was ich vor so vielen Menschen erzählen will", sagte Systrom, als er auf seine Entscheidung angesprochen wurde.

Lieber erzählten die beiden harmlose Geschichten aus ihrer Anfangsphase als Start-up-Gründer. Zum Beispiel, dass Krieger nach einer durchzechten Nacht in seinem Computer feststellte, dass er sturzbetrunken die abgestürzte Instagram-App für Millionen Menschen wieder zum Laufen gebracht hatte. Erinnern konnte er sich daran nicht, aber es in seinem Software-Terminal mit dem Zeitstempel "3.30 Uhr" nachvollziehen.

Auch die Tatsache, dass Facebook auf Instagram begonnen hat, Werbung auszuspielen - deutlich früher als bei Whatsapp -, verteidigte Systrom: "Um es klar zu sagen: Wir haben auf Monetarisierung gedrängt, nicht andersrum." Dass klingt anders als der demonstrative Idealismus der Whatsapp-Gründer Jan Koum und Brian Acton. Anders als die Väter von Whatsapp hatten die Instagram-Erfinder nie versprochen, werbefrei zu bleiben und den Datenschutz ihrer Nutzer allzu hoch zu hängen. Und die Millionen, die Systrom und Krieger mit dem Kauf verdient hatten, musste Facebook ja auch irgendwo wieder herbekommen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4364131
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de/jobr
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.