Inoffizieller "World of Warcraft"-Nachfolger:Blizzard gibt "Titan"-Entwicklung nach sieben Jahren auf

War es nicht gut genug oder lag es an der Konkurrenz? "World-of-Warcraft"-Betreiber Blizzard bricht die Entwicklung am Online-Spiel "Titan" nach sieben Jahren Arbeit ab. Das könnte das Unternehmen viele Millionen Dollar kosten.

Von Matthias Huber

Womöglich geht es um einen Verlust in zweistelliger Millionenhöhe: Blizzard hat die Entwicklung seines "World of Warcraft"-Nachfolgers "Project Titan" eingestellt - nach sieben Jahren Entwicklungszeit. "Titan" sollte ein Online-Multiplayer-Spiel werden, womöglich eine Mischung aus Rollenspiel und Egoshooter in einem Science-Fiction-Universum. Laut Blizzard-Mitgründer und Chef Mike Morhaime sei es den Programmierern einfach nicht gelungen, ihre Ideen zu einem unterhaltsamen Spiel zu entwickeln: "Wir haben versucht, das ehrgeizigste Spiel zu machen, das man sich vorstellen kann. Und es hat nicht funktioniert."

Das Konzept war offenbar vergleichbar mit dem kürzlich erschienenen "Destiny", für das Herausgeber Activision ein Gesamtbudget von einer halben Milliarde inklusive Marketing und Weiterentwicklung in den kommenden Jahren angekündigt hat. Ob die mögliche Konkurrenz zu dem sehr erfolgreichen Titel aus gleichem Hause - Blizzard gehört ebenfalls zu Activision - die Entscheidung für den Abbruch begünstigt hat, ist nicht bekannt.

Ganz so teuer wie "Destiny" dürfte das Scheitern von "Titan" für Blizzard jedenfalls nicht werden: Trotz der langen Entwicklungszeit ist davon auszugehen, dass über große Zeiträume lediglich verhältnismäßig kleine Teams an Spielkonzepten arbeiteten. Manche Analysten schätzen Kosten bis zu 150 Millionen Dollar. Dafür rechnen sie aber Personalkosten für 100 bis 200 Mitarbeiter über sieben Jahre hoch - vermutlich keine realistische Annahme. Andere gehen von einem Verlust von bis zu 50 Millionen Dollar aus.

Großer Aufwand, geheimnisvolles Projekt

Was Blizzard mit "Titan" genau vor hatte, ist bislang nicht bekannt. Es sollte in jedem Fall den Mehrspieler-Erfolg wiederholen, den Blizzard mit dem Online-Rollenspiel "World of Warcraft" seit fast zehn Jahren genießt. Allerdings soll es sich um keine Fortsetzung des populären Fantasy-Spiels handeln, auch die Spielmechanik soll so anders angelegt gewesen sein, dass die beiden Spiele auch nebeneinander hätten existieren können, ohne sich Konkurrenz zu machen. Der Aufwand, den Blizzard für sein geheimnisvolles Projekt betrieb, war zwischenzeitlich beachtlich: Im Jahr 2012 sollen sogar bereits mehr als 100 Leute an dem Spiel gearbeitet haben, obwohl sich laut Aussagen von Blizzard-Sprechern "Titan" immer noch in einem sehr frühen Entwicklungsstadium befunden habe. Bereits im Frühjahr 2013 seien jedoch 70 Prozent des "Titan"-Teams anderen Projekten zugeteilt worden, der Entwicklung des Spiels habe Blizzard zu diesem Zeitpunkt einen Neustart verordnet.

Blizzard hat bereits mehrfach angekündigte Spiele wieder abgesagt

Blizzard ist neben "World of Warcraft" auch für das Kartenspiel "Hearthstone" und das Strategiespiel "Starcraft" berühmt. Dass das Unternehmen ein Spiel nicht veröffentlicht, weil es nicht den Qualitätsstandards des Unternehmens entspricht, ist allerdings nichts neues. Selbst wenn das Studio bereits einige Jahre Entwicklungszeit auf das Projekt verwendet hat. Das klassische Zeichentrick-Abenteuerspiel "Warcraft Adventures: Lord of the Clans" um den Orkhäuptling Thrall wurde im Mai 1998 nach etwa zwei Jahren Entwicklungszeit auf Grund technischer Probleme eingestellt. "Starcraft: Ghost", ein Egoshooter im Universum der Science-Fiction-Strategiespielreihe "Starcraft", wurde 2002 angekündigt. 2006 wurde bekannt, dass die Entwicklung des Shooters "auf unbestimmte Zeit pausiere".

Linktipp: Das Game-Magazin Polygon fasst alles zusammen, was in den vergangenen Jahren über das mysteriöse Mammutprojekt öffentlich bekannt wurde.

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