Ilse Aigner stellt neue Software vor:"Radiergummi" für Fotos im Netz

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Das Verbraucherschutzministerium will Fotos in Sozialen Netzwerken wie Facebook mit einem Verfallsdatum versehen - mithilfe der Software X-pire.

Das Verbraucherschutzministerium will Fotos in Sozialen Netzwerken wie Facebook mit einem Verfallsdatum versehen. Der Saarbrücker Informatiker Michael Backes stellte dazu am Dienstag in Berlin die Software X-pire vor, die Bilder nach einer bestimmten Zeit mit einer Art "digitalem Radiergummi" unsichtbar machen soll.

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Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) sagte dazu auf einer Diskussionsveranstaltung ihres Hauses zum Thema "Verbraucher im Netz": "Ein Medium ist nur so gut, wie die Menschen auch Vertrauen in dieses Medium haben."

Es müsse die Frage gestellt werden, ob es im Internet "ein Recht auf Vergessen" gebe. Backes sagte, die Software X-pire werde nach Abschluss der Testphase voraussichtlich in der nächsten Woche fertiggestellt.

Der Preis für das Zusatzprogramm für den Internet-Browser Firefox soll sich nach der Anzahl der mit Verfallsdatum versehenen Fotos oder nach der Nutzungsdauer richten. Der Professor an der Universität des Saarlandes räumte ein, dass die Lösung keinen Schutz gegen Screenshots (Bildschirmfotos) während der Dauer der Sichtbarkeit biete. Danach aber seien diese Daten "nicht mehr sichtbar und werden auch nicht sichtbar gemacht werden können."

Eine ähnliche Verschlüsselungslösung entwickelt auch ein Team an der Universität des US-Staates Washington. Das "Vanish"-Projekt will erreichen, dass sich digitale Daten aller Art, also nicht nur Fotos, nach einer bestimmten Zeit selbst zerstören. Der Haken: Solange die Daten sichtbar sind, können sie kopiert und ohne Verfallsdatum weiterverbreitet werden. Auch von den mit X-pire geschützten Fotos kann man während ihrer Sichtbarkeit auf Facebook Screenshots anfertigen und kopieren. Backes räumt daher ein, dass die Lösung "kein Freifahrtschein" sein könne.

Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) aber will sich mit dem vielzitierten Satz "Das Internet vergisst nichts" nicht zufrieden geben: "Wie kann ich gewährleisten, dass Daten vollständig wieder gelöscht werden können?", fragte sie während einer Expertenrunde in ihrem Ministerium die anwesenden Datenschützer, Branchenvertreter und Angehörige der Netz-Community. "Gibt es ein Recht auf Vergessen?"

Die Experten lassen die Hausherrin ohne Antwort. Andy Müller-Maguhn vom Chaos Computer Club meint zum "digitalen Ratzefummel" X-pire: "Ich möchte nur ungern eine technische Lösung abnicken, die bei Leuten nicht greift, die es nicht gut meinen." So etwas könne mehr Schaden als Nutzen stiften, wenn sich die Nutzer in einem falschen Gefühl der Sicherheit wögen.

Etwas positiver fällt die Einschätzung der hauptamtlichen Datenschützer aus. "Das ist natürlich kein Allheilmittel, aber ein Vorschlag in die richtige Richtung", sagt der Hamburgische Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar und macht deutlich, dass es für ihn drängendere Probleme gibt: Werkzeuge wie der "Friendfinder" von Facebook gingen "weit über das hinaus, was Geheimdienste in ihren Schubladen haben".

Es sei ein Riesenproblem, wenn Millionen von Facebook-Mitgliedern dem Unternehmen ihre E-Mail-Adressbücher offenlegten, um neue Kontakte zu finden. Er hoffe, dass es in dieser Frage schon bald eine Lösung gebe.

Matthias Ehrlich vom Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) bringt den Kern der Probleme mit Facebook oder Google auf den Punkt: "Unsere amerikanischen Kollegen denken beim Datenschutz völlig anders als wir." Da könnten doch Anbieter mit datenschutzfreundlichen Regelungen einen Vorteil haben, deutet Aigner an - der Verbraucher müsse nur die Möglichkeit nutzen, sich für einen Anbieter zu entscheiden, der besonders sicher sei, wünscht sich die Ministerin.

Die vielen Facebook-Mitglieder kümmern sich aber kaum um den Datenschutz, weiß Jutta Croll von der Stiftung Digitale Chancen. "Sie gehen dorthin, wo ihre Freunde sind."

© sueddeutsche.de/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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