IFA-Eröffnung:Die Welt in höchster Auflösung

Hightech-Konzerne wollen das Heim vernetzen, stoßen aber vor allem an eine Grenze: den Kunden

Wenn an diesem Donnerstag die 47. Internationale Funkausstellung in Berlin beginnt, geht es auf der Neuigkeitenshow auch wieder um IPTV, LCD oder HD-DVD. "Machen Sie es dem Kunden doch nicht so schwer", bat Bundeskanzlerin Angela Merkel schon im vergangenen Jahr bei ihrem Besuch auf dem Branchentreffen.

IFA-Eröffnung: Das wollen die Hersteller: mehr Technik fürs Wohnzimmer

Das wollen die Hersteller: mehr Technik fürs Wohnzimmer

(Foto: Foto: dpa)

Doch die warnende Stimme verhallte offenbar ungehört. Digital Home oder Home Networks heißen die Schlagwörter auch in diesem Jahr. Sie sollen dem Kunden vor allem eines klarmachen: Ins Wohnzimmer gehört mehr Technik. Computer sollten nach den Vorstellungen der Branche zur Unterhaltungszentrale eines jeden Heims werden.

Eher Visionen als Realität

Inzwischen haben die Unternehmen jedoch gemerkt, dass ihre Visionen viel schöner sind als die Realität. Kunden schrecken vor komplizierten Angeboten zurück und nehmen lieber weniger, als technisch machbar ist. Und auch sich selbst haben viele Konzerne überschätzt.

Die lange Zeit beschworene Verschmelzung von Fernseh- und Internetwelt verläuft auch in den Unternehmen schleppend. Die Organisationen ächzen, wenn die unterschiedlichen Mentalitäten der traditionell geprägten Unterhaltungsbranche und der schnelllebigen IT-Firmen aufeinanderprallen.

Der Fachhändler um die Ecke, bei dem viele Konsumenten ihren Fernseher oder die Stereoanlage kaufen, war für die Vertriebler der Computer-Unternehmen ein fremdes Feld. Starke Marken von Panasonic, Sony oder Loewe haben ihren festen Platz unweit des Sofas - und lassen sich nicht so leicht verdrängen.

Computerhersteller wie Fujitsu Siemens Computers (FSC) bremsen deshalb die Erwartungen. ,,Die Verschmelzung verläuft langsamer, als die Industrie dachte'', sagte Bernd Bischoff, Chef des deutschen Marktführers FSC. Die Geräte seien schon seit Jahren zu viel mehr in der Lage, als viele Konsumenten eigentlich haben wollten.

Die Welt in höchster Auflösung

Der Umsatz mit den Produkten für das digitale Zuhause stagnierte bei FSC zuletzt. Die letztjährige Prognose, bis 2011 einen Umsatzanteil von 20 Prozent zu erreichen, lasse sich nicht mehr aufrechterhalten, heißt es. Die Hoffnung aber gibt der Konzern nicht auf. In ein bis zwei Jahren könne aus den Visionen Realität werden.

Andere Firmen ziehen schon jetzt die Konsequenzen aus den schleppenden Geschäften und begraben den Traum vom integrierten Konzern, der Kunden mit IT und Unterhaltungselektronik gleichzeitig beliefert. So hat der PC-Konzern Dell die Produktion von Fernsehern vor kurzem eingestellt. Auf der anderen Seite verabschiedet sich der Elektronikkonzern Philips von dem Vertrieb multimedialer Rechner als Drehscheibe für das digitale Wohnzimmer.

In der Unterhaltungsbranche genießen die Hersteller diesen ersten Sieg mit Freude - und Vorsicht. "Wir sind schon hellwach und nehmen den neuen Wettbewerb durch die Computer-Industrie sehr ernst", sagt Rainer Hecker, Aufsichtsratsvorsitzender des Branchenverbands GFU und Firmenchef von Loewe, dem größten deutschen TV-Produzenten.

Kampf um das Wohnzimmer

"Es geht uns nicht nur darum, unsere Position zu verteidigen - wir wollen sie ausbauen." Das Zusammenwachsen der Internet- und der Fernsehwelt übernehmen die TV-Hersteller daher einstweilen selbst. So wird Loewe zur IFA ein Gerät vorstellen, dass einen Anschluss für einen digitalen Musikspieler ebenso hat wie die Funktion, die private Fotosammlung zu verwalten - wie ein Computer. Sharp zeigt einen Fernseher mit Festplatte. Darauf lassen sich Filme speichern.

Ganz aufgegeben haben die Computer-Hersteller den Kampf um den Platz im Wohnzimmer aber noch nicht. Zur IFA starten sie eine neue Offensive: Mit einem Produkt namens Home Server wollen die Konzerne jetzt ihr Glück versuchen. Hightech für Fotos, Filme und Musik versprechen Anbieter wie Medion und FSC. Mit dem Home Server lassen sich verschiedene Medien speichern und anschließend abspielen, zum Beispiel auf dem Fernseher.

Ob der Kunde die Geräte versteht? Zweifel sind angebracht. Die Software dafür basiert auf Produkten von Microsoft, die die Amerikaner vor allem in Rechenzentren einsetzen. Dort kümmern sich IT-Administratoren darum.

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