Süddeutsche Zeitung

Ifa 2018:So sollen die Fernseher der Zukunft aussehen

  • Auf der Elektronikmesse Ifa stellen Hersteller neue Fernseher vor.
  • Der Trend geht zu noch höher auflösenden Displays. 8K-Geräte sollen die Kunden dazu bringen, noch mehr Geld auszugeben.
  • Die vielen Pixel lohnen sich bislang nur für wenige Käufer, zumal es kaum Sender oder Streaming-Anbieter gibt, die entsprechendes Material anbieten.

Von Helmut Martin-Jung

Der Stürmer springt hoch, der Eckball landet genau da, wo er hin muss: auf seiner Stirn. Wuchtig stößt er den Kopf nach vorne, und in dem Moment, in dem er die Kugel trifft, stieben Schweißtropfen davon. Die Zuschauer sind es längst gewohnt, dass die Bilder im Fernsehen mit denen von früher nicht mehr zu vergleichen sind. Brillant, scharf, kaum ein Detail, das einem entgeht. Die gesamte Kette von der Aufzeichnung über die Übertragung bis zu den Fernsehern zu Hause im Wohnzimmer hat dramatisch an Qualität zugelegt, ist so lebensecht, dass es einen gefangen nimmt. Wer es einmal gesehen hat, möchte keinen der alten Röhrenfernseher mehr haben.

TV-Geräte mit Flachbildschirmen haben die Röhrenkisten daher weitgehend abgelöst. Die Übertragung von analogen Fernsehsignalen in niedriger Auflösung bieten nur noch einige Kabelfirmen an, die Uhr aber tickt, bald wird damit Schluss sein - dann hat die Digitalisierung auch diesen Bereich vollständig erobert. Wer dann unbedingt seine Röhrenglotze weiter nutzen will, muss ihr einen digitalen Empfänger vorschalten und ergo mit zwei Fernbedienungen jonglieren.

Die Industrie aber, sie ist längst weiter. Viel weiter. Seit Jahren schon gehören Fernseher, die lediglich das sogenannte Full HD beherrschen - gemeint ist eine Auflösung von 1920 mal 1080 Bildpunkten - zur Klasse der Einsteiger-Geräte. Die höherwertigeren Fernseher haben Bildschirme mit viermal so viel Bildpunkten. Sie sind an den Kürzeln 4K oder UHD zu erkennen. Zwar gibt es nur vereinzelt Sendungen in dieser höheren Qualität, gekauft werden diese Fernseher dennoch.

Schuld daran ist vor allem eines: der Trend zu immer größeren Bildschirmen. "In den USA haben Fernsehgeräte mit einer Diagonale von 65 Zoll bereits einen Anteil von 50 Prozent", sagt Leif-Erik Lindner, der beim Marktführer Samsung das Geschäft mit Unterhaltungselektronik in Deutschland verantwortet. Auch hier würden mehr und mehr größere Bildschirme nachgefragt.

8K ist das neue Zauberwort der Industrie

Da nimmt es nicht Wunder, dass die Hersteller schon den nächsten Meilenstein planen. Auf der Ifa, der Messe für Unterhaltungselektronik und Haushaltsgeräte in Berlin, die am Freitag beginnt, werden einige von ihnen Fernseher zeigen, die noch einmal mehr Bildpunkte haben. Genau genommen noch einmal viermal so viele wie die 4K/UHD-Fernseher. 8K ist das neue Zauberwort der Industrie, das die Kunden verführen soll, Geld für höherwertige Fernseher auszugeben, bei denen die Margen etwas höher als bei den Standardgeräten sind.

Und das tun die Kunden auch: 4,2 Milliarden Euro werden die Deutschen nach einer Schätzung des Branchenverbandes Bitkom in diesem Jahr für Fernseher ausgeben. Das ist zwar nur etwa genauso viel wie im Vorjahr. Allerdings werden auch 4,8 Prozent weniger Geräte verkauft - dass der Umsatz konstant bleibt, liegt daran, dass pro Fernseher durchschnittlich 30 Euro mehr ausgegeben werden, sagt Bitkom-Präsidiumsmitglied Martin Börner. Der Durchschnittspreis beträgt 634 Euro, das sind fünf Prozent mehr als 2017. "Die Verbraucher lassen sich Qualität und Innovationen etwas kosten."

Aber können die Kunden diese Qualität denn auch nutzen? Die Frage entscheidet sich sozusagen im Auge des Betrachters. Ob man die gesteigerte Schärfe wahrnehmen kann, hängt davon ab, wie groß das Gerät und der Sichtabstand zum Fernseher sind. Um wirklich einen Unterschied feststellen zu können, müssen die Zuschauer näher am Bildschirm sitzen, als sie das für gewöhnlich tun. Bei den immer größeren Bildschirmdiagonalen neuer Geräte ergibt das mehr Sinn als bei den noch vor Jahren üblichen Standardgrößen von einem Meter Diagonale. Bei diesen müsste man auf etwa 1,5 Meter heranrücken.

Doch was ist mit dem Programm? Man erinnere sich: Die Umstellung auf den jetzt gebräuchlichen Standard HD hat sehr lange gedauert. Erst 2010 zu den Olympischen Winterspielen in Vancouver bequemten sich die öffentlich-rechtlichen Sender dazu, ihn flächendeckend einzuführen - vor allem, weil immer mehr Zuschauer schon neue Geräte hatten, die scharfe Bilder darstellen konnten. Davor hatte es sie nur bei Bezahlsendern gegeben.

Auch heute gibt es 4K-Sendungen wieder bei Bezahlsendern, Sky etwa überträgt Bundesliga-Spitzenbegegnungen in der hohen Auflösung, der Online-Video-Dienst Netflix und einige Konkurrenten bieten ebenfalls viele Filme und Serien bereits in 4K an. Und sonst? Rühmen die Hersteller gerne die Fähigkeiten ihrer Fernsehgeräte, weniger hoch aufgelöstes Material hochzurechnen. Das kann zwar nie so gut sein wie Original-Material in hoher Auflösung, doch die heutigen Fernsehgeräte - im Prinzip sind die ja nichts anderes als spezialisierte Computer mit großem Bildschirm - machen das so gut, dass es in der Tat nicht ganz so verrückt erscheint, sich ein Gerät zu kaufen, für das es noch kaum Programm gibt.

Der Zweikampf zwischen Oled- und LCD-Displays könnte irrelevant werden

Viel ist in den vergangenen Jahren in der Fachwelt über Bildschirm-Techniken geredet worden. Im Wesentlichen haben sich zwei Fraktionen gebildet: Die einen, zu denen etwa LG gehört, Samsungs Konkurrent aus Südkorea, setzen auf Anzeigen mit organischen Leuchtdioden, sogenannte Oleds. Die anderen, angeführt von Samsung, bauen bei Fernsehern auf Flüssigkristall-Bildschirme (LCD) mit LED-Hintergrundbeleuchtung.

Die Fans der Oleds heben dessen tiefes Schwarz hervor, die lebendigen Farben und die schnellen Reaktionszeiten der selbstleuchtenden Anzeigen. Die Flüssigkristall-Fraktion weist auf die viel höhere Leuchtkraft ihrer Bildschirme hin und darauf, dass es bei Oleds zu Einbrenneffekten kommen kann, Senderlogos etwa sind dann ständig zu sehen.

Gut möglich allerdings, dass dieser Zweikampf schon bald weniger relevant wird. Denn die nächste Technik steht schon bereit: Mikro-LEDs. Anstatt organischer Leuchtdioden kommen dabei anorganische zum Einsatz. Jeder Bildpunkt jeder Farbe hat eine eigene Diode. Samsung zeigt auf der Ifa bereits einen Prototypen, genannt "The Wall". Möglicherweise schon kommendes Jahr, mit einiger Sicherheit aber 2020, soll es auch die ersten Geräte für Endverbraucher geben. Das neue Verfahren verspricht eine weiter gesteigerte Brillanz. Da muss nun nur noch das Fernsehprogramm mithalten.

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Quelle:
SZ vom 31.08.2018/sih
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