Identitätsdiebstahl:Im Namen des anderen

New Yorks Bürgermeister Michael Bloomberg ist Opfer eines Identitäts-Diebstahls geworden. Kein Einzelfall, und nicht einmal der spektakulärste derartige Betrug in der letzten Zeit.

Nikolaus Piper

Mit einem Vermögen von 5,5 Milliarden Dollar ist Michael Bloomberg vermutlich für jeden Dieb ein lohnendes Ziel. Das muss sich auch Charles Nelson gedacht haben. Der 31 Jahre alte Kleinkriminelle aus Newark beschaffte sich Kontonummer und Passwort des New Yorker Bürgermeisters bei der Bank of America und überwies von dort 10 000 Dollar auf sein eigenes Konto.

Bloomberg; AP

New Yorks Bürgermeister Michael Bloomberg.

(Foto: Foto: AP)

Vielleicht wäre Nelsons Diebstahl gar nicht aufgeflogen, hätte nicht ein anderer Verbrecher etwas ganz Ähnliches versucht. Odalis Bostic, 23, aus Elisabeth in New Jersey, gründete eine Firma, eröffnete in deren Namen Konten bei zwei Banken und reichte dort je einen Scheck über 190 000 und 230 000 Dollar ein, beide bezogen auf das Konto Bloombergs und unterzeichnet vom Finanzverwalter des Bürgermeisters.

Es war die Höhe der Summe, die die Banken stutzig machte. Sie leiteten interne Untersuchungen ein und stellten fest, dass die Schecks gefälscht waren. Auch der Diebstahl Nelsons flog bei der Gelegenheit auf.

Nelson und Bostic wurden verhaftet, in Nelsons Wohnung entdeckte die Polizei noch zwei illegale Pistolen. Noch wissen die Staatsanwälte in Manhattan nicht, wie Nelson und Bostic an die persönlichen Daten Bloombergs gekommen sind und ob die beiden zusammengearbeitet haben. Der Bürgermeister ist damit das prominenteste Opfer einer Welle von Verbrechen, die in Amerika unter dem Namen "identity theft" (Identitäts-Diebstahl) bekannt wurde.

Identitätsklau gibt es längst auch in Deutschland: Verbrecher stehlen Kreditkarten- oder Zugangsnummern zu Bankkonten, sie beschaffen sich persönliche Daten online oder bringen Internetnutzer dazu, ihnen die Daten selbst mitzuteilen. In den Vereinigten Staaten ist das Geschäft mit der falschen Identität allerdings längst ein Massenphänomen. Acht Millionen Amerikaner sollen im vergangenen Jahr Opfer von Identitätsklau geworden sein, der Gesamtschaden wird auf 50 Milliarden Dollar geschätzt.

Der einfachste Weg zur falschen Identität ist für viele Diebe die Sozialversicherungs-Nummer, die alle Amerikaner und in Amerika lebende Ausländer haben müssen. Die neunstellige Zahl dient bei vielen Geschäften als Identitätsnachweis und hat damit eine ähnliche Funktion wie in Deutschland der Personalausweis.

Russe führte Bande von Identitätsdieben an

Viele Verbraucher gehen mit ihrer Nummer immer noch nachlässig um. Sie lassen sie in der Wohnung herumliegen oder verwenden sie in der Öffentlichkeit, sodass Diebe leichtes Spiel haben. Andere klauen Bankauszüge aus dem Briefkasten oder persönliche Daten aus dem Mülleimer ihrer Opfer. Verbraucherschützer raten daher jedermann, sich einen eigenen Reißwolf zuzulegen und alles zu vernichten, was Verbrechern nützen könnte: adressierte Umschläge, Belege, Kreditkartenabrechnungen.

Ein besonders spektakulärer Fall wurde im vergangenen August bekannt. Die Polizei nahm einen 24 Jahre alten Russen namens Igor Klopov fest, der eine ganze Bande von Identitätsdieben angeführt haben soll. Die Bande hatte bis dahin bereits 1,5 Millionen Dollar von insgesamt 15 reichen Bürgern aus dem ganzen Land gestohlen. Einige Daten ihrer Opfer beschafften sie sich über die Liste der 400 reichsten Amerikaner, die das Forbes-Magazin regelmäßig veröffentlicht, außerdem setzten sie Privatdetektive an.

Besonders schlimm erging es David Dahlstrom, einem Schlosser aus Salt Lake City. Er hatte im Jahr 1985 seine Brieftasche verloren. Yorck R., ein Einwanderer aus Deutschland fand sie und beging danach in Dahlstroms Namen insgesamt 81 kleinere und größere Verbrechen. Was unter anderem dazu führte, dass dem echten Dahlstrom die Kreditkarte verweigert und er einmal kurzzeitig festgenommen wurde, ohne zu wissen warum. Der Fall wäre wahrscheinlich nie entdeckt worden, hätte R. nicht seine Freundin betrogen. Die enthüllte der Polizei dessen wahre Identität.

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