Huawei-Deal mit China:Trumps Bauern-Trick

Huawei-Deal mit China: Gerade wenig Grund zum Schmusen: Xi Jinping und Donald Trump, zu sehen auf einer Hauswand in Mailand, gemalt von dem Straßenkünstler TvBoy.

Gerade wenig Grund zum Schmusen: Xi Jinping und Donald Trump, zu sehen auf einer Hauswand in Mailand, gemalt von dem Straßenkünstler TvBoy.

(Foto: Miguel Medina/AFP)

Der US-Präsident trifft XI Jinping und setzt den Lieferstopp an Huawei aus - dafür ist China netter zu US-Farmern. Nutzer von Huawei-Smartphones leben dagegen weiter in Ungewissheit.

Von Helmut Martin-Jung

Er hat es wieder getan: US-Präsident Donald Trump handelte mit Chinas Staatschef Xi Jinping am Rande des G20-Treffens aus, dass der chinesische Telekommunikationskonzern Huawei wieder Bauteile für seine Geräte beziehen darf - trotz aller Warnungen aus dem eigenen Umfeld und der Opposition. Im Gegenzug soll Xi sich dazu verpflichtet haben, dass China Agrarprodukte aus den USA in großen Mengen abnimmt. Das Problem ist, dass man von einer neuen Faktenlage kaum sprechen kann. Zu unklar ist, was aus dem Gespräch der beiden Männer nun wirklich konkret folgt.

Denn Trump schränkte ein, dass Huawei nur mit solchen Produkten beliefert werden dürfe, die nicht die nationale Sicherheit der USA gefährdeten. Das allerdings ist ein dehnbarer Begriff, den Trump auch schon in Bezug auf die deutsche Autoindustrie ins Spiel gebracht hat. Die Details will der US-Präsident erst in dieser Woche mit seinen Beratern festlegen. Erst wenn diese Entscheidung vorliegt, wird man sehen, was die auch von China gefeierte angebliche Einigung wirklich bedeutet.

Was amerikanische Bauern mit chinesischer Technik zu tun haben

Was Trump zum Einlenken bewogen hat, lässt sich nach jetzigem Stand nur vermuten. Es erscheint allerdings plausibel, dass Trump einen Konflikt mit den Bauern im eigenen Land vermeiden will - schließlich will er 2020 wiedergewählt werden. Die Bauern aber sind für ihn eine wichtige Wählergruppe, und die Chinesen haben auch genau dort ihren Hebel angesetzt, indem sie die Zölle vor allem auf landwirtschaftliche Produkte aus den USA drastisch anhoben. 28 bis 42,4 Prozent Zoll sind dafür fällig.

Auch wenn herauskommen sollte, dass Huawei wieder in den USA und bei Firmen einkaufen darf, die Dependancen in den USA haben: Der Konzern, ja das gesamte Land, wird große Anstrengungen unternehmen, sich aus dieser Abhängigkeit zu befreien. Einfach wird das allerdings nicht werden.

Huawei braucht Chips aus dem Westen

Im Fall von Huawei geht es vor allem um zwei Dinge: Der Konzern braucht für seine Mobilgeräte und die Netzwerkprodukte Chips aus dem Westen. Würde Trump die Lieferung untersagen, bekäme Huawei nach einer Frist von höchstens ein paar Monaten ein Problem. Ein weiteres, mindestens ebenso großes Problem wäre es aller Voraussicht nach, wenn die Chinesen nicht mehr Googles Android verwenden dürften. Schon als der Markt noch weit weniger gefestigt war als heute, schaffte es nicht einmal ein finanzkräftiger Konzern wie Microsoft, neben Apples iOS und Android ein drittes System zu etablieren.

Huawei soll allerdings schon seit mehreren Jahren an einem eigenen System arbeiten, das Gerüchten zufolge noch in diesem Jahr für Einsteiger- und Mittelklasse-Handys in China auf den Markt kommen soll. Zurzeit liefen Tests auf einer Million Geräte, heißt es. Ob sich das Betriebssystem Hong-Meng durchsetzen kann, vor allen Dingen außerhalb Chinas, ist aber fraglich. Abhängen wird das vor allem davon, ob darauf wie versprochen auch alle Android-Apps laufen - nichts ist für Smartphone-besitzer ärgerlicher, als wenn es die App, die sie gerne hätten, zwar für Modelle der Konkurrenz gibt, aber nicht für das eigene. Das hat bei den Windows-Smartphones (neben zahlreichen Managementfehlern) schließlich zum Untergang geführt. In Europa könnte Hong-Meng unter dem Namen Ark vermarktet werden.

Wie lange kommen Googles Updates noch?

Bei Smartphones bezieht Huawei nur knapp ein Prozent der Bauteile aus den USA, wie der japanische Nikkei Asian Review bei Huaweis derzeitigem Spitzenmodell P30 pro detailliert ermittelt hat - indem man ein Gerät vollständig zerlegen ließ. Von den 1631 Bauteilen stammen demnach nur 15 von US-Lieferanten, darunter allerdings einige entscheidende wie der Hauptspeicher oder das gehärtete Spezialglas für den Bildschirm und die Rückseite. Die Bauteile amerikanischen Ursprungs gehören auch zu den teuersten, sie machen gut 16 Prozent der Materialkosten für das P30 pro aus.

Sowohl für die Telekommunikationsbranche als auch für private Smartphone-Nutzer bleibt zurzeit die Unsicherheit bestehen, wie es weitergeht mit Huawei. Die Anbieter stehen vor dem Problem, dass sie die Mobilfunknetze schnell und einigermaßen günstig ausbauen müssen. Würde der Streit zwischen den USA und China noch länger nicht gelöst oder gar auf einen Ausschluss von Huawei hinauslaufen, würde der Ausbau länger dauern und teurer werden.

Nutzer von Huawei-Smartphones müssen zurzeit mit der Ungewissheit leben, ob und wie lange sie Updates von Google bekommen. Auch wenn Geräte, die bereits auf dem Markt sind, nicht betroffen sind - das kann sich jederzeit ändern. Ob Huawei dann seine Eigenentwicklung zur Verfügung stellen wird, ob das System auch wirklich ein vollwertiger Ersatz ist - all das ist unklar und schadet Huawei schon, wenn bloß darüber geredet wird. Wegen der Unsicherheiten empfehlen viele Experten derzeit, erst dann ein Huawei-Smartphone zu kaufen, wenn klar ist, wie es weitergeht.

Für Huawei, das mittlerweile zum zweitgrößten Hersteller nach Samsung und vor Apple aufgestiegen ist, bedeutet der Handelsstreit einen empfindlichen Rückschlag. Obwohl durch die Verabredung etwas Druck aus den Verhandlungen genommen wurde, bleibt es schwierig, einen Ausweg zu finden.

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