Hetze gegen Asylbewerber:Volksverhetzung ist strafbar - auch in geschlossenen Facebook-Gruppen

Facebook 'Like'- Button

Auch geschlossene Facebook-Gruppen sind keine rechtsfreien Räume.

(Foto: dpa)

Schon wieder ein Urteil gegen einen Facebook-Hetzer - doch dieser Fall ist anders: Die Hasskommentare gegen Flüchtlinge waren nicht öffentlich.

Von Peter Becker, Freising

Zu einer Tirade gegen Asylbewerber hat sich im vergangenen August ein 54-jähriger Mann aus dem nördlichen Landkreis hinreißen lassen. Er hatte sich über einen Beitrag in einem Nachrichtenmagazin erbost. Dort stand geschrieben, dass Discounter schließen müssten, weil dauernd Asylbewerber zum Stehlen vorbei kämen. Sicherheitspersonal könnten sich diese Läden nicht leisten.

Daraufhin schrieb der Mann in einer Moosburger Facebook-Community, man müsse eine Bürgerwehr gründen und die Prügelstrafe wieder einführen. Und weiter: Asylbewerbern gehörte mit einem Knüppel der Schädel eingeschlagen. Das seien sie ja von ihrer Heimat her gewohnt. Richter Michael Geltl verurteilte den Mann am Freisinger Amtsgericht wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe von 3150 Euro, zahlbar in 90 Tagessätzen.

Der Anwalt forderte einen Freispruch

Christian Dittrich, Rechtsanwalt des Angeklagten, forderte einen Freispruch für seinen Mandanten. Denn zum einen sei die Facebook-Community "Moosburg für Jung und Alt" eine geschlossene Gruppe. "Die Beiträge sind öffentlich nicht einsehbar", argumentierte er. Sein Mandant habe nur eine Diskussion anstoßen wollen.

Was ihm offenbar gelungen war, denn etliche Mitglieder der Gruppe kommentierten den Beitrag in kurzer Zeit. Mancher Kommentar muss etwas krass ausgefallen sein, denn der 54-Jährige entfernte ob der "Riesenwellen" selbst seinen Post. Sein Anwalt betonte, dass selbst Facebook nichts Anstößiges an dem Diskussionsbeitrag gefunden habe. Außerdem sei es keine Volksverhetzung, weil er sich nicht gegen Asylbewerber im Allgemeinen, sondern nur gegen straffällig gewordene Flüchtlinge richte.

Der Beschuldigte erläuterte auf Nachfragen des Richters, wie man Zugang zu der Moosburger Facebook-Gruppe erhält. Demnach müsse man sich bei einem Administrator anmelden, der einem dann die Erlaubnis erteile. Unklar blieb jedoch, wie dieser verifizieren wolle, dass ein Antragsteller tatsächlich Moosburger sei oder aus dem Umland stamme.

Der Facebook-Beitrag gefährde den öffentlichen Frieden

Richter Michael Geltl glaubte der Einlassung des Verteidigers nicht, die Verunglimpfungen seines Mandanten hätten sich nur auf straffällige Asylbewerber bezogen. Dies werde vor allem am Schluss seiner Ausführungen klar, wo er eine ruppigere Umgangsweise mit Flüchtlingen fordert.

Richter Geltl sieht den öffentlichen Frieden durch den Facebook-Beitrag des Angeklagten durchaus gefährdet. Das Moosburger Portal hat anscheinend einige hundert Mitglieder. Und der Administrator habe sicher keine Möglichkeit zu überprüfen, ob denn tatsächlich alle ihren Wohnsitz in der Kleinstadt oder ihrer Umgebung haben.

Volksverhetzung auch in geschlossenen Gruppen möglich

Der Amtsrichter zog einen Vergleich des Forums mit der Reichweite einer Lokalzeitung. Insofern sei auch eine geschlossene Gruppe bei Facebook geeignet, den Tatbestand der Volksverhetzung zu erfüllen. Das sei etwas anderes, als wenn sich fünf Freunde an einem Tisch zusammensetzen, um unter sich ihre Meinungen zu einem Thema auszutauschen.

Der Angeklagte hatte wohl Einspruch gegen einen Strafbefehl eingelegt. Laut Richter Geltl bewegt sich das Strafmaß am unteren Ende. Die Gesetzgebung sieht eine Haftstrafe von drei Monaten vor, was 90 Tagessätzen entspricht. Für den 54-Jährigen spricht, dass er strafrechtlich bislang nicht in Erscheinung getreten ist. Dazu kommt das Geständnis, das er abgelegt hat. Richter Geltl hält ihm außerdem zu Gute, dass er den Beitrag in dem Moosburger Forum sofort gelöscht hat, als er sich des Aufruhrs bewusst wurde, den er dadurch verursacht hatte

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