HD-DVD vs. Blu-ray:Verwirrspiel

Keiner weiß, welches Format die DVD-Nachfolge antritt. Die Industrie ist tief gespalten - die Kunden gucken solange in die Röhre.

Johannes Kuhn

Ein großer Markt wartet, doch die Industrie streitet noch, wie der Kuchen verteilt wird: Über 30 Millionen Abspielgeräte für das DVD-Nachfolgeformat sollen in den nächsten drei Jahren verkauft werden, so die Prognose. Ob dieses jedoch HD-DVD oder Blu-ray heißen wird, darüber ist sich die Unterhaltungsindustrie uneins.

HD-DVD vs. Blu-ray: HD-DVD oder Blu-ray? Die Entscheidung ist noch nicht gefallen.

HD-DVD oder Blu-ray? Die Entscheidung ist noch nicht gefallen.

(Foto: Foto: AFP)

Die Verwirrung der Formate sorgt dafür, dass die neuen Player, die einige Hersteller zur IFA präsentieren, vom Kunden erst einmal zurückhaltend begutachtet werden dürften: Die meisten Deutschen setzen noch auf die klassische DVD.

Dabei versprechen HD-DVD und Blu-ray viel: Mehr Speicherplatz, um HD-Filme in Top-Qualität abzuspielen, dazu die Aussicht auf interaktive Anwendungen. So stehen Datenträger mit integrierter Videochatfunktion kurz vor der Marktreife, weitere Extras wie die Erstellung von eigenen YouTube-Videos aus den Szenen des gekauften Films könnten folgen.

Das neue Format drängt nicht nur auf den Markt, weil die Qualitätsansprüche in den Wohnzimmern weltweit durch High Definition-Fernsehen gestiegen sind. So bereiten herkömmliche DVDs Herstellern und Kunden Kopfzerbrechen, weil nicht sicher ist, wie lange die auf ihnen gespeicherten Daten halten.

Als mögliche Konsequenz droht manchem DVD-Filmesammler ein böses Erwachen, weil ein Großteil seiner mit Liebe und viel Geld zusammengestellten Privatvideothek in wenigen Jahren nicht mehr abspielbar sein könnte. Die neuen Formate, versprechen die Hersteller, sollen eine deutlich längere Halbwertszeit besitzen.

Im Unterschied zu herkömmlichen DVDs passen auf die neuen Scheiben mehrere Schichten mit größeren Datenmengen. So fasst eine Blu-ray-Scheibe 25 bis 50 Gigabyte, bei Konkurrent HD-DVD sind es 15 bis 30 Gigabyte. Bei Computeranwendern, die auf der Suche nach dem passenden Speichermedium sind, könnte also Blu-ray das Rennen machen. Allerdings entwickelt die Industrie weiterhin Scheiben mit mehr Speicherplatz - es ist jedoch fraglich, ob und wann diese zur Marktreife gelangen könnten.

Das Mehr an Speicherplatz hat aber noch seinen Preis: Rohlinge sind für beide Formate mit 15 bis 40 Euro noch recht teuer. "Das ist schlicht zu viel", sagt Ulrich Kampffmeyer von der Unternehmensberatung Project Consult, "letztlich wird sich über den Preis und das Filmangebot entscheiden, welches Format die Nase vorn hat."

Auch bei den reinen Abspielgeräten muss der Kunde mit Preisen ab 500 Euro noch etwas tiefer in die Tasche greifen, bei Blu-ray-Playern liegt die Einstiegsgrenze noch höher. Mit dem LG BH-100 und dem auf der IFA zu besichtigenden Samsung BD-UP 5000 gibt es auch Geräte, die beide Formate abspielen können. Diese sind jedoch nicht unter 1.000 Euro zu haben.

Das bestverkaufte Abspielgerät kommt aus dem Hause Sony: Es ist die Playstation 3, die ein Blu-ray-Laufwerk enthält. Der Format-Entscheidung der Japaner, die als Blu-ray-Vorkämpfer gelten, hatten Experten große Bedeutung beigemessen.

Verwirrspiel

Marktforschungs-Ergebnisse zeigen jedoch, dass kaum ein Zocker die Konsole als Blu-Ray-Player nutzt, während ältere Filmfans vor der Bedienung durch den GamePad zurückschrecken. Zudem zieht sich die Zweiteilung auch durch die Konsolenwelt: Konkurrent Microsoft hat seine xBox 360 mit einem HD-DVD-Laufwerk ausgestattet.

In der ersten Jahreshälfte verkauften sich weltweit 1,6 Millionen Filme im Blu-Ray-Format, das sind beinahe doppelt so viele wie die 795.000 HD-DVDs. Dennoch gilt der Kampf noch nicht als entschieden: Da HD-DVDs billiger herzustellen sind, weil in den Fabriken letztlich nur eine Modifikation der DVD-Produktion nötig ist, hat die Industrie das Format noch nicht abgeschrieben.

So haben die Filmstudios Paramount und Dreamworks jüngst erklärt, ihre Produktionen auf HD-DVD anzubieten. Zusammen mit Universal glaubt man, dass sich HD-DVD langfristig durchsetzen wird, nicht zuletzt, weil sich Filme dieses Formats in den USA zuletzt deutlich verbilligten.

Zudem hat die Fraktion die US-Pornoindustrie hinter sich, die HD-DVD unterstützt. Was sich kurios anhört, könnte große Bedeutung haben: Als Mitte der Achtziger der Video-Formatkampf zwischen Betamax und VHS tobte, trug die Entscheidung der Pornoindustrie für VHS maßgeblich dazu bei, dass dieses Format die Oberhand behielt.

Auf der Gegenseite unterstützen Sony, Walt Disney, Twentieth Century Fox und Metro Goldwyn-Mayer Blu-ray. Blu-ray oder HD-DVD - beides gleichzeitig gibt es noch nicht. So hat Warner die Markteinführung von Total HD, einer Hybrid-Scheibe, die beide Formate in sich vereint, vorerst verschoben.

Im nächsten Jahr dürften nach Expertenmeinung die entscheidenden Schlachten im Formatkampf stattfinden - mit niedrigeren Preisen für den Kunden. Wohin die Waage neigt, könnte sich schon in diesem US-Weihnachtsgeschäft zeigen. Dem deutschen Kunden raten Beobachter wie Kampffmeyer allerdings: "Wer kein High-End-Verbraucher ist, sollte erst einmal abwarten."

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