Süddeutsche Zeitung

Happy Birthday gratis-WLAN:Die Vision vom weltweiten Umsonstnetz

Überall auf der Welt surfen zum Nulltarif, an der Verwirklichung dieser Wunschvorstellung arbeitet seit einem Jahr das Unternehmen FON. Mit kostenlosen "La Fonera"-Routern und günstigen Zugangstarifen hat die Firma bereits 160.000 Mitglieder für ihr Netz gewonnen. Das Prinzip dahinter: Eine Hand wäscht die andere.

Nicola D. Schmidt

Ob im Hotel oder am Flughafen - wer viel unterwegs ist, hat immer dasselbe Problem: Um mit dem eigenen Laptop online zu gehen, muss man nicht nur ein öffentlich zugängliches WLAN finden, also ein drahtloses Netzwerk, man zahlt auch meistens happige Preise. T-Online verlangt für seine Zugangspunkte acht Euro pro Stunde, im Hotel kommt man schnell auf das Doppelte. Besser haben es dagegen Mitglieder der FON-Community. Sie können weltweit an 160.000 Zugangspunkten kostenlos surfen. Zum Vergleich: Die Telekom-Tochter T-Mobile bringt es derzeit auf 18.000 Zugangspunkte, davon 8.000 in Deutschland. Bis Ende des kommenden Jahres peilt FON mit Hilfe seiner Mitglieder eine Million Hotspots an.

Das Prinzip beruht auf Gegenseitigkeit: Die Mitglieder des FON-Netzwerks, Foneros genannt, bekommen von FON einen fertig eingerichteten WLAN-Router zur Verfügung gestellt. Zu Beginn war dieser noch kostenlos, mittlerweile muss man dafür 29,95 Euro bezahlen. Die Foneros verpflichten sich im Gegenzug, dass sie den Router Tag und Nacht online halten und andere Mitglieder darüber kostenlos surfen lassen. Auf diese Art verfügen die Mitglieder über ein weltweit kostenloses WLAN-Netzwerk. Wohlgemerkt, nur Foneros surfen kostenlos, andere User können den Dienst ebenfalls nutzen, zahlen dafür aber zwischen zwei und drei Euro pro Tag - ein bisher unschlagbar günstiger Preis.

Was das Angebot für Foneros attraktiv macht, ist die eingebaute Sicherheit. Man muss nicht wie bisher für seine soziale Ader ein völlig unverschlüsseltes WLAN bei sich zu Hause aufstellen, damit jeder mitsurfen kann. Dann sind auch die eigenen Daten ungeschützt, der Zugang auf den eigenen PC oder das Netzwerk möglich. Um das zu verhindern, hat jeder La Fonera-Router zwei Zugänge: Einen öffentlich sichtbaren, an dem sich die Mitglieder anmelden können, und einen unsichtbaren, privaten, der die eigenen Daten mit dem WPA-Key verschlüsselt. Auf dem öffentlichen Zugang gibt es dank des erforderlichen Login keine Trittbrettfahrer. Nur wer selbst Teil des Netzwerkes ist, kann sich hier kostenlos einloggen. Damit nicht ein Fonero Tag und Nacht Filme aus dem Internet lädt und damit die Leitung eines anderen blockiert, kann jeder festlegen, wie viel der eigenen Bandbreite anderen Mitgliedern zur Verfügung gestellt wird.

Die Deutschen sind von der Idee offensichtlich angetan: 6500 Zugangspunkte gibt es bereits, 15.000 weitere Bestellungen für den kostenlosen Router liegen noch bei FON und sollen bis Ende des Jahres abgearbeitet sein. In fast allen europäischen Städten gibt es Zugänge, über 1000 in Paris und Madrid, sogar in kleinen toskanischen Orten wie Grosseto oder im afrikanischen Gabun kann man über FON online gehen. Auf der Webseite von FON gibt es eine Übersicht samt Google-Map, die straßengenau zeigt, wo der nächste Fonero auf Mitsurfer wartet. Verzichtet man als Fonero auf das kostenlose Surfen bei anderen FON-Routern, gibt es eine andere Form der Entschädigung: 50 Prozent der Gebühren, die Nicht-Mitglieder beim Zugang über den Router bezahlen, überweist FON an den Betreiber zurück. Ein Geschäftsmodell das sich allerdings nur lohnt, wenn viele zahlungswillige User auf das Netzwerk zugreifen.

Die Idee für das FON-Netzwerk stammt von Martin Varsavsky, ein in die USA ausgewanderter Argentinier, der schon eine Reihe anderer Firmen gegründet hat, darunter Biotech- und Telefonunternehmen. Er konnte unter anderem Google und Skype von seiner Idee überzeugen und hat 18 Millionen US-Dollar Startkapital zusammenbekommen. 500.000 Hotspots, so schätzt Varsavsky, benötigt er um schwarze Zahlen zu schreiben. Allerdings gibt es in Deutschland einige Hürden zu überwinden: Viele DSL-Provider verbieten ihren Kunden per Vertrag, ihren Zugang mit anderen zu teilen oder damit Geld zu verdienen.

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