Hannover Messe:"Ich wollte eigentlich einen Roboter bauen, der tanzen kann"

Hannover Messe 2018

Ein Roboter des Unternehmens Kuka schenkt bei der Hannover Messe alkoholfreies Hefeweizen an Besucher aus.

(Foto: dpa)

Manche servieren Weißbier, scheitern aber an Eis, andere brechen sich den Arm: Auf der Hannover Messe zeigt sich, dass die Weltherrschaft der Roboter noch nicht unmittelbar bevorsteht.

Von Elisabeth Dostert und Angelika Slavik, Hannover

Zwischen Mensch und Maschine läuft es ja mitunter nicht so gut. "Das Problem sitzt meistens vor dem Bildschirm", kalauern die IT-Leute gerne - aber was will man denn machen, wenn das dumme Ding nicht tut, wie es soll? Ist es da nicht logisch, dass man wüst alle Tastenkombinationen durchprobiert, die einem nur einfallen, am besten alle gleichzeitig? Dass man rüttelt, schüttelt, den Stecker zieht und wieder einsteckt und wieder rauszieht, dass man flucht und schimpft?

So ist der Mensch eben, emotional und irrational und ineffizient. Und weil er sich nicht grundlegend ändern wird in absehbarer Zeit, ändern sich eben die Maschinen. Wie das aussieht, kann man gerade auf der Hannover-Messe beobachten, dort zeigen viele Unternehmen neue Roboter. Ob es mit denen besser läuft?

Gleich zu Beginn trifft man auf Pluto, eine Schöpfung des koreanischen Unternehmens Human Technology & Complex. Leider hat Pluto keinen guten Tag, er hat sich heute schon den Hals gebrochen. "Kleines Missgeschick", sagt seine Bewacherin und lächelt. Das passt zu seiner tragischen Geschichte, schließlich war Pluto von Anfang an eine Fehlkonstruktion. "Ich wollte eigentlich einen Roboter bauen, der tanzen kann", sagt sein Entwickler. Hat aber nicht geklappt, Pluto fand nicht den richtigen, nun ja, Swag. Er blieb stets ein wenig hüftsteif und ungelenk, deshalb wurde er kurzerhand umfunktioniert und ist nun Kampfroboter.

3500 Dollar kostet ein Pluto, neben Kämpfen mit anderen Robotern dient er auch als Lerninstrument für Studenten, die sich mit neuen Technologien befassen. In der Version "Gebrochener Hals" schafft Pluto jedenfalls kaum mehr als ein paar Schritte, bevor er umkippt und dann daliegt wie eine sehr analoge Schildkröte. Wer fürchtet, Roboter könnten demnächst die Weltherrschaft an sich reißen, ist jetzt irgendwie - beruhigt.

Alfred serviert schon den ganzen Tag Vanilleeis

Alfred verbreitet da schon mehr Freude, er serviert schon den ganzen Tag Vanilleeis. Hundert Portionen allein heute, erfährt man. Außerdem schult er das Publikum in Geduld, denn Alfred braucht eine Weile, bis sich der Eisportionierer am Ende des Roboterarms in den Kübel senkt, dort aus der weichen hellgelben Masse eine Kugel formt, sie zum Eisbecher transportiert und dort ablegt. Zudem hat er kein Gesicht. Alfred besteht eigentlich nur aus Arm, was sinnvoll erscheint, aber das Erlebnis trotzdem ein bisschen mindert.

Im vergangenen Jahr konnte man an gleicher Stelle bereits sehen, wie die Leichtroboter des Augsburger Herstellers Kuka Weißbier servierten. Aber ein Bierglas ist starr. "Eis zu portionieren ist viel schwerer als Bier auszuschenken", sagt einer aus Alfreds Entwicklerteam. "Weil sich die Masse ständig verändert." Der Roboter müsse also jedes Mal neu berechnen, wie er aus der noch vorhanden Eismasse eine Kugel formen könnte - das ist komplex.

Der Entwickler gehört zum Team Dynamap aus den USA. Es will beweisen, dass sich Roboter auch in einer unstrukturierten Umgebung zurecht finden und dort Aufgaben ausführen können. Dynamap gehört zu den fünf Finalisten der "Real-World Interaction Challenge" von Kuka, die ihre Projekte auf der Industrieschau in Hannover zeigen dürfen.

Die Projekte beruhen auf einem sensitiven Leichtroboter des Konzerns, der zum chinesischen Hausgerätehersteller Midea gehört. Der Sieger bekommt 20 000 Euro. Dem Team Dynamap gehören Mitarbeiter der gemeinnützigen Forschungseinrichtung Draper an, der Robot Locomotion Group des MIT und des Agile Robotics Lab in Harvard. Langfristig könnte der Roboter etwa in Fast-Food-Läden zum Einsatz kommen. Bislang ist Alfred aber so slow, dass es wohl noch dauern wird, bis er Alfredo in der Eisdiele um die Ecke ersetzt.

"Menschen mögen es, wenn sich Roboter so verhalten wie sie"

Ein paar Hundert Meter weiter stößt man auf Shir. Shir ist so eine Art Fahrzeug mit Kopf. Er kann besonders gut Dinge zählen, erfährt man, was bei Routinearbeiten aller Art hilfreich sei. Das ist allerdings nicht seine größte Qualität, die liegt eindeutig in seinem Talent zur Selbstvermarktung: Shir hat sein eigenes Plüschtier - davon kann der gesichtslose Eis-Alfred nur träumen. Wie es sich für Merchandisingprodukte gehört, ist der Plüsch-Shir dem Vorbild modisch überlegen: Er trägt einen lilafarbenen Helm, den man beim Original partout nicht entdecken kann.

Am Ende landet man schließlich bei Nao, den sein Betreuer aber lieber "Marvin" nennt. Der Nao-Marvin, etwa einen halben Meter hoch, wackelt ständig hin und her, er wippt mit den Knien und seine Augen sehen aus, als würde er die Lider heben und senken. "Menschen mögen es, wenn sich Roboter so verhalten wie sie", sagt Peter Ruijten, Dozent an der Technischen Universität Eindhoven. "Dann finden sie sie sympathisch."

Nao beruht auf einem Modell des japanischen Herstellers Softbank und ist ein "sozialer Roboter". Er soll also nicht in die Fabrik, sondern er könnte alten Menschen Hilfe leisten oder an Diabetes erkrankten Kindern im Krankenhaus beibringen, wie sie sich eine Insulinspritze setzen müssen. Nao kann auch zugreifen, nur fühlen kann er mit seinen drei Fingern nichts. Das mindert die Sympathie dann doch: Ein bisschen gefühlskalt, der Nao.

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