Handyspiel aus China:Applaus spenden für Xi - per Handy

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Applaus für Xi: Ein Klatschspiel fürs Handy ist der Renner in China. (Foto: Chandan Khanna/AFP)

Propaganda und Staatsmedien haben beim Parteitag in China Staatschef Xi Jinping bejubelt. Es gibt sogar eine App, mit der alle Chinesen ihn beklatschen können.

Von Christoph Giesen

Als Xi Jinping vor fünf Jahren in China die Macht übernahm, gab er seinen Funktionären neue Regeln an die Hand: Weniger Konferenzen, forderte er, weniger Pomp und ja auch das, kürzere Reden sollten die Genossen halten. Er selbst, scheint davon ausgenommen zu sein.

Fast dreieinhalb Stunden dauerte seine Ansprache zur Eröffnung des Parteitages vergangene Woche. Pflichtprogramm im ganzen Land. Auf praktisch jedem Sender wurde die Rede übertragen. In Gefängnissen, Schulen und am Arbeitsplatz versammelte man sich vor den Bildschirmen. Die amtliche Nachrichtenagentur verbreitete hernach Fotos, die Knirpse im Kindergarten zeigen, die artig vor dem Fernseher saßen und sich Xis Rede ansahen.

Kinder, die artig Xis Rede ansahen

Nur die Altvorderen wagten es, zumindest ein bisschen aufzubegehren. Ex-Parteichef Jiang Zemin, inzwischen 91 Jahre alt, gähnte mehrmals herzhaft. Und Hu Jintao, den Xi 2012 beerbt hatte, schaute gar demonstrativ auf seine Armbanduhr. Ansonsten fast überall gespenstisch monotoner Jubel, und das vor allem in der Wirtschaft.

"Ich hörte den Bericht und spürte eine Welle von Emotionen", gab Wang Jianlin zu Protokoll. Xis Ideen seien inspirierend und erfrischend. Vor Kurzem noch war Wang der reichste Chinese, seitdem die Behörden im Sommer auf Xis Betreiben damit begonnen haben, die Auslandsaktivitäten chinesischer Unternehmen zu untersuchen, musste Wangs Firma, Dalian Wanda, knapp 80 Hotels in den USA abstoßen. Wang selbst hat seitdem etliche Milliarden Dollar an Vermögen eingebüßt.

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Das Gedankengut des Staats- und Parteichefs ist nun als politische Leitlinie in der Parteiverfassung verankert.

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Begeisterung auch bei HNA, dem größten Aktionär der Deutschen Bank. 12 000 Angestellte hätten in ganz China die Rede verfolgt: "Sie brachen häufig in lauten Beifall aus, um den Stolz der Partei in den vergangenen fünf Jahren auszudrücken", teilte das Unternehmen mit. Wie Dalian Wanda steht auch HNA unter Beobachtung der chinesischen Behörden.

In den ersten fünf Jahren seiner Amtszeit ist es Xi gelungen, eine Machtfülle zu erlangen, wie kaum einem Parteichef zuvor. Etliche Rivalen fielen seiner Antikorruptionskampagne zum Opfer. Nun schickt Xi sich an, sich auch die Wirtschaft zum Untertan zu machen. Überall lässt er Parteizellen gründen - mit Erfolg. "Wir sind ein Mitglied der chinesischen Nation", sagte Liu Chuanzhi, Aufsichtsratschef des Computerherstellers Lenovo. "Als wichtiger Teil der wirtschaftlichen Entwicklung Chinas ist es unsere glorreiche Aufgabe, sich der großen Mission zu widmen."

Sequenz aus Xis Eröffnungsrede

Seit einigen Tagen verbreitet sich in Windeseile ein Handyspiel in China, zunächst bekommt man eine (zum Glück nur kurze) Sequenz aus Xis Eröffnungsrede gezeigt, dann kann man den Parteichef für knapp 20 Sekunden mit Applaus überschütten. (Tomaten kann man nicht werfen.) Millionen Chinesen haben die Huldigungssoftware bereits ausprobiert.

Programmiert hat das Spielchen der Internetkonzern Tencent, der auch die App Wechat betreibt. Knapp eine Milliarde Nutzer hat Wechat inzwischen. Es ist das wichtigste Kommunikationsmittel in China. Neue Bekanntschaften fragt man nicht mehr nach der Telefonnummer, sondern nach der Wechat-ID. Mit dieser App kann man in nahezu jedem Laden bezahlen, selbst in den winzigsten Garküchen, man kann in Restaurants per Wechat reservieren oder ein Bahnticket kaufen. Die App ist omnipräsent. Wohl deshalb hat sich der Konzern entschieden, sich mit der chinesischen Führung gut zu stellen. Sämtliche Kommunikation, die über Wechat stattfindet, kann von den Behörden eingesehen werden. Nun wird auch im Überschwang geklatscht.

© SZ vom 24.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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