Handys:Ein Ladegerät für alle

Wer bereits im Büro verzweifelt nach einem passenden Ladegerät gesucht hat, kennt das Problem: Jedes Handy braucht sein spezielles Kabel. Doch jetzt soll Abhilfe geschaffen werden.

H. Martin-Jung

Es gibt sie mit Anschlüssen, die fast so dünn sind wie Nadeln oder aber breit wie ein Finger. Manche haben gerade Stecker, andere abgewinkelte. Eines aber ist gewiss: So gut wie kein Ladegerät für ein Handy, eine Digitalkamera oder einen MP3-Spieler lässt sich für irgendein anderes Gerät verwenden - außer jenem, mit dem es geliefert wurde.

Handys: Es gibt allein 30 verschiedene Stecker für Handys.

Es gibt allein 30 verschiedene Stecker für Handys.

(Foto: Foto: AP)

Allein 500 Millionen Handys sind der EU-Kommission zufolge in Europa im Einsatz. Werden sie wie üblich nach wenigen Jahren durch neue ersetzt, landen nicht nur die Mobiltelefone, sondern auch ihre Ladegeräte im Müll - Elektroschrott, der nicht sein muss, findet die EU-Kommission.

30 verschiedene Stecker

Expertenbefragungen hätten ergeben, dass man sehr wohl einheitliche Geräte bauen könnte, mit denen sich alle Handys aufladen ließen, sagt Ton van Lierop, Sprecher des stellvertretenden Kommissionspräsidenten Günter Verheugen. "Es gibt allein 30 verschiedene Stecker", sagt er, "das muss nicht sein".

Anfang des nächsten Monats soll daher mit den Herstellern gesprochen werden, um sich auf freiwilliger Basis zu einigen. "Wenn es freiwillig klappt, geht es schneller", sagt van Lierop. Falls nicht, müsse das Problem per Gesetz geregelt werden.

Aber wieso gibt es überhaupt so viele verschiedene Lösungen für ein Problem, das sich doch nahezu allen Geräten auf ähnliche Weise stellt? Fast alle heutigen Handys haben schließlich einen Akku auf Basis der Lithium-Ionen-Technik. Doch sind herstellerspezifische Buchsen eine gute Gelegenheit, Zubehör zu verkaufen.

Manchmal benutzen die Hersteller sie auch für verschiedene Zwecke. So lassen sich eine Reihe von Smartphones über einen Mini-USB-Stecker nicht bloß aufladen, dort steckt man auch die Kombination aus Ohrhörern und Mikrofon ein. Zum anderen sind Lithium-Ionen-Akkus empfindlich gegen Überladung. Ein falsches Netzteil kann durchaus Schaden anrichten.

Ein Ladegerät für alle

Peter Spies vom Fraunhofer Institut für Integrierte Schaltungen in Nürnberg kennt noch ein weiteres Problem: Die Stromspeicher sind in den vergangenen Jahren bei gleichem Platzbedarf erheblich leistungsfähiger geworden. "Die müssen Sie mit einem höheren Strom laden", sagt Spies, "sonst dauert das Aufladen zu lange." Ein Ladegerät, das zumindest für alle Handys geeignet wäre, müsste demzufolge intelligent genug sein, um jeden Akku mit der korrekten Spannung und Stromstärke zu laden. Weil dafür sogenannte Microcontroller in die Netzgeräte eingebaut werden müssten, würden diese in der Herstellung teurer werden als bisher, sagt der Wissenschaftler.

Strom von der Haut

Nicht zuletzt aus diesem Grund forscht Spies daran, Ladegeräte generell überflüssig zu machen. An ihre Stelle könnten zum Beispiel thermoelektrische Generatoren treten. Das sind Bauteile, die Strom aus Temperaturunterschieden gewinnen können, zum Beispiel aus der Differenz von Hautwärme und Umgebungstemperatur.

Das funktioniert, nur sind die Mengen an Energie, die dabei umgewandelt werden, viel zu gering, um Geräte wie ein Handy betreiben zu können. "Davon sind wir noch einige Größenordnungen entfernt", sagt Spies. Zwar senkten die Fortschritte in der Chiptechnik den Stromverbrauch der Geräte, aber diese werden andererseits mit immer neuen stromfressenden Funktionen wie GPS oder Wlan versehen.

Vielleicht liegt die Lösung des Problems aber auch in der Luft: Der amerikanische Physiker Marin Soljacic hat ein Verfahren entwickelt, mit dem sich Strom durch kabellos die Luft übertragen lässt. Dies funktioniert, indem eine Spule, die an einer normalen Steckdose angeschlossen wird, mit einer Frequenz von zehn Megahertz Magnetwellen überträgt. Diese Schwingung überträgt sich durch die Luft auf eine zweite Spule, die exakt an die erste angepasst sein muss. Diese Spulen, hofft Soljacic, werden sich schon bald in mobilen Geräten finden.

Ein ähnliches Konzept verfolgt der US-Hersteller Powermat. Er arbeitet an Lade-Matten, die ebenfalls mit Induktion funktionieren. Um ein Handy aufzuladen, muss es bloß auf einer Matte liegen. Der Nachteil: Für jedes Gerät ist auch hier ein speziell angepasster Adapter erforderlich.

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