Handy-Kultur weltweit:Mini-Bank und Scheidungsgrund

In indischen Dörfern herumgereicht, in Frankreich gerne ausspioniert: Milliarden Menschen benutzen Handys, doch jede Kultur verwendet sie anders. In Bildern

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Menschen mit Handy am Ohr

Quelle: SZ

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Können wir uns unser Leben ohne Handy vorstellen? Glaubt man den Zahlen, dürfte dies für viele Menschen schwierig sein: Bereits 2008 gab es 4,1 Milliarden registrierte Mobiltelefone auf der Welt. Würden diese gleichmäßig verteilt, wären damit 60 Prozent der Weltbevölkerung mobil erreichbar.

Doch es gibt Unterschiede: Während sich in einigen Gegenden der Welt Familien ein einziges Handy gemeinsam teilen und es wie einen Festnetzanschluss verwenden, gilt es anderswo als Zeichen von Wohlstand, möglichst viele Telefone mit sich herumzutragen. Hinzu kommt, dass ein Handy rund um den Globus ganz unterschiedlich genutzt wird. Wie, damit setzen sich nicht nur Wissenschaftler, sondern auch Medien wie der Economist, dem viele Informationen in dieser Bildergalerie entstammen, auseinander. sueddeutsche.de zeigt, wie unterschiedlich die Handy-Kulturen weltweit sind.

Foto: AP

Handys in Japan

Quelle: SZ

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Japan

Bereits 1979 kam in Japan das erste "Keitai Denwa" ("Telefon, das man in der Hand tragen kann") auf den Markt. Seitdem entwickelte sich das Handy zum festen Bestandteil des japanischen Alltags: Die Geräte sind hochtechnisch und können zum Teil nur per Fingerabdruck freigeschaltet werden, sie werden für alle Tätigkeiten von der Banküberweisung bis hin zum Fernsehkonsum genutzt. Dennoch telefoniert in öffentlichen Verkehrsmitteln niemand - dies ist absolut verpöhnt. Stattdessen werden in der U-Bahn SMS und E-Mails geschrieben oder Handy-Romane konsumiert.

Nokia-Laden in Helsinki

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Finnland

6,9 Millionen Handy-Verträge oder Prepaid-Registrierungen zählt Finnland - bei 5,3 Millionen Einwohnern. Im Heimatland von Nokia (im Bild: Nokia-Geschäft in Helsinki) telefonieren Alt und Jung in allen Situationen. Wie zentral die Rolle des Handys in der finnischen Kultur ist, beweisen die Weltmeisterschaften im Handyweitwurf, die jedes Jahr in der Stadt Savonlinna stattfinden.

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Angela Merkel schreibt sms

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Deutschland

30,5 Stunden telefoniert jeder Bundesbürger jedes Jahr mit dem Handy. Das ist vergleichsweise wenig, denn die schweigsamen Deutschen bevorzugen den Text als Mitteilungsmethode: Pro Minute werden hierzulande mehr als 55.000 SMS verschickt (im Bild: Angela Merkel). Dabei ist die Handynutzung auch eine Generationenfrage: 35 Prozent der unter 25-Jährigen haben keinen Festnetzanschluss, sondern stattdessen ein Mobiltelefon. Während Ältere eher selten mobil telefonieren, setzen Jüngere auf Multifunktionalität: Inzwischen nutzen Jugendliche Handys sogar häufig zur Beschallung des öffentlichen Raums.

Foto: ddp

US-Bürger beim telefonieren

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USA

788 Minuten hängt ein Amerikaner durchschnittlich pro Monat am Handy. Das hat einen Grund: Die Handy-Kultur in den USA ist eine Sprechkultur. Gerade als SMS in den vergangenen Jahren beliebter wurden kam die große Smartphone-Welle. Weil das Internet stets erreichbar ist, werden Nachrichten über Facebook, Twitter oder Chat-Programme immer wichtiger. Mobil geplappert wird aber weiterhin, nur nicht überall: 90 Prozent der Amerikaner halten es für inakzeptabel, während eines Gottesdienstes das Handy zu benutzen.

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Spanien Handys

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Spanien

Einer OECD-Studie zufolge hat Spanien die zweithöchsten Handygebühren der Welt, nur in Kanada zahlen die Kunden mehr. Da überrascht es, dass Spanier einer Untersuchung der spanischen Soziologin Amapro Lasén zufolge trotzdem gerne telefonieren: Sie nehmen Anrufe stets an, ihre Mailbox kommt nur selten zum Einsatz. Auch Publikum scheint in Spanien kein Problem: Lasén zufolge werden Außenstehende bisweilen sogar in das aktuelle Telefongespräch eingebunden.

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Pariser Bauarbeiter beim Telefonieren

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Frankreich

Die Franzosen haben ein gespaltenes Verhältnis zu ihrem Handy: Einer Umfrage des Marktforschungsinstitut TNS Sofres zufolge lässt ein Fünftel der Franzosen sein Handy nicht aus den Augen, acht Prozent nehmen es sogar mit auf die Toilette. Allerdings glauben 36 Prozent der Franzosen, dass Handystrahlen ihre Gesundheit gefährden.

In Gefahr sind allerdings vor allem Beziehungen: Nach eine Studie von Kommunikationswissenschaftlern an der Sorbonne in Paris ist es unter französischen Pärchen durchaus üblich, heimlich das Mobiltelefon des Partners nach verdächtigen Nachrichten oder Anrufen zu durchsuchen. "Das Handy spielt eine Schlüsselrolle in vielen Trennungen", erklärte einer der Forscher der Zeitung Le Monde.

Foto: AP/Ein Arbeiter beim Telefonieren auf dem Dach des Schlosses Versailles

Chinesin versendet eine SMS

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China

"Shanzai" bedeutet eigentlich "kleines Bergdorf", doch inzwischen wird der Begriff für Piratenware verwendet. So telefonieren viele Chinesen mit nachgemachten Handys mit Markennamen wie "Sumsung" oder "Nckia". Verhandlungen oder Gespräche werden oft durch das Klingeln des Handys unterbrochen - es gehört zum guten Ton, sein Gegenüber dann das Telefonat in Ruhe führen zu lassen und das Gespräch nach dieser Unterbrechung einfach fortzusetzen.

Foto: AFP

Indischer Bauer berät über Preise am Handy, AFP

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Indien

Indien hatte lange Zeit ein katastrophales Telefonnetz. Mit der Einführung des Mobilfunks hat sich dies geändert. Mehr als 500 Millionen Menschen haben ein Handy, meist mit einer Prepaid-Karte. Weil preiswerter, sind SMS beliebter als Telefonate. Im ländlichen Indien dienen Mobiltelefone Bauern und Fischern dazu, sich über aktuelle Preise zu informieren. Zudem teilen sich in einigen Dörfern die Bewohner wenige Handys gemeinsam. Wie wichtig der Mobilfunk inzwischen ist, zeigen Berichte aus abgelegenen Gegenden, wonach Menschen bis zu 20 Kilometer täglich zu Fuß zurücklegen, um ihr Handy aufzuladen.

Foto: AFP

Bolivianerin am Handy

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Lateinamerika

In Lateinamerika ist ein Handy längst kein Zeichen von Luxus mehr (Foto: Frau in Bolivien). Wer viele Handys besitzt, kann allerdings Eindruck schinden, zum Beispiel bei Vorgesetzten: Einige Angestellte besitzen ein Extra-Mobiltelefon, auf dem sie nur der Chef erreichen kann.

Foto: AP

Orthodoxe Juden benutzen Handy

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Israel

In Israel gehören Handys schon lange zum Alltag. Für ultraorthodoxe Juden gelten allerdings besondere Regeln: Verschiedene Anbieter brachten deshalb koschere Geräte auf den Markt, die weder internetfähig sind, noch SMS verschicken können. Ein Anruf am Sabbat, an dem die Nutzung des Handys eigentlich verboten ist, kostet mit diesen Geräten mehrere Euro pro Minute.

Foto: AFP

Handy in Italien, dpa

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Italien

Die Italiener begeisterten sich bereits früh für ihr telefonino. Da Telefonate aber teuer waren und Prepaid-Karten sehr verbreitet, musste das kommunikationsfreudige Volk lange Zeit mit SMS Vorlieb nehmen. Inzwischen ist das "Pronto" beim Annehmen eines Gesprächs jedoch oft und überall zu hören.

Foto: dpa

Afrikaner am Handy

Quelle: SZ

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Afrika

Wohl kaum eine Kontinent hat eine faszinierendere Handy-Kultur als Afrika. Da ein Großteil der Handy-Nutzer Prepaid-Karten nutzen, gibt es besondere Klingelcodes, die dem Angerufenen signalisieren, dass er bitte zurückrufen soll. Dabei gelten die verbrauchten Telefonminuten durchaus als Statussymbol. Auch die afrikanische Wirtschaft profitiert on den Mobiltelefonen: Geldtransfers per Handy sind inzwischen gang und gäbe.

Foto: AP

(Text: Johannes Kuhn/ sueddeutsche.de)

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