Guttenberg: Reaktionen im Netz:"Wie eine heiße Kartoffel fallengelassen"

Blogs, Foren, Facebook-Gruppen, Communitys: Das deutschsprachige Internet diskutiert über den Rücktritt des Verteidigungsministers. Eine Reise durch die Meinungslandschaft.

Karl-Theodor zu Guttenberg polarisiert auch ohne Amt: Mit dem Rücktritt des Verteidigungsministers ist die Debatte über Plagiate, Moral in der Politik und die Vorbildrolle Guttenbergs noch nicht zu Ende. In Internetforen, sozialen Netzwerken oder Blogs diskutieren die Nutzer aufgeregt über den Sturz des CSU-Hoffnungsträgers. Eine Übersicht.

Die Nutzer von sueddeutsche.de debattieren intensiv über den Rückzug des Politikers. Die Mehrheit begrüßt den Schritt, über den Zeitpunkt wird jedoch gestritten: "Guttenberg hätte sich und der Republik viel ersparen können, wenn er wirklich so klug wäre, wie dies Merkel und ihre CDU/CSU meinte", schreibt "janskcy", "Dann nämlich hätte er durch einen schnellen Rücktritt den Schaden begrenzt, insbesondere auch für ihn selbst." Andere Nutzer widersprechen - der Zeitpunkt sei im Rahmen einer Bedenkzeit in Ordnung.

Auch die Rolle der Medien und der Süddeutschen Zeitung, die als erste von den Vorwürfen berichtet hatte, wird hinterfragt: "Dieser Vorgang zeigt, dass gegen die Presse am Ende auch der populärste Minister nicht ankommt", schreibt "Martin.Buntscheck". "Hier hat sich jemand ganz allein ins Abseits manövriert und ist nun sauer darüber, beim Betrügen erwischt worden zu sein", hebt hingegen der Nutzer "Brennstein" hervor und folgert: "Dolchstoßlegenden haben eine typische Besonderheit: Sie sind Legenden."

In den Blogs waren bereits in den vergangenen Tagen verschiedenste Facetten des Themas diskutiert worden. Der linke Politblogger Jens Berger (Spiegelfechter) nennt Guttenbergs Rücktritt "unaufrichtig". Er fragt: "Wo war Guttenbergs Anstand, als es um die plagiierten Autoren ging? Wo war sein Anstand, als es um seinen - sicher zu gutgläubigen - Doktorvater ging? Hat der Baron nicht dadurch, dass er, der die mediale Debatte durch seine arroganten und dilettantischen Versuche, die Affäre auszusitzen, erst richtig befeuerte, nicht vielmehr die 'Würde der gefallenen Soldaten' beschädigt? Solche Fragen stellen sich für zu Guttenberg offenbar nicht, denn in seiner Welt ist nur er selbst Opfer."

Robin Meyer-Lucht von der Meinungsplattform Carta bewertet die Rolle des Internets. Sein Fazit: Guttenberg sei der "erste Minister, den das Internet gestürzt hat". Solch steilen Thesen widerspricht Markus Beckedahl von Netzpolitik: "Meiner Meinung nach waren das Internet und kollektive Prozesse wie das Guttenplag-Wiki oder andere Aktionen wie die spontan über das Netz organisierte Guttbye-Demonstration am vergangenen Wochenende in Berlin wichtige Bestandteile, die dann zum Rücktritt führten", schreibt der Internet-Aktivist, "Aber ohne die traditionellen Medien wäre das so nicht passiert."

Das Bildblog macht auf ein weiteres interessantes Detail aufmerksam: Am Freitag stellt Bild-Hauptstadtkorrespondent Nikolas Blome sein neues Buch vor. Sein Gesprächspartner dabei: Ex-Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg, den die Bild während der Affäre publizistisch maßgeblich unterstützt hatte.

CDU-Forum: Hoffnung auf ein Comeback

Im CSU-Forum bleibt es bereits seit längerem merkwürdig still, im CDU-Forum wird über die Hintergründe des Rücktritts spekuliert. "Die CDU hat das schäbige Spiel der letzten Jahre beibehalten und einen der ihren wie eine heiße Kartoffel fallenlassen", mutmaßt ein Nutzer, "letzendlich könnten die Sticheleien von Schavan und Böhmer ausschlaggebend gewesen sein. Es wird schwer in Baden-Württemberg." Ein anderer merkt süffisant an: "Wie sagte Seehofer? Ein Politiker stürzt nur, wenn seine Partei es will."

In der Facebook-Gruppe "Pro Guttenberg", in der 317.000 Nutzer "gegen die Jagd auf Karl-Theodor zu Guttenberg" protestieren, wird harte Kritik am Politikbetrieb geübt. So schreibt ein Nutzer: "Ich gehöre keiner Partei an, keiner Glaubensgemeinschaft und im Grunde fühle ich mich in meinen Gedanken äußerst frei. Und gerade deshalb erlaube ich mir hier klar zu sagen: Ihr habt den abgeschossen, der als Einziger eine klare Richtung hatte."

Ein anderer hofft auf ein Comeback: "Ich hoffe sehr, dass er wieder kommt und all den Hexenjägern und Mobbern von der Opposition mit seinem Stil und seiner Klasse mal kräftig auf die Füsse tritt." Eine Gruppe mit dem Namen "Wir wollen Guttenberg zurück" hat inzwischen bereits 24.500 Anhänger, für den Ex-Minister auf die Straße gehen wollen nur 230 Nutzer.

Wer den Schaden hat, braucht auch für den Spott nicht zu sorgen. Bei Twitter, wo unter dem Schlagwort #guttbye ständig neue Nachrichten einlaufen, wird über den Rücktritt bereits gewitzelt. Beispiele:

"Guttenbergrücktritt gefährdet Rosenmontagszug. Jeder zweite Wagen muss umgepinselt werden."

"87% der BILD-Leser fordern: Dr. Guttenberg soll wieder als Arzt praktizieren."

"Dr. Carlos-Theodore de Bienmontaña (CSU) erhebt Anspruch auf Guttenbergs Nachfolge"

"Dieser Verteidigungsminister ist aufgrund von Urheberrechtsverletzungen in Deinem Land nicht mehr verfügbar."

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