GTA:Die Stars von Edinburgh

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Ein öffentlichkeitsscheues britisches Brüderpaar steckt hinter dem Erfolg des Computerspiels.

Mirjam Hauck

Die Videospielreihe Grand Theft Auto (GTA), die ihre Helden durch die dunklen, fiktiven US-Metropolen Liberty City, Vice City und San Andreas jagt, hat einen deutschen Geburtshelfer. BMG Interactive, die Spiele-Sparte der Bertelsmann Music Group, brachte Grand Theft Auto 1997 auf den Markt. Bereits ein Jahr später zog sich Bertelsmann aber schon wieder aus der Branche zurück und verkaufte Interactive an den amerikanischen Spieleverlag Take 2.

Für die Firma kommt der Erfolg des Computerspiels keinen Tag zu früh. (Foto: Foto: AP)

Einige ehemalige BMG-Mitarbeiter wechselten mit und tauften ihre neue Take 2-Tochter "Rockstar Games" - eine unüberhörbare Reminiszenz an ihre Herkunft aus der Musikbranche. Ursprünglich als Trilogie konzipiert, legten die Macher aufgrund der enormen Verkaufszahlen mit Ablegern nach. GTA Vice City und GTA San Andreas erschienen in den Jahren 2002 und 2004. Die Reihe ist mittlerweile eine der erfolgreichsten Computerspielserien der Welt.

Düsterer Realismus

Den jüngsten Coup der Firmengeschichte, Grand Theft Auto IV, entwickelte Rockstar Games größtenteils im Entwickler-Studio Rockstar North in der schottischen Hauptstadt Edinburgh- auch wenn das Spiel selbst im New-York-Zerrbild Liberty City spielt. 200 Mitarbeiter arbeiten in Edinburgh. Weltweit waren es rund 1000 Menschen, die in knapp dreieinhalb Jahren mit neuen Programmier- und Grafiktechniken den düsteren Realismus schufen, der das Spiel heute so erfolgreich macht. So sorgt eine ganz neue Technik (Euphoria Engine) dafür, dass die Figuren nicht immer auf demselben Weg durch die Straßen von Liberty City hetzen.

Die prominentesten Köpfe hinter Rockstar und GTA IV sind das britische Brüderpaar Sam und Dan Houser. Sam ist der Chef der Firma, Dan hat den kreativen Part übernommen. Von ihm stammen die meisten Dialoge des Spiels. Die Brüder gelten als extrem öffentlichkeitsscheu, es existieren kaum Fotos von ihnen. Ihre Zurückhaltung hat dem Verkauf von GTA IV aber nicht geschadet.

"Wir wollen uns auf unsere eigentliche Arbeit konzentrieren und gute Computerspiele machen, die Öffentlichkeitsarbeit überlassen wir anderen", erklärte Dan Houser in einem seiner seltenen Interviews. So etwas kommt an in einer Branche, in der die Helden immer noch virtuell sind, obwohl sie mittlerweile täuschend echt Autos stehlen, auf Polizisten schießen oder einfach nur Gegenstände aufsammeln.

Für die Mutterfirma von Rockstar Games, für Take 2 Interactive, kommt der Erfolg von GTA IV keinen Tag zu früh. Seit 2004 hatte die Firma keinen Coup mehr gelandet, und die Aktiengesellschaft hatte eine längere Durststrecke. Keines der neuentwickelten Spiele funktionierte am Markt.

Feindliches Angebot

Der wirtschaftliche Misserfolg führte im vergangenen Jahr sogar dazu, dass der bisherige Mehrheitsaktionär Zelnick Media die Geschicke der Firma ganz übernahm. Seit März 2007 leitet der ehemalige Chef der BMG-Entertainment-Sparte, der Amerikaner Strauss Zelnick, Take 2 Interactive. Mit der neuen Führung und dem in einer Unterwasserwelt spielenden Shooter Bioshock kam dann der Erfolg zurück.

Wie wertvoll Take 2 Interactive mittlerweile ist, zeigt sich am feindlichen Übernahmeangebot des amerikanischen Spieleherstellers Electronic Arts. Die Firma, die im Dezember durch die Fusion von Vivendi und Activision ihren langjährigen Spitzenplatz in der Branche abgeben musste, bietet den Aktionären von Take 2 Interactive zwei Milliarden Dollar. Die Frist läuft am 16. Mai ab. Dann wird sich zeigen, ob der Erfolg von Grand Theft Auto IV den scheuen Helden von Rockstar Games und Take 2 Interactive gleichzeitig auch eine entscheidende Niederlage beigebracht hat.

© SZ vom 10.5.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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