Google Street View:Warum Google jetzt auch in Gebäude guckt

Nach Straßenzügen fotografiert Google jetzt auch das Innere von Häusern. Vor allem Geschäfte und Restaurants sollen testweise ihre Einrichtung zeigen. Der Suchkonzern argumentiert, Geschäfte seien so besser zu bewerten - doch in Wahrheit geht es um viel Geld.

Thorsten Riedl

"Comics Toons N Toys" ist erste Wahl im kalifornischen Tustin für Freunde von Spiderman, Hulk oder Donald Duck. Das sehen Comic-Fans schnell nach einem Klick auf die Bewertungen des Ladens in der Google-Suche. Künftig wissen sie zudem, ob die Anfahrt lohnt, wenn sie einen speziellen Comic möchten, sagen wir die zwölfte Nummer von GI Joe. Auch das dank Google.

Google Street View Comics Toons N Toys

Kalifornischer Comicladen "Comics Toons N Toys" by Google Street View: "So wie sich ein Buch nicht allein über das Cover einschätzen lässt, so kann man ein Geschäft nur schlecht nur vom Äußeren her beurteilen."

(Foto: Google Street View (Screenshot))

Die Suchmaschine liefert nicht nur Rundumansichten von Straßen mit Street View. Jetzt kommen noch Innenansichten von Läden dazu durch den Dienst Business Photos. Und im Geschäft von Comics Toons N Toys, das lässt sich damit am Monitor klar erkennen, ist die gesuchte Ausgabe des Comics vorrätig. Zumindest zum Zeitpunkt der Aufnahme.

Mit speziell ausgerüsteten Fahrzeugen und Fahrrädern haben Google-Mitarbeiter in den vergangenen vier Jahren Straße für Straße abgefahren und 360-Grad-Fotos aufgenommen. Diese sind für Deutschland seit dem vergangenen Jahr für jedermann im Netz einsehbar. Gerade hierzulande gingen viele Haus- und Wohnungsbesitzer auf die Barrikaden, weil sie sich durch die Außenaufnahmen in ihrer Privatsphäre verletzt fühlten. Eine Viertelmillion Bundesbürger legte Einspruch bei Google ein und ließ ihre Immobilien nur unscharf abbilden.

Auf dem Höhepunkt der Empörungswelle fuhr der Satiriker Martin Sonneborn mit einem Fahrzeug durch die Städte, auf denen "Google Home View" zu lesen war. Mit Google-Mütze und Tasche klingelte er, stellte intime Fragen - und bat darum, die Wohnzimmer der Befragten aufzunehmen und ins Netz zu stellen.

Ganz ähnlich also wie beim neuen Business-Dienst von Google, der jetzt in echt startet. Mit zwei entscheidenden Unterschieden allerdings: Nur Ladenbesitzer können die gesamte Internetwelt auf einen virtuellen Rundgang einladen. Und sie tun das aus freien Stücken.

Geschäft mit lokaler Werbung

Zunächst gibt es den Dienst nur in einigen Städten in den Vereinigten Staaten, Australien, Neuseeland, Japan, Frankreich und Großbritannien. Fotografiert werden die Geschäfte, die bei Google am meisten gesucht werden: Das seien unter anderem Restaurants, Hotels, Läden, Fitnessstudios und Friseursalons, wird auf einer Webseite von Google zum neuen Dienst erläutert.

Und warum das Ganze? "So wie sich ein Buch nicht allein über das Cover einschätzen lässt, so kann man ein Geschäft nur schlecht nur vom Äußeren her beurteilen", heißt es dort.

Doch es geht um mehr. Um das Geschäft mit lokaler Werbung im Netz nämlich. Wer früher in die Gelben Seiten geschaut hat, klickt heute bei Google - oder bei den Rivalen Microsoft oder Nokia. Auch die bieten virtuelle Straßenansichten ähnlich wie Google.

Der neue Dienst mit Einblick soll den Vorsprung der kalifornischen Suchmaschine sichern. Es geht nach Schätzungen um einen Markt mit einem Volumen von derzeit fast sechs Milliarden Dollar, der in den nächsten vier Jahren um ein Drittel wachsen soll.

Kunden haben Zeit, zu gehen

Google will seinen Teil abhaben. Im vergangenen Herbst wurde Marissa Mayer zur neuen Verantwortlichen für die ortsbezogenen und lokalen Dienste bei dem US-Internetkonzern. Die 36-Jährige ist die mächtigste Frau bei Google. Zuvor war sie für den Kernbereich Suche zuständig. Das zeigt die Bedeutung, die dem neuen Geschäft beigemessen wird.

Die Suchmaschine umschmeichelt Ladenbesitzer. Ortskundige Fotografen würden die Bilder aufnehmen. Gratis. Der Datenschutz soll gewährleistet sein. "Die Fotografen stellen ein Schild auf zum Zeitpunkt des Fotoshootings."

Sie würden Kunden und Angestellten ausreichend Zeit geben, den Aufnahmeort zu verlassen. Wer zu langsam ist, dessen Gesicht wird automatisch unkenntlich gemacht - ähnlich wie in Street View. Das funktioniert nicht nur für Menschen. Auch ein paar Helden bei Comics Toons N Toys haben so ihr Gesicht verloren.

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