Nachtsichtmodus:Mit dem Smartphone durch die Nacht

Im Dunkeln mit dem Handy zu fotografieren, war bisher keine gute Idee. Google will das mit dem Nachtsichtmodus ändern. Funktioniert das? Ein Vergleich.

Von Simon Hurtz

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Smartphone-Kameras sind im Dunklen kaum brauchbar - bis jetzt

Google-Nachtsichtmodus

Quelle: SZ

Smartphones haben klassische Kameras in vielen Situationen entbehrlich gemacht: Die Qualität der Fotos ist nicht auf demselben Niveau, aber für viele normale Nutzer gut genug, um keine schwere Kamera mehr mitzunehmen. In zwei Fällen haben Smartphones aber immer noch das Nachsehen: Klassische Objektive zoomen weit entfernte Motive besser heran und bei wenig Licht holen sie deutlich mehr aus dem Bild heraus.

Mit dem Nachtsichtmodus will Google Smartphone-Nutzer in die Lage versetzen, auch im Dunklen brauchbare Fotos zu knipsen. Andere Hersteller wie Oneplus und Huawei haben vergleichbare Funktionen entwickelt.

Der Nachtsichtmodus Google wird in den kommenden Tagen nur auf Googles eigenen Pixel-Geräten freigeschaltet. Die SZ hat verglichen.

Beide Fotos wurden mit dem Pixel 2 XL in der Dämmerung an der Alster in Hamburg gemacht. Auf der unteren Aufnahme ist das Motiv kaum zu erkennen, die Mauer versinkt im Dunklen. Der Nachtsichtmodus (oben) offenbart zahlreiche Details, ohne dass hellere Bereiche überbelichtet werden.

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Mehr Licht, keine Überbelichtung

Google-Nachtsichtmodus

Quelle: SZ

Wer bei schwierigen Lichtverhältnissen fotografiert, hat mehrere Möglichkeiten, das Motiv besser auszuleuchten: Größere Blendenöffnungen, höhere ISO-Zahlen oder längere Belichtungszeiten offenbaren in dunklen Bereichen mehr Details. Diese manuellen Einstellungen bringen aber Nachteile wie Bildrauschen und verschwommene Motive mit sich. Auch Blitzlicht und Stative sind nur unter bestimmten Bedingungen eine Option und insbesondere bei Smartphones unpraktisch bis unbrauchbar.

Die ersten Tests des Pixel-Nachtsichtmodus zeigen, dass sich Smartphones künftig auch eignen werden, um in der Dämmerung und in der Nacht zu fotografieren. In diesem Beispiel ist auf dem unteren Bild zwar der besser ausgeleuchtete Hintergrund zu erkennen, das Motiv im Vordergrund verschwindet aber fast vollständig. Oben sieht man Details in allen Bereichen des Fotos.

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Wer die Hand abstützt, erzielt bessere Ergebnisse

Google-Nachtsichtmodus

Quelle: SZ

Bei aktiviertem Nachtsichtmodus führt das Pixel vor der Aufnahme mehrere Berechnungen durch: Wie ruhig hält der Nutzer das Gerät? Wie viel Bewegung ist im Bild? Bei zitternden Händen oder unruhigen Motiven macht das Smartphone viele Einzelbilder mit kurzer Belichtung, um Schlieren zu vermeiden. Wird mit Stativ fotografiert, kann die Belichtungszeit auf bis zu eine Sekunde steigen.

Die Funktion liefert auch brauchbare Ergebnisse, wenn man aus der Hand fotografiert. Bei diesen Aufnahmen in einer Berliner Bar lag die Hand auf der Theke. Nur auf dem oberen Foto lässt sich auf der Getränkekarte erkennen, dass im Prenzlauer Berg Flaschenbier aus Bayern verkauft wird.

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Natürliche Farben trotz schummriger Beleuchtung

Google-Nachtsichtmodus

Quelle: SZ

Bei Google arbeiten Hunderte Mitarbeiter an der Software der Pixel-Kameras, sagt Produktmanager Isaac Reynolds. Alle Berechnungen des Nachtsichtmodus laufen lokal auf dem Smartphone und benötigen keinen Zugriff auf Googles Server. Die Entwickler haben die Software dafür mit Millionen Beispielbildern gefüttert, um sie zu trainieren.

Bei diesem sogenannten Machine-Learning kommen künstliche neuronale Netze zum Einsatz. Als Vorbild dient das menschliche Gehirn, dennoch ist diese Form der künstlichen Intelligenz noch weit von menschlichen Fähigkeiten entfernt. Menschen singen und spielen, malen Bilder, schreiben Bücher und lernen Fremdsprachen. Maschinen können immer nur eine Aufgabe erledigen - das allerdings mit teils beindruckenden Resultaten.

In diesem Fall sind Googles Algorithmen in der Lage, die Farben des Motivs zu rekonstruieren. Eigentlich taucht die schummrige Beleuchtung den Clown in ein rötliches Licht, doch mit dem Nachtsichtmodus erkennt man die rosafarbene Hose, die violette Jacke und die aschblonden Haare der Puppe.

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Der Nachtsichtmodus eignet sich auch für Selfies

Google-Nachtsichtmodus

Quelle: SZ

Viele Menschen nutzen ihr Smartphone für Selfies. Bald können sie fast rund um die Uhr Bilder von sich selbst aufnehmen, denn der Nachtsichtmodus funktioniert auch mit der Frontkamera. Das obere Foto ist zwar körnig und rauscht an einigen Stellen - aber zumindest lässt sich erkennen, wer den Auslöser gedrückt hat. Die untere Aufnahme ist als Portraitfoto dagegen gar nicht zu gebrauchen und eignet sich höchstens, um den Nachbarn ins Wohnzimmer zu blicken.

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Es braucht nur wenig Licht

Google-Nachtsichtmodus

Quelle: SZ

Algorithmen können vieles, aber Licht finden, wo es keins gibt, gehört nicht dazu. Trotz seines Namens benötigt der Nachtsichtmodus zumindest ein bisschen Beleuchtung, damit auf dem Foto etwas zu erkennen ist. In kompletter Dunkelheit bleibt das Bild einfach schwarz, ein Fotovergleich erübrigt sich in diesem Fall.

Allerdings liefert auch eine spärliche Lichtquelle der Smartphone-Kamera genügend Informationen, um brauchbare Aufnahmen zu produzieren. Schon eine Tür, die einen Spaltbreit geöffnet ist, bringt Licht ins Dunkle.

© SZ.de/jab
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