Google Knol:Schleichwerbung im Lexikon

Googles Web-Enzyklopädie Knol soll Wikipedia Konkurrenz machen. Doch die Plattform zeichnet sich vor allem durch Halbwissen und Werbung aus.

J. Gross

Von einem Angriff auf Wikipedia war die Rede. "Der erste Ort im Internet, den Leute aufsuchen, wenn sie sich über etwas informieren wollen", solle "Knol" werden - so ließ sich das Google-Management zitieren, als die Wissensplattform am 23. Juli freigeschaltet wurde. Große Erwartungen, die viel Aufmerksamkeit erhielten. Schließlich war Google auf vielen Feldern zwar nicht der erste Anbieter, wurde mit vielen guten Ideen aber oft der erfolgreichste. Bei Knol jedoch können über zwei Monate nach dem Start weder Inhalt noch Konzept überzeugen.

google, afp

Die Web-Enzyklopädie Knol von Google steckt voller Fehler.

(Foto: Foto: afp)

Anders als die Online-Enzyklopädie Wikipedia, bei der jeder jeden Text ändern kann, setzt Google auf Alleinautoren. "Wir glauben, dass man Web-Inhalte viel besser nutzen kann, wenn man weiß, wer sie geschrieben hat", erklärte Google-Manager Udi Manber zum Start. Ihre Identität können die Autoren verifizieren lassen. Nur: Dass jemand der ist, der er oder sie vorgibt zu sein, macht die Person noch lange nicht zum Experten - und ihre Texte nicht automatisch richtig.

Eine Quelle fehlt

Besonders fällt das bei medizinischen Themen auf, die bei Knol einen erheblichen Anteil haben. Zum Beispiel die Texte einer Susan Patterson, die angeblich eine Ausbildung in Alternativer Medizin hat. Sie hat 27 Knol-Artikel geschrieben, etwa darüber, dass der Verzehr von Brokkoli Studien zufolge gegen die Raucherlunge helfe. Eine Quelle fehlt. Aber der Artikel verweist, wie auch alle anderen ihrer "Knols", mit einem unauffälligen Link auf den umstrittenen Appetitzügler Hoodia.

Ein Autor namens John Currie verfasste vier Texte über Tinnitus, die alle zu seinem Internetshop führen. Dort vertreibt er obskure "Immun-Booster" und nicht näher definierte "Anti-Stress-Pillen" gegen das Dauerohrgeräusch.

Solche Werbung ist auf Knol explizit erlaubt und reichlich vorhanden. "Werbung ist grundsätzlich legitim", sagt Sylvia Sänger, Bereichsleiterin Patienteninformation am Berliner Ärztlichen Zentrum für Qualität in der Medizin, aber sie müsse auch klar als solche ersichtlich sein. Eine klare Trennung zwischen Gesundheitsinformation und PR wird bei Knol aber nicht verlangt. Google überprüft die Inhalte auch nicht. "Wir sind weder Autoren, noch Redakteure oder Verleger", sagt Lena Wagner, Sprecherin von Google Deutschland. Google stelle nur die Plattform zur Verfügung.

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