Süddeutsche Zeitung

Google gegen Microsofts Bing:Schlammschlacht der Suchgiganten

Zapft Microsoft Googles Suchmaschine an, um die Ergebnisse seines Konkurrenzprodukts Bing zu verbessern? Der Vorwurf sorgt für einen heftigen Schlagabtausch zwischen den Rivalen.

Johannes Kuhn

Wenn zwei der prägenden IT-Unternehmen der vergangenen 20 Jahre in direkter Konkurrenz zueinander stehen, bleiben Animositäten nicht aus: Doch eine Kontroverse über Suchergebnisse könnte das Verhältnis von Google und Microsoft zu einer offenen Feindschaft werden lassen.

Konkret erhebt Google, Marktführer bei Internet-Suchmaschinen, schwere Vorwürfe gegen den Rivalen: Microsoft kopiere die Google-Resultate, damit seine Suchmaschine Bing bessere Ergebnisse liefere.

Im vergangenen Oktober fiel Google nach eigenen Angaben auf, dass es bei zwei Parametern auf einmal höhere Überschneidung zwischen den beiden Suchmaschinen gab: Die zehn Top-Treffer und das passendste Ergebnis, das an oberster Stelle steht.

Von da an habe Google Verdacht geschöpft, schrieb IT-Blogger Danny Sullivan von Search Engine Land unter Berufung auf Amit Singhal, der bei dem Marktführer den Suchmaschinen-Algorithmus beaufsichtigt. Deswegen stellte Google eine Falle auf: Die Treffer für mehrere sinnlose Suchanfragen wie "mbzrxpgjys" wurden manipuliert.

Das Kalkül war einfach: Gibt Bing für diese Anfragen die gleichen Treffer wie Google aus, muss Microsoft auf irgendeine Weise auf die Google-Ergebnisse zurückgegriffen haben. Nach der Vorbereitung sollten Google-Mitarbeiter die Anfragen von zu Hause aus in Microsofts Browser Internet Explorer stellen und das Suchergebnis auch anklicken. Dem Bericht zufolge dauerte es zwei Wochen - vom 17. bis 31. Dezember - bis Bing für "mbzrxpgjys" oder "hiybbprqag" die gleichen Ergebnisse wie Google anzeigte.

"Kopieren ist keine Innovation"

Das bedeutet: Wer mit dem Internet Explorer surft, die Zustimmung zur Weitergabe bestimmter Daten gegeben hat und über die Google-Homepage etwas sucht, darf damit rechnen, dass Microsoft diese Anfragen anonoymisiert speichert und zur Verbesserung des Bing-Algorithmus verwendet. Google vermutet, dass dies die Funktionen "Vorgeschlagene Sites" im Internet Explorer oder die Bing Toolbar ermöglichen.

"Ich habe kein Problem mit einem Konkurrenten, der einen innovativen Algorithmus entwickelt", sagte Google-Entwickler Amit Singhal dem IT-Blog Search Engine Land. "Kopieren ist meinem Verständnis nach allerdings keine Innovation. Das ist Schummelei, denn wir arbeiten seit Jahren sehr hart daran, und sie nutzen unsere harte Arbeit, um das Gleiche zu erreichen."

Microsoft reagierte umgehend in einem Blogeintrag: Der Vorwurf sei eine PR-Masche mit Elementen eines Spionageromans, tatsächlich nütze auch Google die Rückmeldungen von Nutzern, die sich zur Weitergabe solcher Daten bereiterklärt hätten. Microsoft Pressesprecher Frank Shaw verwies in verschiedenen Twitter-Botschaften unter anderem auf die Nutzungsbedingungen des Google-Handybetriebssystems Android.

Dort heißt es "Wenn Sie Google-Dienste über einen Browser, eine Application oder andere Dienste aufrufen, zeichnen unsere Server automatisch bestimmte Informationen auf." Zu diesen gehören unter anderem Webanfragen, die Interaktion mit einem Dienst, IP-Adresse, Browsertyp sowie Datum und Zeit der Nutzung.

Daraufhin legte wiederum Google nach: "Wie auch immer man kopieren definiert, unter dem Strich kamen diese Bing-Resultate direkt von Google", heißt es in einem Beitragauf dem Unternehmensblog.

Ein Konflikt wird öffentlich

Auch über Twitter äußerten sich verschiedene Google-Mitarbeiter. "Was wir wollen? Wir wollen, dass diese Praxis aufhört", schrieb beispielsweise Andrew Kovacs aus dem PR-Team des Unternehmens.

Das Suchgeschäft macht immer noch den Großteil des Google-Umsatzes aus. In den USA laufen 66 Prozent aller Anfragen über Google, Microsoft wächst stetig aber langsam und liegt derzeit bei 11,5 Prozent.

US-Technologieblogger freuen sich diebisch über die öffentliche PR-Schlacht zwischen den beiden Unternehmen. "Bislang war es ein heimlicher Krieg, der hinter den Kulissen stattfand und nur selten zu einem öffentlichen Schlagabtausch führte", schreibt Techcrunch-Autor MG Siegler, "Aber jetzt nennen sie sich gegenseitig Lügner auf Twitter und ihren eigenen Blogs!"

Sein Rat: Popcorn und einen Platz in der Nähe des Rings besorgen.

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