Google digitalisiert Bücher:Das ganz große Rascheln

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"Google Books" stellt mehr als Million digitaler Bücher nun auch im ePub-Format bereit - völlig kostenlos. Es kann von Smartphones wie dem iPhone gelesen werden, nicht aber von Amazons "Kindle".

Bernd Graff

Zu den Merkwürdigkeiten des Informationszeitalters gehört, dass schon aufgeregt über technische Entwicklungen und sogar über deren Fortgang diskutiert wird, die am Ort der Diskussionen noch gar nicht angekommen sind. So weiß das alte Europa schon nahezu alles über Amazons elektronisches Lesegerät "Kindle", das auf dem Kontinent noch gar nicht erhältlich ist. Auch auf Erfahrungen mit den Lesegeräten der Konkurrenz kann kaum zurückgegriffen werden. Besprochen sind sie trotzdem. Das Virtuelle des digitalen Lesestoffs und das Irreale des Geräts begründen hier nicht Verschwiegenheit, sondern eine bereits ordentlich verästelte Diskussion.

Das ganz große Rascheln: Über eine Million digitaler Bücher werden von "Google Books" nun auch im ePub-Format bereit gestellt. (Foto: Foto: ap)

Für neuen Schwung in der hiesigen Digitalbuch-Diskussion sorgen nun zwei Meldungen: Zum einen hat sich die EU-Medienkommissarin Viviane Reding zu Googles weltweiter Digitalisierungsorgie der Bücher aller Herren, Länder und Zeiten geäußert - und Google darin unterstützt.

"Eine Herkulesaufgabe"

Die Digitalisierung von Büchern sei "eine Herkulesaufgabe", die von staatlichen Stellen allein nicht gewuppt werden könne. Die Kommission sei für Offenheit gegenüber privaten Initiativen, die letztlich ja auch den Verbrauchern dienen. Und jede "ideologische Haltung" sei fehl am Platz.

Während also - auf Betreiben Deutschlands übrigens - eine Arbeitsgruppe der EU jene tiefere Bedeutung und Konsequenz der Google-Aktivitäten noch erforscht, die Frau Reding schon herausgefunden haben will, schafft der amerikanische Informations-Gargantua neue Fakten: Über eine Million digitaler Bücher werden von "Google Books" nun auch im ePub-Format bereit gestellt. Und das völlig kostenlos.

Googles Einlesewut

"Wir hoffen", schreibt Brandon Badger, ein Produktmanager für die Google Books, "dass diese Literatur nun in der ganzen Welt von vielen Menschen gefunden und gelesen werden kann - wo immer sie sich befinden." Das wird sie sicherlich. Denn das Besondere an diesem ePub-Format: Es kann von sogenannten Smartphones wie dem iPhone gelesen werden und von Sonys elektronischen Readern, nicht aber von Amazons "Kindle".

Ein direkter Google-Angriff also auf den Konkurrenten auf dessen ureigenstem Terrain, vielmehr ein Gegenschlag: Amazon unterstützt im Verein mit Yahoo und Microsoft die Klagen von Autoren und Verlegern gegen Googles Einlesewut. Die Digitalbuch-Ironie nebenbei: Lesegeräte können nicht lesen, wohl aber Telefone.

© SZ vom 29.8.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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