Süddeutsche Zeitung

Google Books:US-Richter kassiert Bücher-Deal von Google

Empfindlicher Rückschlag für Google: Ein US-Richter kippt eine Vereinbarung zwischen dem Internetkonzern und Autoren sowie Verlagen. Der Jurist wählt deutliche Worte - und verweist auch auf Bedenken aus Deutschland.

Die weitreichenden Pläne des Internet-Konzerns Google zur Digitalisierung von Millionen von Büchern haben einen Dämpfer erhalten. Ein US-Richter kippte einen Vergleich des Unternehmens mit amerikanischen Autoren und Verlegern.

Danach hätte Google im Gegenzug für die Zahlung von 125 Millionen Dollar das Recht gehabt, in den USA registrierte Bücher einzuscannen und ohne Rückfrage beim Rechteinhaber online zu stellen. "Der Vergleich würde einfach zu weit gehen", schrieb der New Yorker Richter Denny Chin in seiner Urteilsbegründung. "Google bekäme mit der Vereinbarung einen deutlichen Vorsprung gegenüber seinen Konkurrenten." Der Deal würde Google "erhebliche Rechte geben, ganze Bücher ohne Zustimmung der Autoren zu verwerten".

Zudem sieht der Richter die Gefahr, dass die Vereinbarung gegen internationales Recht verstößt, weil auch in den USA angemeldete ausländische Bücher darunter fielen. Mit diesen Bedenken solle sich der US-Kongress befassen. Der Richter bezog sich bei seiner Argumentation neben einem Nein des US-Justizministeriums ausdrücklich auch auf Bedenken aus Deutschland.

Bundeskanzlerin Angela Merkel persönlich hatte sich gegen den Bücher-Deal ausgesprochen. Zudem hatten sich mehrere deutsche Autoren und Verlage sowie deren Interessenvertretungen in dem seit Jahren laufenden Verfahren zu Wort gemeldet.

Der Vergleich stammt aus dem Jahr 2008; er wurde 2009 nach heftiger Kritik aus Europa aber bereits einmal überarbeitet. Die Entscheidung des Richters sei "klar enttäuschend", teilte Google mit und kündigte an, die weiteren Möglichkeiten zu prüfen.

Wann ist ein Buch "verwaist"?

Google hatte 2004 damit begonnen, Bücher einzuscannen, ins Internet zu stellen und durchsuchbar zu machen. Das Projekt Google Books stützt sich auf Werke, bei denen das Urheberrecht abgelaufen ist, die also für jedermann frei verwendet werden dürfen. Mit dem US-Vergleich wollte Google auch solche Bücher anbieten, bei denen der Rechtsschutz noch besteht.

Daneben bietet Google auch E-Books an. Neben dem europäischen Literaturbetrieb hatten sich auch der Software-Konzern Microsoft und der Online-Händler Amazon gegen den weitreichenden Vergleich gewandt. Microsoft konkurriert mit Google im Internetsuchgeschäft. Durch den Bücher-Deal würde Google hier noch mächtiger, stellte der Richter fest. Amazon verkauft elektronische Bücher.

Eine wichtige Rolle in den Verhandlungen spielten Bücher, die vergriffen sind und noch dem Urheberschutz unterliegen, ohne dass ein Kontakt zum Autor hergestellt werden kann. Die Einnahmen aus dem Verkauf der digitalen Ausgaben dieser "verwaisten Bücher" hätten nach den Plänen von Google zehn Jahre lang eingefroren werden sollen. In dieser Zeit hätten Copyright-Inhaber Ansprüche geltend machen können. Richter Chin erklärte, letztlich solle der US-Kongress und kein Privatunternehmen darüber entscheiden, wer unter welchen Bedingungen die Rechte an den "verwaisten Büchern" erhalte.

Richter schlägt Alternative vor

Chin selbst wies allerdings einen Weg zur Annahme des Vergleichs: Er schlug vor, dass die Rechteinhaber einzeln zustimmen sollen, dass Google ihre Werke online verbreitet (das sogenannte "opt-in"). Bislang ist im Vergleich genau das Gegenteil vorgesehen: Rechteinhaber müssen der Verbreitung ihrer Werke durch Google ausdrücklich widersprechen ("opt-out"). "Ich rufe die Parteien dringend auf, ihren Vergleich dementsprechend zu ändern", schloss der Richter seine 48-seitige Urteilsbegründung.

Müsste der Konzern jedoch bei jedem Autoren oder Verlag einzeln die Zustimmung einholen, würde dies das Projekt Google Books erheblich zurückwerfen. Richter Chin setzte einen neuen Termin für den 25. April an.

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