Google-Anhörung vor dem US-Senat:Weltenherrscher von der Westküste

Google hat ein Quasi-Monopol beim Auffinden digitaler Informationen und lässt wenig Transparenz zu. Sollte sich das nicht bald ändern, müssen Gesetzgeber und Kartellbehörden eingreifen.

Thorsten Riedl

Google will doch gar nichts Böses, will nur helfen. "Don't be evil", haben die Gründer als Leitmotiv gewählt. Was macht die Suchmaschine schon? Spuckt nach wenigen Eingaben Millionen Treffer aus, die wichtigen - manchmal auch die vielleicht wichtigen - gleich zu Beginn, und bringt so Ordnung ins Internetchaos. Und doch untersuchen Wettbewerbshüter in USA und Europa nun die Marktmacht des Internetkonzerns. Ein Komplott, angezettelt von unfähigen Wettbewerbern? Nein, das ist ein wichtiger Schritt, die Freiheit in einem Zukunftsfeld zu sichern und zu stärken.

Google CEO Testifies At Senate Hearing On Antitrust Policy

Google-Verwaltungsratchef Eric Schmidt vor dem US-Senat.

(Foto: AFP)

Die Manager der Suchmaschine im kalifornischen Mountain View geben sich lammfromm. Man verhalte sich fair gegenüber Rivalen, sagen sie. Im Mittelpunkt stünden die Kunden. Vor der Anhörung beim US-Senat in der Nacht zum Donnerstag hat sich Verwaltungsratschef Eric Schmidt auf diese Linie eingeschworen.

Don't be evil - sei nicht böse, das soll das Saubermotto bleiben. Google sind bisher keine krummen Dinger nachgewiesen worden, aber das entspannt die Lage nicht. Die Suchmaschine hat ein Quasi-Monopol beim Auffinden digitaler Informationen. Google handelt hier intransparent, wertet und filtert Infos nach nicht überprüfbaren Kriterien. Gekoppelt ist das mit einer Marktmacht, mit der es ein Leichtes ist, eigene Produkte in den Vordergrund zu stellen - und Wettbewerber so zu behindern.

Mehr Offenheit

Die Behörden müssen Google zu mehr Offenheit zwingen. Was die Marktmacht anbelangt, tun die Wettbewerbshüter gut daran, aufmerksam zu bleiben - und zu klären, ob der Konzern wirklich alle Produkte fortführen muss. Solche wie Google News oder Local haben nur eine Chance dank der dominierenden Stellung des Konzerns im Suchmaschinengeschäft, der Hauptdomäne der Weltenherrscher von der Westküste.

Was Google nicht findet, gibt es nicht. Jeder kennt das Phänomen vom eigenen "Googeln" - und genau darin liegt das Problem. Neun von zehn Bundesbürgern nutzen bei der Informationssuche ausschließlich diesen Suchdienst. Wenn das Unternehmen also Informationen filtert und bewertet, steuert es so auch die öffentliche Wahrnehmung und Meinung.

Man stelle sich zum Vergleich einen derart mächtigen TV-Sender vor. Undenkbar, weil der Rundfunkstaatsvertrag eine "vorherrschende Meinungsmacht" verbietet, und die ist schon gegeben ab einem Zuschaueranteil von 30 Prozent. Die Medienaufsicht KEK hat vor einem Jahr eine Neufassung des Staatsvertrages gefordert, um besser auf die neue Lage durch neue Medien reagieren zu können. Passiert ist das noch nicht.

Quälend langsam handeln in den Augen vieler auch die Wettbewerbshüter. Deren Strategie, wachsam zu sein, aber nicht in Aktionismus zu verfallen, ist in diesem Fall aber genau richtig. Gestern noch gab es viel Aufregung um die herausragende Stellung von AOL, Yahoo oder Myspace. Heute spielen diese Firmen keine Rolle mehr.

Nirgendwo ist der Wettbewerb so hart und zerstörerisch wie in der Internetbranche. Google ist gerade mal dreizehn Jahre alt. Niemand sollte eine Wette darauf eingehen, dass der Konzern in zehn Jahren noch die Top-Position innehat.

Bis dahin kann Google aber noch vielen Unternehmen schaden, indem es die eigenen Produkte auf den Trefferlisten seiner Suchmaschine hochstuft. Wer einen Städtenamen googelt, findet beispielsweise ganz prominent den Hinweis auf Maps, den Kartendienst der Suchmaschine; Konkurrenzangebote rangieren weiter unten - und werden kaum wahrgenommen. Kein Wunder, dass die Konkurrenz Wettbewerbsnachteile beklagt.

Niemand verlangt von Google, den geheimen Code offenzulegen, mit dem der Konzern das Netz ordnet und gewichtet. Mehr Transparenz ist allerdings vonnöten. Ein unabhängiger Beirat oder eine Schiedsstelle für Beschwerden könnte das Unternehmen im Handumdrehen etablieren. Bleibt das Google-Management hier passiv, müssen Gesetzgeber und Kartellbehörden eingreifen.

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