Süddeutsche Zeitung

Fußball live im Fernsehen:Wenn der Nachbar die Tore früher sieht

  • Bei Live-Übertragungen kommt es bei manchen Verbindungen regelmäßig zu Verzögerungen.
  • Der Empfang per Satellit oder DVB-T2 ist am besten; Kabel und IPTV sind langsamer.
  • Wie lange das eigene Fernsehbild hinterherhinkt, können Nutzer per App messen.

Von Morten Luchtmann

Dass der Freistoß von Toni Kroos am Sonntagabend das erste EM-Tor für Deutschland einleiten würde, war einigen schon klar, als Kroos zum Freistoß anlief. Nicht, weil seine Freistöße immer den Richtigen erreichen würden. Sondern weil kurz zuvor von der Kneipe an der Ecke bereits lauter Jubel ins Wohnzimmer herüberdröhnte. Wenige Sekunden fremden Freudentaumels reichen aus, um das Gefühl zu zerstören, live dabei zu sein.

Bis zu 100 Sekunden dürfen zwischen dem Ereignis und dem Fernsehbild liegen, damit eine Live-Sendung als solche gilt. Grund für die abweichenden Zeiten sind verzögerte TV-Signale durch unterschiedliche Übertragungswege. Die Livebilder brauchen bei Kabel- und IPTV-Übertragung spürbar länger als bei der Satellitenübertragung.

Die Bilder gehen zunächst folgenden Weg: Kameras zeichnen im Stadion Dribblings und Blutgrätschen auf und schicken sie an die Sendestationen von ZDF, ARD und Sat1. Die Sendestationen wiederum stellen die Fernsehbilder zusammen und senden sie an die Satelliten- und Kabelbetreiber. Erst die Satelliten- und Kabelbetreiber schicken sie an die Fernseher der Zuschauer. Hier beginnen die Unterschiede:

Satelliten- und DVB-T2-Empfang sind am schnellsten

Wer unbedingt ohne Spoiler vom Nachbarn in Torjubel ausbrechen will, sollte sich einen Fernseher mit Satellitenanschluss suchen. Da die Signale direkt vom Satelliten in die Empfängerschüssel übertragen werden, ist dieser Übertragungsweg am schnellsten. Zusammen mit dem neuen DVB-T2-Signal habe Satellitenfernsehen die geringste Verzögerung, dicht gefolgt von Satellitenfernsehen in HD und dem älteren DVB-T, hat heise online in einem Test herausgefunden. DVB-T2 wird zwar in Deutschland bisher nur in Ballungsgebieten angeboten, liefert aber Bilder in HD.

Wer Kabelsignale empfängt oder über das Internet schaut, macht vielleicht besser die Fenster zu: Kabelbetreiber schicken das Fernsehbild erst an Knotenpunkte, von denen es zum Empfänger weitergeleitet wird. Je näher der eigene Anschluss an einem Knotenpunkt ist, desto früher sieht der Empfänger den Ball im Netz zappeln. Beim heise-Test dauerte die Übertragung vier bis acht Sekunden länger als mit Satellit. Analoges Kabel hat dabei noch den geringsten Verzug. Am langsamsten ist das Internetfernsehen IPTV. Hier drohen Verzögerungen von bis zu einer Minute, weil die digitalen Bilder auf einem Server zwischengespeichert und vom Computer noch mal gebuffert werden.

App zeigt, wie weit man hinterherhinkt

Wer testen will, wie langsam die eigene Übertragung ist, kann dazu nun die Torjubel-Checker-App benutzen. Die App ist kostenlos und wird von der Firma HD plus angeboten, Tochterunternehmen eines Satelliten-Betreibers. Sie funktioniert wie Shazam, eine App zum Erkennen von Musik: Per Knopfdruck nimmt die App drei bis fünf Sekunden Tonsignal der Live-Übertragung auf. Sie vergleicht den Tonschnipsel mit den Originalaufnahmen auf den Servern der Sendestationen und zeigt an, wie weit die eigene Sendung hinterherhinkt.

Die App zu nutzen, ist aber wahrscheinlich erst für das nächste Spiel wirklich nützlich: Dann kann man sich einen Ort und Fernseher mit geringerer Verzögerung suchen. Oder schaut gleich in einer Kneipe, in der die Stimmung so gut ist, dass alle Einflüsse von draußen abgeblockt werden.

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